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Arbeiten und Gründen in den USA? "Vier-Tage-Woche läuft hier nicht"

"Die Visionen sind hier größer", sagt Christian Jorg über die USA.

"Die Visionen sind hier größer", sagt Christian Jorg über die USA.

(Foto: picture alliance / Anadolu)

Die USA. Das Land der unbegrenzten Möglichkeiten. Hier kann es jeder schaffen, wenn man nur hart genug arbeitet. Vor allem als Unternehmer. So ist zumindest die Erzählung. In der Realität sieht es anders aus. Gnadenloser Wettbewerb und hohe Lebenshaltungskosten machen Gründerinnen und Gründern das Leben schwer. Aber: Um ein global erfolgreiches Startup aufzubauen, muss man in den USA präsent sein. Denn der US-Markt wirkt wie ein Brennglas auf das Geschäft eines Unternehmens, sagt Christian Jorg. Er ist Chef des German Accelerators in New York, der vielversprechende deutsche Startups bei der internationalen Expansion unterstützt. "If you can make it here, you can make it anywhere", ist Jorg überzeugt. Wie? Was sollte Deutschland von den USA lernen und was auf gar keinen Fall? Das verrät er im ntv-Podcast "Startup - Jetzt ganz ehrlich".

ntv.de: Was läuft für Gründer in den USA besser als in Deutschland?

"Die deutsche Bodenständigkeit hat auch Vorteile", verrät Christian Jorg im Gespräch mit Janna Linke.

"Die deutsche Bodenständigkeit hat auch Vorteile", verrät Christian Jorg im Gespräch mit Janna Linke.

(Foto: privat)

Christian Jorg: Die Visionen sind hier größer. Vor allem die der Investoren. In den USA fragen sie Gründerinnen und Gründer: Wo seht ihr euer Unternehmen in fünf oder zehn Jahren? In Europa und Deutschland fragen Investoren: Wie sieht es denn in den nächsten Monaten aus? Das ist der eine Punkt. Der andere ist die Finanzierung, gerade im Wachstumsbereich. Wenn eine Firma gut läuft, sie aber noch 20 oder 30 Millionen Dollar braucht, damit das Ding richtig groß wird, kommt man in den USA deutlich besser ran. Es ist mehr Geld da, es gibt mehr Fonds, größere Fonds und auch mehr Möglichkeiten, einfach zu investieren.

Sind das die Gründe, warum immer mehr Gründer Deutschland verlassen und in die USA gehen? Zuletzt gab es viel Aufregung um das Münchner Kernfusions-Startup Marvel Fusion, das diesen Schritt geht.

Das hat weniger mit Deutschland zu tun, sondern mehr mit der Tatsache, dass es unmöglich ist, ein global erfolgreiches Unternehmen aufzubauen, ohne in den USA präsent zu sein. Allein wegen der Marktgröße. Man hat etwa 340 Millionen halbwegs homogene Menschen hier, die man mit einer Sprache erreichen kann. Plus: Der US-Markt wirkt wie ein Laser auf das Geschäft eines Startups, weil viele Sachen, die in Deutschland oder in anderen Ländern halbwegs funktioniert haben, in den USA nicht funktionieren. Hier ist der Wettbewerb viel stärker, man muss mehr leisten. "If you can make it here, you can make it anywhere" - dieser Satz stimmt und das bezieht sich nicht nur auf New York, sondern auf die gesamten USA.

Hört sich an wie ein Haifischbecken.

Es ist schon wichtig zu verstehen, dass es zwei Seiten gibt. Die eine ist: In New York oder im Silicon Valley hat man auf jeden Fall ein größeres Netzwerk und trifft Menschen, die einem Türen öffnen können. Es stimmt aber auch, dass es kein Zaubermittel gibt, das einen erfolgreich macht. Im Gegenteil, als Gründer realisiert man schnell, dass die Leute verdammt hart arbeiten und sich reinhängen, und wer mithalten will, muss das auch tun. Vier-Tage-Woche läuft hier nicht. Die Gründer machen am Samstagnachmittag nicht Yoga, sondern arbeiten. Du musst vollen Einsatz bringen, um hier erfolgreich zu sein. Ich sage immer: Du kannst auch nicht bei Bayern in der Bundesliga spielen und sagen, ich trainiere zweimal in der Woche für 30 Minuten.

Was läuft in den USA schlechter als bei uns?

Das Thema "Irrational Experience". Gerade in der Zeit der niedrigen Zinsen ist es zu interessanten Situationen gekommen. Du wolltest als Gründer 10 Millionen Dollar von Investoren bei einer Unternehmensbewertung von 50 Millionen Dollar haben? Die Antwort der Investoren: Nimm doch lieber 50 Millionen Dollar und eine Bewertung von 250 Millionen Dollar. Natürlich hat kein Gründer dazu Nein gesagt. Das war aber völlig losgelöst von der Realität. Irgendwann fällt das Kartenhaus zusammen und deshalb haben wir gerade diesen Kater in der Investoren-Szene. Sie halten ihr Geld jetzt zusammen. Das haben wir in Deutschland so nicht gehabt und wenn, auf einem viel kleineren Niveau. In den USA sind der Optimismus und die Visionen manchmal auch zu groß, denn in der Realität schaffen es nur wenige Startups, wirklich groß zu werden. Die deutsche Bodenständigkeit hat auch Vorteile.

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Mit Christian Jorg sprach Janna Linke. Das Gespräch wurde zur besseren Verständlichkeit gekürzt und geglättet. Vollständig können Sie es im ntv-Podcast "Startup - jetzt ganz ehrlich" anhören.

Startup - Jetzt ganz ehrlich

Was verbirgt sich hinter der schillernden Fassade der Startup-Szene? Janna Linke weiß es. Im Podcast "Startup - Jetzt ganz ehrlich" wirft sie jede Woche einen Blick hinter die Kulissen der Gründerszene und spricht über Themen, die gerade Schlagzeilen machen. Sie ordnet ein, hakt nach. Persönlich, ehrlich und mit einem echten Mehrwert. Dafür spricht sie mit Persönlichkeiten der Szene, Expertinnen und Experten und gibt euch den absoluten Rundumblick. Gemeinsam taucht ihr tief ein in die Startup-Welt.

"Startup - jetzt ganz ehrlich" - der Podcast mit Janna Linke. Auf RTL+ und überall, wo es Podcasts gibt: Amazon Music, Apple Podcasts, Spotify, RSS-Feed

Quelle: ntv.de

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