Noch fit nach sieben Jahren? Alfa Romeo Giulia und Stelvio - leicht geliftet viel schöner
08.03.2023, 08:03 Uhr
Wer mehr Nutzwert möchte, muss zum Alfa Romeo Stelvio statt zur Giulia greifen.
(Foto: Alfa Romeo/Dani Heyne)
Die beiden Mittelklasse-Modelle Alfa Romeo Giulia und Stelvio müssen noch eine Weile durchhalten, und zwar, bis die italienische Marke vollends elektrisch wird. Was genau geändert wird, hat sich ntv.de angesehen und noch einmal Platz genommen hinter dem Steuer einer Giulia Q4 mit Benzinmotor.
Der erste Blick in die Preislisten der nochmals renovierten Versionen von Alfa Romeo Giulia und Stelvio wirkt verdächtig nach Kahlschlag: Die 200-PS-Variante fliegt raus genauso wie die Versionen mit 280 PS und Hinterradantrieb (Allrad ist künftig Standard). Auch die schwächeren Selbstzünder mit nur einer angetriebenen Achse: Geschichte. Stattdessen bekommen Dieselkäufer ab sofort immer 210 PS und Allradantrieb. Was ist da los? Ganz einfach, selten abgerufene Versionen muss man auch nicht länger zum Kauf anbieten.

Jetzt endlich Matrix-LED in der Giulia. Die "Triple-U"-Signatur fällt ins Auge.
(Foto: Patrick Broich)
Generell fällt das zweite Facelift der nun sieben Jahre alten Baureihe eher mild aus - es geht insbesondere um eine Schärfung des Profils und der Erneuerung alternder technischer Komponenten, bis Alfa Romeo im Jahr 2027 bloß noch elektrisch angetriebene Fahrzeuge anbieten will nach aktuellem Plan. Doch der Reihe nach.
Vor allem ein etwas adretteres Aussehen mit modifizierter Front und schön markanten Tagfahrlichtern mit drei auffälligen Elementen in der Grafik - "Triple-U" im Marketing-Sprech - fallen ins Auge. Das unter den Alfisti (wo sonst gibt es bitte eine Fachbezeichnung für Fans einer Automarke?) bekannte Trilobo, dabei handelt es sich um das Dreigestirn aus dem markanten Kühlergrill, dem Scudetto, sowie den beiden horizontalen Lufteinlässen, präsentiert sich jetzt markanter herausgearbeitet. Und die Scheinwerfer kommen ab sofort serienmäßig im Hightech-Gewand daher als adaptive Matrix-LED-Lösung, während die altertümlichen Bi-Xenon-Strahler rausfliegen. Das Heck zieren modifizierte Rückleuchten - dunkler eingefärbt und in Klarglas-Optik.
Beim Kombiinstrument treffen Tradition und Moderne aufeinander

Man muss schon genau hinsehen: Die letzte Giulia-Ausbaustufe ist an ihren Klarglas-Rückleuchten aber eindeutig zu erkennen.
(Foto: Patrick Broich)
Wie gut die neuen Lichtspender in der Praxis wirklich um Fußgänger oder entgegenkommenden Verkehr "herumscheinen" können, um nicht zu blenden, muss sich bei späteren Testfahrten noch herausstellen. Die erste Tuchfühlung mit der aufgefrischten Giulia findet nämlich bei Tag statt. Und trotz des grellen Sonnenlichts an diesem wolkenfreien Tag lassen sich die Ziffern auf dem ausgetauschten Kombiinstrument perfekt ablesen. Hierhin besteht nämlich die zweite wichtige Neuerung. Statt mechanischer Anzeigen bestehen die Skalen der Instrumentierung jetzt aus reiner Anzeigefläche (12,3 Zoll).

Im Jahr 2023 muss man einfach ein digitales Kombiinstrument haben, und dann auch noch in so einem feinen Stil. Leider weiterhin schwach: die Bedienung auf dem Touchscreen. Zum Glück lässt sich die Klimaautomatik separat steuern.
(Foto: Patrick Broich)
Allerdings haben die Innenarchitekten eine Lösung gefunden, bei welcher der feine Stil des Hauses Alfa Romeo nicht verlorengeht. Statt eines lieblos in die Landschaft geklatschten Bildschirms bleibt es beim schicken Look einer klassischen Instrumenteneinheit, die hier auch noch den optischen Eindruck besonders tiefer Instrumente erzeugt, wie es auch schon bei historischen Modellen von Alfa Romeo der Fall war. Dazu passt dann auch der "Heritage"-Modus - in diesem Fall korrespondiert die ebenfalls von früheren Markenvertretern inspirierte Grafik der Oberfläche (beispielsweise die Schriftart) mit der äußeren Erscheinung des Instrumentenmoduls.
Und natürlich muss eine kleine Probefahrt sein, auch wenn das Facelift nur leicht ausfällt. Mit dem Druck auf den Startknopf am Lenkrad erwacht der Vierzylinder der sportlichen Limousine. Die Akustiker haben es geschafft, dem Zweiliter einen sportiv-kernigen Klang anzutrainieren, wenngleich der typische Alfa-Sound mittlerweile leider abhandengekommen ist. Fahrspaß bereitet die 4,69 Meter lange und 1,6 Tonnen schwere 280-PS-Limousine (wer mehr Nutzwert möchte, muss zum Stelvio greifen) dennoch.

Das zivile Topmodell der Giulia ist ein Vierzylinder-Turbo. Spaßarm ist das kernig laufende Triebwerk aber nicht.
(Foto: Patrick Broich)
Der obligatorischerweise an die achtstufige ZF-Wandlerautomatik gekoppelte Direkteinspritzer punktet trotz Turboaufladung mit homogener Leistungsentfaltung und agiert bei entsprechendem Einsatz des rechten Pedals durchaus druckvoll. Dank jetzt serienmäßigem Allrad gehört Traktionsmangel nicht gerade zu den Schwächen des Italieners. Und der adaptive Q4-Antrieb mit variabler Kraftverteilung hilft gemeinsam mit einer 50:50-Gewichtsverteilung dabei, die eine oder andere Kehre einen Zacken dynamischer zu nehmen. Nur 150 Millisekunden dauert es bei Bedarf, bis das Moment von der Hinterachse zu den vorderen Pneus wandert (bis zu 50 Prozent).
Trotz sportiver Anflüge ist der Mittelklässler aber kein knüppelharter Brocken, sondern ein ausgewogener Tourer dank ebenso ausgewogenem Fahrwerk (bei den "Competizione-Ausgaben sogar mit variabler Dämpfung). Hohe Aluminium-Anteile (80 Prozent) bei den Fahrwerkskomponenten und sogar eine Kardanwelle aus Kohlefaser lassen Reminiszenzen an den Rennsport aufkommen. Und wer solche Maßnahmen angesichts des Leistungsniveaus für etwas übertrieben hält: Ja, liebe Giulia-Quadrifoglio-Fans, das leidenschaftliche 510-PS-Topmodell kommt auch als Facelift-Variante. Ein bisschen Geduld bitte.
Dieselfans kommen bei beiden auf ihre Kosten

Auch die zweite Sitzreihe bedeutet ein gemütliches Plätzchen in der Giulia. Knie- und Kopffreiheit gehen in Ordnung und die Stühle sind bequem.
(Foto: Patrick Broich)
Diesel- und Nutzwertfans muss der Alfa-Händler freilich ebenfalls nicht nach Hause schicken. Wobei letztere eben Stelvio (ähnliche Modifikationsmaßnahmen wie das Limousinen-Pendant) statt Giulia zu wählen haben, denn einen klassischen Kombi wird es nicht geben. Mit einem Kofferraumvolumen von bis zu 1600 Litern bei umgeklappten Rücksitzlehnen leistet das SUV ganz passable Dienste im Transportbereich - immer bedenken: Es handelt sich ja um ein Lifestyle-Produkt.
Sämtliche Versionen der modifizierten Giulia- und Stelvio-Ausführungen buhlen übrigens mit einem aktiven Tempomaten um Kundengunst, der nicht nur die Sicherheit, sondern auch den Fahrkomfort erhöht. Denn das Fahrzeug bremst selbsttätig im Takt des fließenden Verkehrs. Einfach Tempo einstellen und rollen lassen, allerdings bitte immer aufmerksam den Verkehr beobachten, denn assistiertes Fahren ist nicht autonomes Fahren.

Typisch Alfa: mit klassischen Leichtmetallrädern "Speciale". An das matte "Grigio Lunare Opaco" muss man sich gewöhnen. Kostet außerdem 1500 Euro Aufpreis.
(Foto: Patrick Broich)
Gegen 1750 Euro Aufpreis wandern noch mehr Sicherheitsfeatures an Bord, darunter aktive Spurhalte- und Totwinkelassistenten, Autobahn- sowie Stauassistenz plus Verkehrszeichenerkennung.
In einer Preisspanne von 54.250 bis 70.150 Euro bieten die italienischen Mittelklassen viel Spielwiese bei Ausstattung, Individualisierung und Motorisierung. Navigationssystem, elektrische Kofferraumklappe (Stelvio), Parkpiepser, Rückfahrkamera, schlüsselloses Schließsystem, Smartphone-Integration zur Ansteuerung von Apple CarPlay oder Android Auto und Touchscreen in der Mittelkonsole im 8,8-Zoll-Format hingegen sind stets serienmäßig.
Quelle: ntv.de