Klein und feinFord Fiesta - Fahrspaß ohne Raumwunder
Obwohl der neue Ford Fiesta deutlich gewachsen ist, zählt er noch immer nicht zu den geräumigsten in seiner Klasse. In Sachen Dynamik fährt der Kleinwagen der Konkurrenz aber wenigstens mit einer Motorisierung davon.
Wie man einen Kleinwagen baut, weiß Ford gut. Schließlich hat der Hersteller inzwischen mehr als 40 Jahre Erfahrung gesammelt: 1976 kam, als Antwort auf die Ölkrise, der erste Fiesta auf den Markt. Bis heute fährt der insgesamt über 17 Millionen Mal verkaufte Kleine an der Spitze seines Segments mit. Damit das auch in Zukunft so bleibt, ist es höchste Zeit für eine neue Ausgabe des Bestsellers, denn Generation sieben hat schon wieder neun Jahre auf dem Buckel. Doch die Ablösung naht, ab dem 08. Juli steht die Neuauflage ab 12.950 Euro beim Händler.
Kaum Raum
Mit Blick auf die Konkurrenz muss der neue Fiesta nicht nur besser werden als sein Vorgänger, sondern auch deutlich wachsen. Schließlich klopft selbst der ehemalige Mini-Flitzer Ka als Plus-Modell längenmäßig im Kleinwagensegment an die Tür. Die achte Fiesta-Generation wurde deshalb um sieben Zentimeter auf 4,04 Meter gestreckt. Damit wirkt der Ford nicht nur um einiges stattlicher, sondern hält auch den Anschluss zum gerade erst präsentierten, neuen VW Polo, der ziemlich genau den gleichen Längensprung gemacht hat.
Merklich geräumiger ist der Fiesta allerdings nicht geworden. Im Fond des weiterhin als Drei- und Fünftürer erhältlichen Kleinwagens geht es immer noch enger zu als bei vielen Mitbewerbern. Auch der Kofferraum kann nicht wirklich von den neuen Abmessungen profitieren: 269 Liter gehen standardmäßig rein, klappt man die 40:60 geteilte Rückbank um, wächst der Stauraum auf 1093 Liter. Zum Vergleich: Der neue Polo schluckt mindestens 351 Liter.
Schluss mit Mäusekino
Wenn auch das Platzangebot nicht zugelegt hat, so hat zumindest die Inneneinrichtung einen deutlichen Schritt nach vorne gemacht. Die Zeiten des Mäusekinos mit vielen kleinen Tasten sind vorbei, stattdessen thront mit dem Sync3-System in der Mittelkonsole ein standesgemäßer Touchscreen mit bis zu acht Zoll Bildschirmdiagonale. Die Basisversion allerdings fährt mit einem herkömmlichen Display vor, doch auch hier lassen sich Smartphones anbinden, die dann als Navi genutzt werden können. Das Armaturenbrett wurde auch in Sachen Materialien spürbar aufgehübscht. Im unteren Bereich und an den Türen hält sich aber wacker die nicht besonders hochwertig wirkende Hartplastik.
Ähnlich wie Opel will auch Ford mit dem neuen Fiesta die Demokratisierung von Oberklasseextras vorantreiben. Die Rüsselsheimer dürfen das als Kompliment für ihre Strategie verstehen und die Kunden eines Fiesta sich auf Ausstattungsschmankerl wie Lenkradheizung, Panoramaschiebedach und ein Bang- & Olufsen-Soundsystem freuen. Am oberen Ende der Luxus-Fahnenstange steht das für Herbst angekündigte neue Top-Modell Vignale, das mindestens 20.600 Euro kosten soll. Dafür gibt es aber nicht nur edle Dekorteile, sondern auch eine kostenlose Fahrzeugwäsche pro Monat.
Vierzylinder werden verbannt
Ebenfalls neu: Das Active-Modell mit dem Ford im Frühjahr 2018 eine etwas robuster gestaltete Version mit mehr Bodenfreiheit und Schutzplanken nachreicht sowie die optisch durchtrainierte ST-Line für Sportfreunde, die nicht gleich zur ebenfalls Anfang kommenden Jahres erhältlichen Sportversion ST greifen wollen. Ford legt aber nicht nur bei den Komfort- und Stylingextras nach, sondern auch in Sachen Sicherheit: 15 Assistenzsysteme stehen für den Fiesta bereit, vom Notbremsassistenten über Einparkautomatik und Abstandstempomat bis hin zum Spurhalter und Querverkehrswarner.
Während sich Ford bei der Ausstattung nach oben orientiert, wird bei den Motoren tiefgestapelt und auf der Ottoseite der Vierzylinder gänzlich verbannt. Unverändert im Angebot ist der Einliter-Turbobenziner mit 100 PS, den es auf Wunsch auch mit Automatikgetriebe gibt. Die weiteren Leistungsstufen liegen bei 125 PS und 140 PS. Der alte 1,25-Liter-Sauger wird zukünftig durch ein freiatmendes 1,1-Liter-Dreizylinder-Triebwerk ersetzt, das mit 70 PS und 85 PS erhältlich ist. Und sogar der ST muss auf die vierte Brennkammer verzichten. Ihm macht fortan ein neuer, anderthalb Liter großer Dreizylinder Beine. Wie lange sich im Kleinwagensegment der Diesel noch halten kann, ist offen, vorerst aber bedient Ford die Selbstzünder-Fraktion noch mit einem 1,5-Liter-Vierzylinder mit 85 PS und 120 PS. Beide versprechen einen CO2-Ausstoß von unter 90 Gramm pro Kilometer. Schade nur, dass für den kleinen Diesel und die Saugbenziner die Stopp-Start-Automatik mit 200 Euro extra bezahlt werden muss.
Mit 140 PS geht der Fiesta gut
Wie sich die neuen Einstiegsbenziner in der Praxis schlagen, konnte noch nicht geklärt werden – zur ersten Ausfahrt trat der Fiesta mit dem bekannten 140-PS-Benziner an. Der ist zwar nicht für unter 20.900 Euro zu haben, doch wer bereit ist, so viel Geld zu investieren, bekommt ein echtes Meisterstück, auf das übliche Motorenfloskeln perfekt zutreffen. Der quirlige Dreizylinder dreht willig bis in den Begrenzer, hängt gut am Gas und zieht mit 180 Newtonmetern so kraftvoll durch, dass er bestens geeignet ist, um das dynamische Können des Fiestas in allen Facetten zu zeigen.
Denn in Sachen Unterbau macht dem Ford so schnell keiner was vor: Das neu entwickelte Fahrwerk federt die meisten Unebenheiten gekonnt weg. Hierdurch lässt der Fiesta eine noch knackigere Fahrweise zu als zuvor. Ohne, dass die ESP-Lampe auch nur einmal Aufflackern muss. Die steifere Karosserie sorgt für einen festen Stand und mit der nochmals überarbeiteten Lenkung lässt sich der Fiesta noch präziser dirigieren. Trotz allem Fahrspaß weiß sich der Dreizylinder aber auch zu benehmen: Außer unter Volllast, wenn der Otto herrlich kernig klingt, läuft er so leise, dass man mitunter das Hochschalten vergisst.