Wirtschaft

Millionenschwere Terroristen Wie die Hamas-Führer ihren Luxus finanzieren

00:00
Diese Audioversion wurde künstlich generiert. Mehr Infos
Der oberste Hamas-Chef Ismail Haniyeh (r.) hat den Gazastreifen längst verlassen - und führt ein Leben im Luxus.

Der oberste Hamas-Chef Ismail Haniyeh (r.) hat den Gazastreifen längst verlassen - und führt ein Leben im Luxus.

(Foto: picture alliance / ZUMAPRESS.com)

Hunderttausende Palästinenser verstecken sich im Gazastreifen vor israelischen Luftangriffen. Die Anführer der Hamas müssen keine Angst haben, die Terrorfürsten ergriffen rechtzeitig die Flucht. Ihr Luxusleben im Ausland finanzieren sie mit einem globalen Investmentportfolio.

Palästinensische Zivilisten kauern an der Grenze zu Ägypten und fürchten um ihr Leben, während sich die Hamas in ihren Tunneln unter dem Gazastreifen versteckt - jedenfalls der militärische Arm. Noch besser ergeht es dem politischen Arm der Terrorgruppe: Die Führung der Hamas versteckt sich nicht unter der Erde, sondern im Ausland. Vor allem katarische Luxushotels scheinen der Hamas-Führung zu gefallen. Kein billiger Spaß, weiß Hans-Jakob Schindler vom Counter Extremism Project (CEP). "Die Herren müssen natürlich Miete zahlen", sagt er im "Wieder was gelernt"-Podcast von ntv.de. "Katar ist kein billiges Land, und die leben nicht an der Armutsgrenze."

Sorgen machen muss man sich aber nicht über die Hamas-Anführer, wie Schindler erklärt: "Wenn man Berichten Glauben schenken darf, verfügen sie jeweils über ein persönliches Vermögen zwischen zwei und vier Millionen Dollar. Man hat also darauf geachtet, dass das Sterben in Gaza bleibt und das Geld möglichst bei sich."

"Globales Investmentportfolio"

Hans-Jakob Schindler beschäftigt sich bei der transatlantischen Denkfabrik CEP seit vielen Jahren mit der Finanzierung von Terrorgruppen wie Al-Kaida, Islamischer Staat und Hamas. Bekannt ist, dass die radikalislamische Palästinensergruppe mehrere Geldquellen hat, darunter einige internationale Gönner. Allein der Iran soll der Hamas nach eigenen Angaben Milliarden von Dollar gegeben und "jede einzelne Waffe" bezahlt haben. Über Umwege reißt sich die Terrorgruppe zudem Gelder aus Katar unter den Nagel, auch wenn das Emirat betont, dass es lediglich die Gehälter von Verwaltungsbeamten im Gazastreifen bezahle. Ausländische Unterstützergruppen wie die deutsche Samidoun, die erst jetzt verboten wurde, überweisen ebenfalls als Spenden getarnte Terrorhilfe in den Nahen Osten.

Aber nicht jeden Dollar und jeden Euro davon steckt die Hamas in Tunnel, Raketen oder Propagandavideos. Einen Teil der iranischen, katarischen oder privaten Zuwendungen investiert die Terrorgruppe in Wirtschaftszweige, die Profite generieren. Das US-Finanzministerium spricht von einem "globalen Investmentportfolio", das mehr als 500 Millionen US-Dollar schwer ist.

Das werden keine Bundesanleihen sein, erklärt Schindler. "Die deutschen Systeme sind hoffentlich gut genug, um Investitionsversuche der Hamas zu erkennen. Klar ist, dass es sich um ein Geflecht von Investitionsvehikeln wie Immobilienfirmen oder Aktien handelt. Dann aber in Ländern, in denen die Hamas nicht als Terrororganisation eingestuft ist."

"Es ist offensichtlich, was ihr tut"

Im August 2021 hatte die "Welt" erstmals über geheime Dokumente berichtet, in denen das Firmengeflecht und die Investmenteinnahmen der Hamas aufgeschlüsselt werden. Das Portfolio war etwa 40 Firmen groß. Sie waren in Algerien, Saudi-Arabien, im Sudan, in der Türkei und in den Vereinigten Arabischen Emiraten angesiedelt und vor allem im Bausektor tätig. Den Buchwert des Portfolios gab die Hamas Anfang 2018 in den eigenen Dokumenten mit 338 Millionen US-Dollar an. Als es öffentlich wurde, soll der Wert bereits sogar eine halbe Milliarde Dollar überschritten haben.

Andere Medien griffen die Berichte auf. Nach eigenen Recherchen wurde im Mai 2022 auch das Counter Extremism Project aktiv - und schrieb einen Brief an die Geschäftsführung von Trend GYO: Die Istanbuler Immobilienfirma wurde ebenfalls in den geheimen Dokumenten gelistet.

Wo finde ich "Wieder was gelernt"?

Dieser Text ist eigentlich ein Podcast: Alle Folgen von "Wieder was gelernt" finden Sie in der ntv-App, bei RTL+, Amazon Music, Apple Podcasts und Spotify. Für alle anderen Podcast-Apps können Sie den RSS-Feed verwenden.

"Wir tun das regelmäßig, wenn wir erkennen, dass es Beziehungen zu einer Terrororganisation gibt", erklärt Schindler den Hintergedanken. "Wir schreiben die Firma an und sagen: Es ist offensichtlich, was ihr tut. Das ist nach europäischem und US-Recht illegal. Wir werden unsere Erkenntnisse nicht bei uns behalten, aber wir geben euch die Chance, die Sache geradezurücken und eure Beziehungen und Finanzströme zur Hamas zu kappen."

Profitmargen zum Träumen

Trend GYO verdient ihr Geld laut dem Finanzmagazin "Barron's" mit dem Bau und der Entwicklung von Hotels, Büro- und Wohngebäuden sowie anderen üblichen Immobiliengeschäften. An der Istanbuler Börse kostet eine Aktie des Unternehmens derzeit knapp 10 türkische Lira, das sind umgerechnet 33 Eurocent. Ein Schnäppchen, wenn man weiß, dass die Firma 2021 mit nur acht Mitarbeitern einen Umsatz von 41 Millionen und einen Gewinn von knapp 28 Millionen türkischer Lira erwirtschaften konnte. Das ist umgerechnet zwar nur knapp eine Million Euro, aber eine Profitmarge, von der DAX-Unternehmen nur träumen können.

Doch Privatanleger profitieren von den Gewinnen kaum, denn wie unter anderem die "Welt" herausgefunden hatte, werden an der Istanbuler Börse nur 30 Prozent der Trend-GYO-Anteile gehandelt. Die übrigen 70 Prozent der Aktien - und damit die Kontrolle über das Unternehmen - befinden sich in den Händen führender Hamas-Mitglieder. Diese ließen sich von dem Brief des Counter Extremism Projects offensichtlich nicht einschüchtern: Die Geschäftsführung von Trend GYO distanzierte sich jedenfalls nicht von der Hamas, ignorierte die Post des CEP.

"Das hat globale Effekte"

Doch nur eine Woche später, ebenfalls im Mai 2022, sorgte die US-Regierung für klare Verhältnisse: OFAC, die Sanktionsbehörde des US-Finanzministeriums, setzte Trend GYO und fünf weitere Unternehmen mit Sitz in der arabisch-muslimischen Welt auf eine Sanktionsliste, weil sie Gelder der Hamas verschleiert und gewaschen sowie neue Einnahmen für die Terrorgruppe erwirtschaftet hatten. US-Bürger und US-Unternehmen dürfen seitdem keine Geschäfte mehr mit den genannten Firmen machen.

De facto gilt das Verbot aber auch für jede Person, Firma oder Bank außerhalb der USA, die Geschäfte mit dem US-Dollar machen - und das sind fast alle: "Das hat globale Effekte", sagt Terrorismusexperte Schindler. "So eine Immobilienfirma kann nicht mit einer kleinen lokalen Bank arbeiten, denn bei solchen Projekten geht es um große Millionenbeträge."

Erdogan hilft Terroristen

Doch wie die Zahlen zeigen, konnte Trend GYO nicht nur weiterarbeiten, sondern sein Geschäft sogar ausbauen: Im vergangenen Jahr verdoppelte sich der Umsatz auf 90 Millionen türkische Lira, der Gewinn stieg auf 56 Millionen türkische Lira. Für Abschreckung sorgte nicht einmal die Tatsache, dass die USA im Mai 2022 neben den sechs Hamas-Firmen auch vier führende Hamas-Mitglieder sanktionierten, unter ihnen Hisham Younis Yahia Qafisheh: Der 67-jährige Palästinenser mit jordanischer, türkischer sowie saudischer Staatsbürgerschaft spielt laut der US-Regierung eine entscheidende Rolle bei der Finanzierung der Terrorvereinigung. Qafisheh soll stellvertretender Chef des Investmentgeschäfts der Terrorgruppe sein - und saß von 2006 bis November 2022 im Vorstand und Aufsichtsrat von Trend GYO.

Die türkische Regierung ergriff jedoch keine Maßnahmen gegen Trend GYO, im Gegenteil: Wie die "Bild"-Zeitung zuletzt berichtet hatte, soll der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan persönlich bei den Behörden seines Landes einen neuen Pass mit einem Decknamen für Terror-Unternehmner Qafisheh in Auftrag gegeben haben.

Mehr zum Thema

Vor wenigen Tagen legten die USA deswegen noch einmal nach. Am 10. Oktober setzte die US-Regierung auch Amer Kamal Sharif Alshawa auf ihre Liste der Terrorfinanzierer - und damit den Geschäftsführer von Trend GYO persönlich. Der 59-jährige Jordanier sei Teil des Investmentnetzwerks der Hamas in der Türkei und Algerien und sitze in den Vorständen und Aufsichtsräten von mehreren Terrorfirmen, heißt es in der offiziellen Mitteilung.

Diese Entscheidung wird den Betrieb von Trend GYO weiter erschweren, denn ab sofort kann auch Alshawa nur noch mit ausgewählten Banken Geschäfte machen. Dann wäre immerhin eine von 40 Geldmaschinen der Hamas finanziell trockengelegt.

"Wieder was gelernt"-Podcast

Dieser Text ist eigentlich ein Podcast: Welche Region schickt nur Verlierer in den Bundestag? Warum stirbt Ostdeutschland aus? Wieso geht dem Iran das Wasser aus? Welche Ansprüche haben Donald Trump und die USA auf Grönland?

"Wieder was gelernt" ist ein Podcast für Neugierige. Hören Sie rein und werden Sie dreimal die Woche ein wenig schlauer.

Alle Folgen finden Sie in der ntv-App, bei RTL+, Amazon Music, Apple Podcasts und Spotify. Für alle anderen Podcast-Apps können Sie den RSS-Feed verwenden.

Sie haben eine Frage? Schreiben Sie uns gerne eine E-Mail an podcasts@ntv.de

Quelle: ntv.de

Newsletter
Ich möchte gerne Nachrichten und redaktionelle Artikel von der n-tv Nachrichtenfernsehen GmbH per E-Mail erhalten.
Nicht mehr anzeigen