Gründerin bekommt Kind ohne Mann "Ich kenne keine Frau, die als Solo-Mutter unglücklich ist"
16.04.2024, 15:36 Uhr
Solo-Mutter zu sein, hat Vorteile, sagt Katrin Alberding. Einer ist: Zu Hause gibt es keine negative Beziehungsdynamik.
(Foto: Chiara Doveri)
Katrin Alberding ist Harvard-Absolventin, Gründerin des schnell wachsenden Pflege-Startups Kenbi und derzeit schwanger mit ihrem zweiten Kind, das das Ergebnis einer Kinderwunsch-Behandlung ist. Alberding wird dieses Kind wie ihr Erstes ohne Partner aufziehen - eine kontroverse Entscheidung, die ihr Aufmerksamkeit, Lob, aber auch Kritik eingebracht hat. Sie wolle anderen Frauen in ähnlichen Situationen helfen, nennt die Solo-Mutter im ntv-Podcast "Startup - jetzt ganz ehrlich" einen Beweggrund für ihre maximale Offenheit. Denn das Bewusstsein, dass es andere Optionen gibt, sei auch für andere Frauen "unglaublich entlastend". Männer scheinen eher mit solch einer Entscheidung zu hadern, denn Vorwürfe daran kommen ausschließlich von ihnen.
ntv.de: Eine Solo-Mutter zu sein, ist eine sehr persönliche Entscheidung. Warum sind Sie damit an die Öffentlichkeit gegangen?
Katrin Alberding: Mir war immer bewusst, dass ich Kinder haben möchte. Dann war aber Richtung 40 der Partner nicht vorhanden, also habe ich vor zwei Jahren ein Kind durch eine Kinderwunschbehandlung mit Spende bekommen. Jetzt bin ich ein paar Wochen vor meinem zweiten Kind und wünschte mir, ich hätte das Thema schon früher an mich herangelassen. Durch mein US-Studium war mir die Möglichkeit bekannter, als wenn ich in Deutschland gewesen wäre. In meinem Harvard-Jahrgang kenne ich allein aus meinem Kurs mit 90 Studenten zwei weitere Solo-Mütter. Hier war das bis 2018 gar nicht legal. Die Entscheidung, aber auch das offene Gespräch darüber haben mir unglaublich geholfen und mich entlastet. Anderen Frauen, mit denen ich über diese Alternative gesprochen habe, geht es genauso. Manche haben noch einen Partner gefunden, andere haben sich für denselben Weg entschieden, aber ich kenne keine, die mit dieser Entscheidung unglücklich war oder darüber, dass dieser Weg überhaupt existiert.
Sich zu öffnen, bedeutet auch, sich angreifbar zu machen.
Es gibt unglaublich viele Ängste bei diesem Thema, über die keiner spricht. Und klar, das ist ultraprivat. Allerdings denke ich immer: Mein Weg wird nicht weniger schön, nur weil ich ihn öffentlich teile, auch wenn ich weiß, dass einige Leute eine sehr starke und auch negative Meinung dazu haben. Außerdem ist mir einfach sehr wichtig, dass meine Kinder mit maximaler Transparenz und Offenheit aufwachsen und sie nicht über ihre Identität rätseln müssen. Ich möchte keine Lüge leben. Es ist genau das Richtige für uns. Ich habe ein glückliches Kind und bin eine glückliche Mama.
Ein weiteres Argument war auch die Startup-Welt. Es gibt hier leider immer noch sehr wenige Frauen und einer der Gründe dafür ist die Sorge, Familie und Startup nicht miteinander vereinbaren zu können. Es gibt dafür auch sehr wenige Beispiele. Klar, das ist anstrengend, aber machbar. Das will ich zeigen und Mut machen.
Wie sind Sie mit Kritik umgegangen?
Es ist unheimlich schwierig, darauf nicht zu emotional zu reagieren, denn die Kritik ist unglaublich persönlich. Es gab blöde Ratschläge wie: Warum hast Du nicht einfach einen Freund genommen? Oder: Kauf Dir doch einfach einen Hund! Man hat mir auch vorgeworfen, was das für das Kind bedeuten würde, denn das wisse ja gar nicht, wo es herkomme und habe keinen Kontakt zum Vater. Das war einfach die Annahme. Die Menschen füllen Wissenslücken mit eigenen Vorstellungen.
Aber wir stehen zum Beispiel in Kontakt mit der Familie der Halbschwester meiner Kinder. Es gibt kein Recht auf diesen Zugang, aber beide Seiten haben ihre Offenheit dafür an die Bank kommuniziert. Diese hat den Kontakt hergestellt. Jetzt sehen wir uns regelmäßig und feiern gemeinsam Familienfeste. Auffällig ist übrigens, dass die Kritik an unserem Weg bisher ausschließlich von Männern kommt.
Was bedeutet es ganz konkret, Solo-Mutter zu sein und Karriere zu machen? Wie schwierig ist das?
Es ist auf jeden Fall eine Herausforderung, aber das ist Muttersein und Karriere machen auch so. Ich habe logistisch alles durchgeplant. Gerade diese proaktive Kommunikation nach außen, was man braucht, was geht, was nicht geht, hat mir sehr geholfen. Als Unternehmerin muss man aber auch liefern. Dabei hilft mir die genaue Planung ungemein.
Was ich gerne in dem Zusammenhang erwähne, ist, dass man Kinder oft als Einschränkung sieht: Familie oder Karriere. Dabei werden oft die vielen Vorteile einer Familie im Geschäftsleben übersehen. Zum einen macht es mich als Gründerin glücklicher und erfüllter. Zum anderen habe ich als Mutter ein viel höheres Interesse an Themen wie Nachhaltigkeit, stärkere Nerven, sehe mehr Dinge in Relation und bleibe bei vielen Herausforderungen definitiv cooler als früher. Viele Dinge, die das Muttersein ausmachen, sind auch als Unternehmerin wichtig. Etwa gut zu planen, klar zu kommunizieren und zu priorisieren. Ich nutze dieselben Skills in beiden Bereichen und werde gefühlt in beiden immer besser.
Gab es trotzdem Momente, in denen Sie sich einen Partner gewünscht hätten?
Ja, bei der Namensgebung und jetzt, wo ich wieder schwanger bin und meine zweijährige Tochter nicht ohne Weiteres hochheben kann. Oder um sich über Dinge, die im Startup passieren, austauschen zu können. Ich bin einem Partner auch nicht verschlossen gegenüber, im Gegenteil. Aber es hat auch Vorteile, Solo-Mutter zu sein. Ich bin gerade umgezogen. Das habe ich einfach innerhalb eines Monats entschieden und musste niemanden fragen. Außerdem gibt es kein Drama oder eine negative Beziehungsdynamik zu Hause, die mein Kind mitbekommen könnte. Bei uns ist alles ziemlich ruhig und gechillt, wir sind ein eingespieltes Team.
Wie schafft man es, den Gegensatz von Kind und Karriere aufzulösen?
Indem man einfach macht. Wenn ich auf die ersten zwei Jahre mit meiner Tochter zurückblicke, habe ich oft einfach gemacht. Als alle meine Optionen der Kinderbetreuung ausgefallen sind, habe ich sie auf ein Panel mitgenommen und es hat funktioniert. Das sind Flexibilitätsmomente, die passieren können. Als wir Geld für das Startup eingesammelt haben, ist sie auch einfach mitgeflogen und vor Ort im Meeting auf dem Boden herumgekrabbelt, während wir gesprochen haben. Für mich war und ist es wichtig, offen mit meiner Situation umzugehen. Dadurch wissen auch Investoren, wer wir sind und wofür wir als Familie und Startup stehen.
Mit Katrin Alberding sprach Janna Linke. Das Gespräch wurde zur besseren Verständlichkeit gekürzt und geglättet. Vollständig können Sie es im ntv-Podcast "Startup - jetzt ganz ehrlich" anhören.
Was verbirgt sich hinter der schillernden Fassade der Startup-Szene? Janna Linke weiß es. Im Podcast "Startup - Jetzt ganz ehrlich" wirft sie jede Woche einen Blick hinter die Kulissen der Gründerszene und spricht über Themen, die gerade Schlagzeilen machen. Sie ordnet ein, hakt nach. Persönlich, ehrlich und mit einem echten Mehrwert. Dafür spricht sie mit Persönlichkeiten der Szene, Expertinnen und Experten und gibt euch den absoluten Rundumblick. Gemeinsam taucht ihr tief ein in die Startup-Welt.
"Startup - jetzt ganz ehrlich" - der Podcast mit Janna Linke. Auf RTL+ und überall, wo es Podcasts gibt: Amazon Music, Apple Podcasts, Spotify, RSS-Feed
Quelle: ntv.de