Wirtschaft

Firmennetzwerk und Gruppe Wagner Wie Jewgeni Prigoschin Millionen verdient

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Schon lange, bevor seine Söldner in der Ukraine zur Stütze der russischen Invasion wurden, stand Prigoschin auf der Liste der meistgesuchten Menschen der US-Polizei.

Schon lange, bevor seine Söldner in der Ukraine zur Stütze der russischen Invasion wurden, stand Prigoschin auf der Liste der meistgesuchten Menschen der US-Polizei.

(Foto: via REUTERS)

Die Söldnergruppe Wagner ist nur ein Teil des Firmennetzwerks von Jewgeni Prigoschin. Eng verbunden mit der Militärfirma sind vor allem Rohstofffirmen, die in Afrika und dem Nahen Osten Hunderte Millionen Dollar erwirtschaften. Dabei stehen sie schon seit Jahren auf westlichen Sanktionslisten.

Jewgeni Prigoschin ist eine der meistsanktionierten Personen der Welt. Seit 2016 erließen allein die USA nicht weniger als sieben Runden an Sanktionen gegen den inzwischen offen als Eigentümer der Söldnergruppe Wagner auftretenden Russen. Seit Februar 2021, also rund ein Jahr vor dem Überfall Russlands auf die Ukraine, steht der Oligarch auf der Liste der meistgesuchten Menschen des FBI. Auch die EU, Großbritannien und andere Länder haben teils bereits seit Jahren Sanktionen gegen Prigoschin und ihm zugeordnete Unternehmen erlassen. Trotz alledem erwirtschaftet laut Recherchen der "Financial Times" sein internationales Firmennetzwerk Hunderte Millionen Dollar.

Für 2021 lag der Gewinn dieser Prigoschin zuzurechnenden Firmen demzufolge bei mehr als 250 Millionen Dollar. Das Geld stammt hauptsächlich aus Geschäften mit Öl, Gold, Diamanten und anderen Rohstoffen aus Afrika und dem Nahen Osten. Erlöse von Prigoschins russischen Unternehmungen, hauptsächlich der Cateringfirma Concord, sind dabei nicht berücksichtigt. Die Recherchen der "FT", anderer Medien und Organisationen zeigen nicht nur, wie eng russische Politik, die Aktivitäten der Gruppe Wagner und Prigoschins sonstige Firmen verbunden sind. Die trotz jahrelanger internationaler Sanktionen weitgehend ungehinderten Geldflüsse führen vor Augen, wie schwer es ist, die Strafmaßnahmen weltweit durchzusetzen.

Wie Prigoschin vorgeht, wird am Beispiel Sudan deutlich. Dort suchte das Regime in Khartum, als die Macht des später gestürzten Militärmachthabers und international gesuchten Kriegsverbrechers Omar al-Baschir zu bröckeln begann, Unterstützung in Moskau. Mit Militärberatern kamen auch erste Wagner-Söldner, um das sudanesische Militär bei der Bekämpfung diverser Aufstände im Land zu unterstützen, und es kamen auch Vertreter eines Unternehmens namens M Invest. Diese von Prigoschin kontrollierte, seit 2020 von den USA sanktionierte Holding schloss einen Vertrag mit einer der sudanesischen Militärführung zuzurechnenden Firma, für nicht näher bezeichnete Sicherheitsdienstleistungen im Umfang von mehreren Millionen Dollar im Jahr.

Gold im Milliardenwert geschmuggelt

Was tatsächlich hinter diesem Deal steckte, wurde in den Folgejahren deutlich. Eine Tochtergesellschaft Meroe Gold stieg in Kürze zum führenden Goldproduzenten im Sudan auf. Die Militärführung unterstützte die Aktivitäten von Wagner, M Invest, und weiteren Unternehmen nicht nur mit den erforderlichen Lizenzen für Meroe Gold, sondern unter anderem auch, indem diese beispielsweise sudanesische Militärflugzeuge und -flughäfen nutzen durften. Berichten zufolge sorgten die Generäle auch dafür, dass Frachtmaschinen, die Waren für die Prigoschins Unternehmen außer Landes brachten, teilweise nicht kontrolliert wurden. Die Transporte übernahmen Firmen mit unverdächtigen Namen, die auch auf den westlichen Sanktionslisten nicht auftauchten, die aber den Recherchen der "FT" zufolge dem Netzwerk des Oligarchen zuzuordnen sind.

Mutmaßlich konnte so Gold im Millionen-, vielleicht Milliardenwert nach Russland geschafft werden, ohne die fälligen 30 Prozent Steuern zu bezahlen. Nach Schätzung der sudanesischen Regierung selbst wird nur ein Bruchteil des im Land geförderten Goldes auf offiziellem Weg exportiert. Allein im Jahr 2019 wurde demzufolge Gold im Wert von rund vier Milliarden Dollar ins Ausland geschmuggelt. An diesem Geschäft hat sich Prigoschin einen erheblichen Anteil gesichert. Gegenleistungen für die sudanesische Militärführung könnten unter anderem als Zahlungen an deren Sicherheitsfirma geflossen sein. Offiziell erwirtschaftete M Invest 2021 umgerechnet 2,6 Millionen Dollar. Mögliche Einnahmen aus Geschäften mit geschmuggeltem Gold und andere Aktivitäten im Sudan kommen für Prigoschin noch hinzu.

Ganz ähnliche Muster lassen sich in anderen Ländern beobachten. Etwa in Syrien, wo Wagner-Kämpfer das Regime seit Jahren im Bürgerkrieg unterstützen, erwirtschaftete eine laut den der "FT" vorliegenden Dokumenten Prigoschin gehörende Firma namens Evro Polis im Ölgeschäft allein 2020 einen Gewinn von umgerechnet 90 Millionen Dollar. In der Zentralafrikanischen Republik, deren Regierung seit Jahren weitgehend abhängig von der Unterstützung der Wagner-Kämpfer ist, fördern russische Unternehmen mit nachgewiesenen oder vermutlichen Verbindungen zum Prigoschin-Netzwerk Gold und Diamanten, bauen Tropenholz ab. In allen Ländern, in denen sie aktiv sind, werden den Wagner-Kämpfern schwere Verbrechen von Folter und Misshandlungen über Vergewaltigungen bis zu Mord vorgeworfen.

Verlockendes Angebot

Der Krieg in der Ukraine, in dem Prigoschin Tausende Wagner-Kämpfer einsetzt und viele von ihnen getötet wurden, bremst die Expansion offenbar nicht. Das wird in Mali deutlich. Nach ihrem Putsch von 2021 holten die Militärmachthaber Wagner-Kämpfer ins Land und drängten die ihnen lästigen westlichen Truppen zum Abzug. Auch hier entsandte Wagner mit den Söldnern auch Geologen. Mindestens zwei Prigoschin zuzuordnende Firmen sollen bereits mit der Erschließung von Goldminen begonnen haben.

Für Regierungen armer Länder, zumal wenn sie sich mit möglichen westlichen Helfern überworfen haben oder sie selbst unter Verdacht schwerer Kriegsverbrechen stehen, ist das Wagner-Geschäftsmodell verlockend. Statt mit Geld können sie die Militärdienstleistungen mit Förderrechten bezahlen. "Sie müssen kein Geld vom Konto abheben", zitiert die Deutsche Welle ein Mitglied des Recherche-Kollektivs "All Eyes on Wagner". "Sie können einfach sagen: Hier, für 25, 50 oder 100 Jahre kannst du diese Mine ohne Probleme ausbeuten."

Progoschin selbst bestritt lange, irgendetwas mit Wagner oder sonstigen Firmen zu tun zu haben. "Leider" besitze er keine Goldminen. Und die Wagner-Gruppe sei überhaupt "nur eine Legende", ließ er etwa die "New York Times" auf Anfrage noch im vergangenen Sommer wissen. Wenige Wochen später trat er öffentlich als Wagner-Gründer und -Chef auf. Zu den jüngsten Recherchen der "Financial Times" äußerte er sich auf Telegram. Die Berichte der britischen Wirtschaftszeitung seinen weitgehend korrekt. Er persönlich bereichere sich bei den Geschäften allerdings nicht.

Quelle: ntv.de

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