Indien will Notbremse ziehen Warum wird Reis immer teurer?
13.07.2023, 16:56 Uhr Artikel anhören
90 Prozent des Getreides werden in Asien angebaut.
(Foto: AP)
El Niño kehrt zurück. Das durch den Klimawandel verstärkte Wetterphänomen könnte für das heißeste Jahr seit Beginn der Wetteraufzeichnungen sorgen. Die ersten Folgen sind bereits zu spüren.
Die weltweiten Reispreise sind so hoch wie seit mehr als zehn Jahren nicht mehr - und es sieht so aus, als werden sie noch weiter nach oben gehen. Denn Indien, der weltweit wichtigste Reis-Lieferant, erwägt der Finanznachrichtenagentur "Bloomberg" zufolge, die Ausfuhren drastisch einzuschränken. Demnach soll der Export der meisten Reissorten verboten werden - mit Ausnahme des teuren Basmati-Reis. Ein Bann würde rund 80 Prozent aller indischen Reis-Ausfuhren betreffen.
Der Hintergrund: Seit Monaten ziehen weltweit die Preise für Reis an - auch in Indien mit seinen 1,4 Milliarden Einwohnern. Seit Jahresbeginn wurde Reis landesweit im Schnitt um 8 Prozent teurer, in der 30-Millionen-Stadt Delhi waren es sogar 15 Prozent. Das heizt die gesamte Inflation an. Im Juni war sie erstmals seit Januar wieder geklettert und näherte sich der Fünf-Prozent-Marke - vor allem wegen höherer Lebensmittelpreise. Dieser Trend dürfte sich nach Einschätzung von Ökonomen, die die Nachrichtenagentur Reuters befragt hat, in den nächsten Monaten fortsetzen.
Für die Regierung sind das keine guten Nachrichten. Hohe Lebensmittelpreise könnte sie Stimmen kosten. In mehreren Bundesstaaten wird im Laufe dieses Jahres gewählt, im kommenden Frühjahr finden Parlamentswahlen statt. Mit der Exportbeschränkung will die Regierung von Ministerpräsident Narendra Modi das Reis-Angebot in Indien erhöhen und damit auf dem Heimatmarkt für sinkende Preise sorgen. Um die Lebensmittel-Inflation zu bekämpfen, hatte der Premier in letzter Zeit mehrfach ähnlich reagiert. Im vergangenen Jahr hatte die Regierung etwa zeitweise die Ausfuhr von Weizen verboten und den Export von Reis und Zucker eingeschränkt.
Der Hauptgrund für die weltweit steigenden Preise für Reis ist allerdings nicht ein drohender Exportstopp Indiens, sondern die Rückkehr von El Niño. In Asien - wo 90 Prozent des wasserintensiven Getreides angebaut werden - sorgt das Wetterphänomen in der Regel für geringere Niederschläge und damit für schlechtere Ernten.
Wichtiges Nahrungsmittel
El Niño tritt im Schnitt alle zwei bis sieben Jahre auf, dauert neun bis zwölf Monate und sorgt für extremes Wetter. Der Klimawandel verschärft dieses Phänomen. Die Weltorganisation für Meteorologie geht davon aus, dass El Niño dieses Mal besonders heftig ausfällt und zu dem weltweit heißesten Jahr seit Beginn der Wetteraufzeichnungen führen wird. Derzeit erreichen Durchschnittstemperaturen weltweit Rekordhöhen.
Die Aussichten auf geringere Ernten treiben nun unter anderem den Preis für Reis in die Höhe. Weil eine Dürre droht, bauen Bauern in Asien trotz der Aussicht auf höhere Preise schon jetzt deutlich weniger Reis für die nächste Ernte an. In Indien, wo im November die zweite Ernte eingebracht wird, wurde Reuters zufolge bislang 26 Prozent weniger Reis für die Sommeraussaat angepflanzt als vor einem Jahr - auch das treibt die Preise.
Das ist vor allem deshalb ein Problem, weil Reis ein Grundnahrungsmittel für etwa drei Milliarden Menschen und damit rund die Hälfte der Weltbevölkerung ist. Indien exportierte im vergangenen Jahr knapp 56 Millionen Tonnen Reis, das waren 40 Prozent der weltweiten Ausfuhren. Zu den größten Abnehmern gehören afrikanische Länder, darunter etwa der Senegal und die Elfenbeinküste.
Quelle: ntv.de, jga