Marke in Russland Geschichte Wieso verschenkt Obi seine russischen Filialen?


Schon Mitte März waren alle Märkte in Russland wegen des Ukraine-Kriegs geschlossen worden, nun sei die Obi-Gruppe nach der jüngsten Transaktion "weder direkt noch indirekt in Russland tätig".
(Foto: picture alliance / Wolfram Steinberg)
Schon vor wenigen Wochen rechnet Obi-Chef Haub fest mit einer Enteignung in Russland. Offenbar aus Angst vor diesem Szenario verschenkt der Konzern seine russischen Filialen an einen Investor. Markenexperte Kilian hofft, dass der Ausweg von Obi keine Schule macht.
Die Marke Obi ist in Russland Geschichte: Die Baumarkt-Kette stößt ihre 27 russischen Filialen ab und bekommt dafür kein Geld. Man habe "alle juristischen Einheiten ohne Kaufpreiszahlung an einen Investor übertragen", teilte das Unternehmen mit.
Dass offensichtlich kein Marktpreis erzielbar war, könnte laut Markenexperte Karsten Kilian damit zusammenhängen, dass mit den russischen Filialen noch Hypotheken verbunden sind oder eine Übernahme aller Mitarbeitenden vereinbart worden ist. Er gibt ebenfalls zu bedenken, dass unklar sei, in welchem Zustand sich die Bausubstanz der Filialen befindet. "Klar ist allerdings, dass die Obi-Filialen in 'normalen Zeiten' sicherlich einen Wert gehabt hätten", sagt Kilian ntv.de. Wie viel Obi für die Vermögenswerte abschreiben muss, ist nicht bekannt. Fakt sei nur, dass die Baumarkt-Kette durch den vollständigen Rückzug aus Russland fünf Prozent Umsatz verliert.
Auch wenn die Zustimmung zuständiger Behörden noch aussteht: Unter dem neuen Eigentümer wird die Marke Obi in Russland nicht weitergeführt. Obi habe "den letzten Schritt vollzogen, um den russischen Markt endgültig zu verlassen", teilte die Kette mit. Schon Mitte März waren alle Märkte in Russland wegen des Ukraine-Kriegs geschlossen worden, nun sei die Obi-Gruppe nach der jüngsten Transaktion "weder direkt noch indirekt in Russland tätig".
In einem Gespräch mit dem Manager Magazin hat Inhaber Christian Haub bereits auf das russische Gesetz verwiesen, welches es dem Staat erlaubt, jene Firmen zu enteignen, deren Heimatländer sich an den Sanktionen wegen des Ukraine-Kriegs beteiligen. Er solle demnach fest mit einer Enteignung in Russland gerechnet haben. Nach dem russischen Angriff habe sich Haub aus moralischen Gründen nicht vorstellen können, weiterhin Geschäfte in Russland zu betreiben und damit indirekt das dortige Regime finanziell zu unterstützen.
Fiskus bezahlt einen Teil von Obi-Ausstieg mit
Obi hat sich mit diesem Schritt laut Markenexperte Kilian allerdings um die Option gebracht, später möglicherweise auf Rückübereignung klagen zu können. "Immerhin hat Obi der Schenkung nur unter der Bedingung zugestimmt, dass die Marke in Russland zukünftig nicht mehr verwendet wird, um möglichen Schaden von der deutschen Baumarkt-Marke abzuwenden."
Kilian wünscht sich, dass der Weg von Obi nicht künftig Schule macht. "Ehrlich gesagt hoffe ich nicht, dass das Verschenken von Vermögenswerten Nachahmer findet, weil eine Schenkung bekanntermaßen meist dazu führt, dass der Beschenkte reicher wird."
Auch wenn der Name des russischen Investors nicht bekannt ist, könnten das im konkreten Fall laut Kilian möglicherweise ein Oligarch, vielleicht aber auch bisherige Geschäftsführer oder Manager sein. "Damit würden einer oder mehrere wohlhabende russische Bürger vom Krieg profitieren, was ganz sicher nicht Sinn und Zweck des Rückzugs von Obi war", sagt Kilian. Schließlich solle ja Putin sowie die Ober- und Mittelschicht geschwächt werden - und nicht noch weitere Vermögenswerte geschenkt bekommen.
Indem Obi die russischen Filialen abschreibt, erhält der deutsche Fiskus weniger Steuern und zahlt laut Kilian auf diese Weise einen Teil des Ausstiegs von Obi aus Russland mit. "Am Ende zahlen wir alle den radikalen Ausstieg mit, weil weniger Steuern zur Verfügung stehen, die früher oder später jemand anderes bezahlen muss."
Quelle: ntv.de, mit AFP