Ende des Baubooms? Weniger Wohnungen werden genehmigt
17.08.2017, 12:19 Uhr
Die Zahl der Baugenehmigungen für Einfamilienhäuser ging deutlich zurück.
(Foto: picture alliance / Armin Weigel/)
Die Zahl der genehmigten neuen Wohnungen geht in der ersten Hälfte des Jahres deutlich zurück. Es ist der erste Rückgang seit 2009. Branchenvertreter warnen vor einem Mangel an Wohnraum. Der Grund für die Entwicklung ist wohl eine neue Verordnung.
In Deutschland sind erstmals seit acht Jahren in einem ersten Halbjahr weniger Wohnungen genehmigt worden. Nach Angaben des Statistischen Bundesamts sank die Zahl der Baugenehmigungen verglichen mit dem Vorjahreszeitraum um 7,3 Prozent oder 13.400 Wohnungen. Insgesamt wurden 169.500 Wohnungen genehmigt. Zum letzten Mal hatte es den Angaben zufolge im Jahr 2009 ein Minus in den ersten sechs Monaten gegeben.
Zwar gab es von Januar bis Juni 2017 einen Zuwachs bei Mehrfamilienhäusern um 1,8 Prozent auf 82.100 Wohnungen, wie die Wiesbadener Behörde mitteilte. Die Zahlen für Einfamilienhäuser (minus 9,5 Prozent) sowie für Wohnungen in Wohnheimen (minus 31,8 Prozent), zu denen auch Flüchtlingsunterkünfte zählen, waren dagegen rückläufig.
"Die abflauende Dynamik bei den Wohnungsbaugenehmigungen setzt das bezahlbare Wohnen in Deutschland weiter aufs Spiel", warnte Axel Gedaschko, Präsident des Spitzenverbandes der Wohnungswirtschaft GdW. Insbesondere beim Sozialwohnungsbau müsse der jahrelange Abwärtstrend dringend gestoppt werden. Hier klaffe eine große Lücke von 80.000 zusätzlich benötigten Einheiten pro Jahr.
Vorzieh-Effekt könnte weiterer Grund sein
Ein Branchenvertreter erklärt den von Januar bis Juni zu verzeichnenden Abwärtstrend jedoch mit Sonderfaktoren: "Ein Anstieg der Baugenehmigungszahlen im Jahr 2016 wurde unter anderem durch den Vorzieheffekt wegen der Energieeinsparverordnung 2016 bedingt", sagte der Präsident des Bundesverbands Freier Immobilien- und Wohnungsunternehmen (BFW), Andreas Ibel.
Nach Rückmeldungen von BFW-Mitgliedsunternehmen hatten zahlreiche Firmen ihre Anträge bereits Ende 2015 gestellt, um noch die alten Regelungen der Energieeinsparverordnung (EnEV) nutzen zu können. Die verschärfte EnEV, die 2016 in Kraft trat, hat die Baukosten laut BFW um sieben Prozent in die Höhe getrieben. Durch den Vorzieh-Effekt stiegen die Genehmigungszahlen Anfang und Mitte vorigen Jahres kurzfristig an, obwohl der tatsächliche Baubeginn für viele Projekte noch ungewiss war.
Laut dem Spitzenverband der Wohnungswirtschaft GdW fehlt es an bezahlbarem Bauland und an Anreizen für den Wohnungsbau. Es seien mehr Bauflächen nötig, die nach Konzeptqualität vergeben würden, sagte GdW-Präsident Axel Gedaschko. Zudem forderte er einen Stopp der Preisspirale vor allem bei der Grunderwerbsteuer und eine Erhöhung der linearen Abschreibung für Abnutzung von zwei auf mindestens drei Prozent.
Quelle: ntv.de, kst/rts/dpa