Tarifverhandlungen gescheitert Lufthansa-Piloten streiken am Freitag
01.09.2022, 00:01 Uhr Artikel anhören
Die Gewerkschaft Vereinigung Cockpit erklärt die Tarifverhandlungen mit der Lufthansa für gescheitert. Deshalb legen die Piloten am Freitag ihre Arbeit nieder - und den größten Teil des Flugverkehrs lahm. Im Konzern schwelt im Hintergrund ein weiterer Konflikt.
Passagiere der Lufthansa müssen wieder mit Streiks der Piloten rechnen. Die Gewerkschaft Vereinigung Cockpit (VC) verkündete am späten Abend einen ganztägigen Arbeitskampf für diesen Freitag, den 2. September. Das hat der Vorstand nach intensiven Verhandlungen mit dem Unternehmen und auf Antrag der Tarifkommission beschlossen, wie ein Sprecher mitteilte. Offizieller Anlass sind die aus Sicht der Gewerkschaft gescheiterten Verhandlungen über einen neuen Gehaltstarifvertrag. Die Lufthansa kritisierte den Streikaufruf und forderte eine Rückkehr an den Verhandlungstisch.
Auch eine nachfolgende Sondierungsrunde hinter verschlossenen Türen und ein verbessertes Angebot des Unternehmens aus der vergangenen Woche brachten kein Ergebnis. Zuletzt blieb ein letzter Verhandlungsversuch ergebnislos. Die Vereinigung Cockpit verlangt nach eigenen Angaben Gehaltssteigerungen von 5,5 Prozent im laufenden Jahr und einen automatisierten Inflationsausgleich ab dem kommenden Jahr.
Im Hintergrund schwelt zudem ein Konflikt über die künftige Konzernstrategie. Die VC hatte sich in der Vergangenheit die exakte Zahl von 325 Flugzeugen garantieren lassen, die ausschließlich von den rund 5000 Kapitänen und Ersten Offizieren geflogen werden durften, die dem Konzerntarifvertrag unterlagen. Die Lufthansa hatte unter dem Eindruck der Corona-Krise die entsprechende Vereinbarung aufgekündigt und begonnen, unter dem Kranich-Logo einen neuen Flugbetrieb (AOC) mit niedrigeren Tarifbedingungen aufzubauen. Die neue Airline mit der internen Bezeichnung "Cityline 2" soll im Europa-Verkehr zahlreiche Flüge der bisherigen Kerngesellschaft übernehmen.
Tausende Reisepläne durchkreuzt
Der eintägige Ausstand dürfte zu massiven Flugausfällen führen und die Reisepläne Tausender Passagiere durchkreuzen. Im Sommer strich die Lufthansa Tausende Flüge wegen Personalmangels an Flughäfen und bei der Airline selbst. Schon das sorgte für Verdruss bei den Kunden. Bei einem Tag Vorlauf am Donnerstag könnte das Lufthansa-Management auf den Streikaufruf, der von den gut organisierten Piloten weitgehend befolgt werden dürfte, noch reagieren.
Laut VC haben bei der Urabstimmung in der Lufthansa-Passage 97,6 Prozent für den Arbeitskampf gestimmt, bei der kleineren Lufthansa Cargo waren es sogar 99,3 Prozent. Die Beteiligung lag laut Gewerkschaft in beiden Flugbetrieben über 93 Prozent. Erforderlich war eine Zustimmung von mehr als 70 Prozent aller Stimmberechtigten. Bestreikt werden sollen sämtliche Abflüge der Lufthansa und der Lufthansa Cargo aus Deutschland, wie die VC mitteilte. "Um Arbeitskämpfe abzuwenden, muss Lufthansa ein deutlich verbessertes Angebot vorlegen", erklärte VC-Tarifchef Marcel Gröls.
Durch die VC-Forderungen würden die Cockpit-Personalkosten innerhalb der kommenden zwei Jahre in Summe um mehr als 40 Prozent steigen, erklärte die Lufthansa. Dies sei selbst ohne Rücksicht auf die finanziellen Folgen der Corona-Krise außerhalb des Vertretbaren. "Die Arbeitgeberseite hat ein sehr gutes und sozial ausgewogenes Angebot gemacht - trotz der nachwirkenden Lasten der Corona-Krise und unsicheren Aussichten für die Weltwirtschaft", sagte Lufthansa-Personalvorstand und -Arbeitsdirektor Michael Niggemann laut einer Mitteilung. Diese Eskalation gehe zulasten vieler Tausend Kundinnen und Kunden.
Die Piloten-Gewerkschaft hat sich auch bei der größten Lufthansa-Tochter Eurowings mit ihren rund 100 Flugzeugen streikbereit gemacht. Laut der ausgezählten Urabstimmung haben dort 97,9 Prozent für einen möglichen Arbeitskampf gestimmt. Allerdings steht dort in der kommenden Woche noch ein Verhandlungstermin aus, sodass für die Eurowings zunächst kein konkreter Streiktermin genannt wurde.
Quelle: ntv.de, chf/dpa/rts