Wirtschaft

Marken-Chef im Interview "Wir überlegen nicht den ganzen Tag, was Wolfgang Joop denkt"

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Es gibt nicht viele deutsche Modemarken, die so stark mit dem Namen ihres Gründers verbunden sind: Bei Joop, das einst von Wolfgang Joop ins Leben gerufen wurde, ist es so.

Es gibt nicht viele deutsche Modemarken, die so stark mit dem Namen ihres Gründers verbunden sind: Bei Joop, das einst von Wolfgang Joop ins Leben gerufen wurde, ist es so.

(Foto: picture-alliance / Wolfgang Langenstrassen)

Mit ihrem Gründer hat die Marke Joop nicht mehr viel zu tun. Ihr Chef Thorsten Stiebing erzählt im Podcast "Die Stunde Null", weshalb junge Frauen manchmal konservativer angezogen sind als ihre Mütter, warum ihm das Ladensterben keine großen Sorgen macht und wie viel Wolfgang noch in Joop steckt.

Es gibt viele schlechte Nachrichten in der Modebranche. Man hört von Insolvenzen bei Gerry Weber, Baldessarini, Pierre Cardin. Wird Ihnen da auch manchmal unwohl?

Thorsten Stiebing: Eigentlich ist das so seit 1992, als ich mit dem Studium fertig war. Schon damals hieß es, in der Textilwirtschaft wird es ganz schwer. Es gibt verschiedenes, was momentan am Markt passiert. Corona war ein Fall, bei dem wir alle da saßen und nicht wussten, was am nächsten Tag passiert. Wir sind ein gewisses volatiles Umfeld in der Branche gewohnt.

Was macht Joop denn besser als die anderen?

Ein gutes Team hilft, Vertrauen in die Leute, mit denen man arbeitet. Und für uns war früh klar, dass das Produkt sehr wichtig ist. Das ist das, was dem Endverbraucher am Schluss begegnet. Ein Marken-Erbe hatten wir ja durch Wolfgang Joop. Aber die Produkte müssen funktional und optisch stimmen.

Thorsten Stiebing leitet die Modemarke Joop, die seit 2008 zur Holy Fashion Group gehört, einem Mehrmarken-Konzern. Stiebing arbeitete bei Karl Lagerfeld, Baldessarini und Porsche Design, bevor er 2013 zur Holy Fashion Group stieß.

Thorsten Stiebing leitet die Modemarke Joop, die seit 2008 zur Holy Fashion Group gehört, einem Mehrmarken-Konzern. Stiebing arbeitete bei Karl Lagerfeld, Baldessarini und Porsche Design, bevor er 2013 zur Holy Fashion Group stieß.

(Foto: imago images/APress)

Im Einzelhandel sieht es ja auch nicht besonders gut aus, die Insolvenz von Peek & Cloppenburg ist durch die Nachrichten gegangen. Schwächeln Ihre Vertriebskanäle?

Natürlich beschäftigt uns das. Diese Kanäle spielen gerade in Deutschland eine große Rolle. Wir müssen ja froh sein, dass es Unternehmen wie P&C oder Wöhrl gibt, die sich stark mit diesem Einzelhandel beschäftigen. Wir haben aber auch unsere Online-Kanäle, die dieses Jahr sehr stark sind. Ich bin aber eigentlich ein Fan des stationären Einzelhandels, ich habe da mal eine Lehre gemacht. Ich mag es, in die Stadt zu gehen und etwas zu finden. Dazu gehört natürlich auch eine gute Bedienung. Und das ist etwas, wo der Einzelhandel dran arbeiten kann.

Nun könnte Joop ja auch in eigene Boutiquen gehen und versuchen, mehr von der Kette mitzunehmen. Warum tun sie das nicht?

Für uns ist der Mehrmarken-Einzelhandel schon sehr wichtig. Aber natürlich verfolgen wir seit Jahren eine Strategie für eigene Kanäle. Dazu gehört der Shop im Shop - davon haben wir in den letzten Jahren 130 entwickelt. Wenn Sie heute ins KaDeWe in Berlin gehen, sehen Sie, wie Louis Vuitton und viele andere da ihre Dinge aufgebaut haben. Die Stammabteilungen drum herum sehen da leider manchmal etwas uncharmant aus. Es ist interessant: Die Top-Floors, also der 5. Stock oder so, sind immer super, tolles Sortiment, super Darstellung, gute Verkäufer. Und wenn man dann heruntergeht, lässt es etwas nach. Aber der Handel arbeitet daran. Da sind allerdings hohe Investitionen erforderlich, und das geht nicht von heute auf morgen.

Liegt da nicht auch ein Risiko für die Marke?

Da kann der Shop im Shop noch so toll aussehen, wenn der Rest nicht stimmt. Es gibt verschiedene Akteure. Wir haben uns klar entschieden, dass wir mit P&C oder Breuninger arbeiten wollen. Und da sehen wir auch in Zukunft Potenzial. Aber ich gebe Ihnen recht: Wenn es in der Textilabteilung nach Hähnchen riecht, dann ist der Einkaufsspaß ein bisschen gehemmt. Das sage ich auch denen, die mit uns zusammenarbeiten wollen.

Und eigene Läden?

Wir sind da dran. Wir werden die großen Städte besetzen mit Joop-Stores in München, Hamburg und Frankfurt. Die laufen auch gut. Ihre Marke ist nach einem Mann benannt, der mit dem Unternehmen aber gar nichts mehr zu tun hat.

Wie viel Wolfgang steckt denn noch in Joop?

Ich bin ein großer Verfechter von DNAs bei Marken. Wurzeln sind wichtig. Das Wichtigste, ist, diese DNA zu erkennen, die Frage, was man will und worauf man aufbauen kann. Wir mussten das 2015 für uns überlegen. Wolfgang Joop ist ziemlich eindeutig von der Persönlichkeit. Von einer gewissen Intelligenz beseelt und mit einer stilistischen Kombinationssicherheit. Darauf konnten wir aufbauen. Ein Vorteil ist, dass die Marke entwicklungsfähig ist. Wir sind nicht nur nordisch und kühl oder italienisch und floral. Wir können die Dinge adaptieren und zusammenbringen. Wir überlegen aber nicht den ganzen Tag, was Wolfgang Joop denken oder tun würde. Dafür haben wir junge Designer.

Meldet sich Wolfgang Joop denn manchmal noch bei Ihnen?

Nein. Unser Inhaber telefoniert ab und zu mal mit ihm. Aber wir haben eine Selbständigkeit entwickelt, wie ein Kind, das irgendwann selber laufen kann. Und das können wir ganz gut.

Wen betrachten Sie denn als Ihre Zielgruppe?

Ich bin kein Verfechter von Zielgruppen, ich finde das unglaublich langweilig. Die Mütter wollen heute so sein wie die Töchter. Und meine Töchter laufen konservativer herum als meine Frau. Es ist total vermischt, und das macht die Dinge ja gerade interessant. Deshalb haben wir auch eine genderneutrale Kollektion gemacht. Die Mädels gehen zum Cro-Konzert mit Jungs-T-Shirts, die viel zu groß für sie sind, total oversized. Das macht die Sache auch lustig.

Sie sagen, Sie glauben nicht an Zielgruppen. Wird man nicht beliebig, wenn eine Marke eigentlich für alle da ist?

Die Mode ist ja für alle da. Und die Leute picken sich raus, was sie von einer Marke haben möchten. Natürlich betreiben wir Marktforschung. Aber für mich ist klar, dass bei Mode vor allem die DNA klar sein muss. Dann kann das gerne auch breit verkauft werden.

Gibt es einen Mode-Trend der vergangenen Jahre, der Sie so richtig überrascht hat?

Was einen ja am meisten überrascht, ist, wenn Sachen wiederkommen, die man in der Vergangenheit so gar nicht cool fand. Ich bin in den 80ern und 90ern groß geworden. Ich habe kürzlich auf Youtube einen Sänger gesehen, bei dem ich dachte, der wäre Ende der 80er genau richtig gewesen. Dass Vokuhila wieder kommt, fand ich auch witzig. Das ist dann schon überraschend.

Es gibt ja einen starken Trend zur Casual-Kleidung im Büro. Was geht für Sie gar nicht?

Bei uns ist mir das völlig egal. Wir haben mit Designern zu tun, die können anziehen, was sie wollen. Wir haben keinen Dresscode. Ich finde nur eine gewisse Nachlässigkeit nicht gut. Ich trage gerne T-Shirts und Rollis, aber ich liebe auch Hemden. Und man sieht derzeit auch: Das Hemd kommt zurück. Ich war auch happy, dass der Anzug wieder kam, weil das für uns ein wichtiges Geschäft ist.

Aber gibt es für Sie persönlich ein No-Go, das für Sie ästhetisch nicht infrage kommt?

Ich persönlich finde Flipflops bei Männern immer ein bisschen schwierig. Aber sonst bin ich da total easy.

Das Gespräch ist zur besseren Lesbarkeit gekürzt und geglättet worden.

Mehr zum Thema

Hören Sie in der neuen Folge von "Die Stunde Null"

  • Wie Joop mit der Rapperin Loredana zusammenarbeitet

  • Weshalb Thorsten Stiebing nichts vom Casual Friday hält
  • Welches Bekleidungsgeschäft der Joop-Chef empfiehlt

Alle Folgen finden Sie direkt bei RTL+, Apple oder Spotify oder via Google.

Quelle: ntv.de

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