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Wo die Reise einst begann Koenigsegg CCX - Show und Adrenalin

Im Jahr 2006 wurde der Koenigsegg CCX der Öffentlichkeit vorgestellt.

Im Jahr 2006 wurde der Koenigsegg CCX der Öffentlichkeit vorgestellt.

(Foto: Patrick Broich)

Nach nunmehr 20 Jahren ist Koenigsegg aus dem kleinen, feinen Kreis der Hypercar-Schmieden nicht mehr wegzudenken. Vor 14 Jahren machten die Schweden mit dem CCX Furore. Aber wie fährt sich der Bolide mit 817 PS unter heutigen Maßstäben?

Wer hätte seinerzeit gedacht, dass sich Koenigsegg einst als feste Größe im Reigen der Hersteller von Supersportlern etablieren würde? Ziemlich genau vor 20 Jahren brachten die Schweden ihren ersten Prototypen CC an den Start. Eine Testfahrt im CCX, der nach durchschnittlichem Maßstab schnurstracks auf dem Weg zum Youngtimer ist, soll zeigen, wo die Reise der Schweden einst begann. Denn durchschnittlich ist bei dem Hypersportler wenig. Bitte einsteigen und gut anschnallen!

Einem Koenigsegg auf der Straße die Schau zu stehlen, dürfte extrem schwierig werden.

Einem Koenigsegg auf der Straße die Schau zu stehlen, dürfte extrem schwierig werden.

(Foto: Patrick Broich)

Seien wir ehrlich: So spaßig hochdynamische Supersportler auch sein mögen - ginge mit einschlägigen Sportwagen kein Showeffekt einher, fielen die Verkaufszahlen geringer aus. Einem Koenigsegg die Schau zu stehlen, dürfte indes schwierig werden, selbst für die raren Hypercar-Vertreter der etablierten Marken Porsche, Ferrari oder Lamborghini. Dabei nimmt man dem technikverliebten Christian von Koenigsegg durchaus ab, dass es ihm bei der Konstruktion seiner Fahrzeuge vor allem um Performance-Belange geht - ein Koenigsegg ist immer auch ein sogenanntes Tracktool. Als der erste Prototyp CC in das Licht der Öffentlichkeit rollte, war der ambitionierte Gründer gerade einmal 28 Jahre alt . und wer hätte gedacht, dass die Marke Koenigsegg sich in der Szene der ultrateuren Hypersportler einmal so unerschütterlich etablieren würde.

Der Schauraum als Traumgarage

Seit 2002 läuft die Serienproduktion - freilich in Manufaktur-Manier. Immerhin haben es inzwischen deutlich über 200 Exemplare einer Handvoll verschiedener Koenigsegg-Modelle auf die Straße geschafft. Das ist unter den üblichen Automotive-Maßstäben natürlich verschwindend wenig, für Exoten-Verhältnisse allerdings schon wieder ordentlich. ntv.de wollten wissen, was genau hinter dem Markennamen steckt und hat sich auf den Weg in die Region Aachen zu Markus Esser gemacht, einem von zwei Vertragshändlern der Marke in Deutschland, jedoch dem einzigen, der auch einen Werkstatt-Service anbietet. Doch dazu später mehr.

So ein Koenigsegg CCX kann nur Teil einer Traumgarage sein.

So ein Koenigsegg CCX kann nur Teil einer Traumgarage sein.

(Foto: Patrick Broich)

Essers Schauraum ist die schiere Traumgarage. Hier steht locker ein Dutzend Koenigsegg. Es gab schon Zeiten, sagt der Händler, da habe er zehn Prozent der gesamten Koenigsegg-Produktion bei sich vereint. Natürlich lockt eine solche Flotte auch Autofans in die Ausstellungshalle, die nicht unbedingt einen siebenstelligen Betrag für ihr Traumfahrzeug parat haben - doch kein Problem, der Geschäftsmann schafft auch mit günstigeren Zweite-Hand-Bentleys oder -Ferraris Abhilfe, die den Besitzer je nach Modell schon für unter 100.000 Euro wechseln.

Wie fährt sich eine Koenigsegg?

Doch kommen wir zum wichtigsten Teil unseres Besuchs: Wie fährt sich ein waschechter Koenigsegg? Schließlich sieht man Vertreter dieser Marke allenfalls auf den Routen rarer Ausfahrten, im sommerlichen Monaco oder mit viel Glück mal im Bankenviertel von Zürich oder London. Zumindest ist der Einstieg anleitungsbedürftig, denn die speziellen Scherentüren, die im geöffneten Zustand vertikal nach oben ragen, wollen nach einem bestimmten Prozedere gelöst werden. Knopf drücken, bis sich die Scheibe etwas senkt, dann nach oben führen. Dafür klappt der Einstieg wieder erstaunlich gut, besser als bei manch anderen Monocoque-Autos mit ultrabreitem Schweller.

Trug der Prototyp CC noch den 4,2 Liter großen Audi-V8 unter der Außenhaut, hat man beim ersten Serienmodell CC8S schon 4,7 Liter zur Verfügung - damals ein angepasstes Aggregat aus dem Ford-Regal. Doch Christian von Koenigsegg wollte gerade beim Antrieb eine eigene Handschrift und seine Automanufaktur als Ingenieur-Schmiede präsentieren - auch wenn die Maße des V8 an die Ford-Konstruktion angelehnt sind, handelt es sich doch um ein selbst kreiertes Gewächs. Technische Innovation wird bei den Schweden durchaus gelebt, man denke an die nockenwellenfreie Ventilsteuerung, mit der sich die kleine Firma einen Namen gemacht hat, oder an den unermüdlichen Einsatz für alternative Kraftstoffe. Bereits heute fährt ein Teil der Koenigsegg-Flotte mit E85 und reduziert damit den fossilen Anteil im Kraftstoff.

Der meint es ernst

Doch der CCX ist aus heutiger Perspektive ein Youngtimer, bleibt im Antriebsstrang klassisch und bei der Darbietung sämtlicher Fahrinformationen analog. Rennsportbegeisterte Interessenten locken Features wie Trockensumpfschmierung und Keramik-Bremsscheiben. Ach ja, und hier gibt es noch ein manuelles Sechsgang-Getriebe. Cool. Der in der Mitte montierte Achtzylinder, beflügelt von zwei Kompressoren, zeigt sich umzingelt von stabilisierenden Streben. Der meint es tatsächlich ernst auf dem Track. Doch wir haben uns vorgenommen, auf der Landstraße zu bleiben und uns fernzuhalten vom Grenzbereich, checken aber durchaus mal den Charakter des CCX.

Das Innenleben des Koenigsegg CCX ist sehr eigen.

Das Innenleben des Koenigsegg CCX ist sehr eigen.

(Foto: Patrick Broich)

Jetzt aber endlich den beim CCX übrigens bereits selbst entwickelten Achtzylinder mit 4,7 Litern Hubraum anlassen, und dann wird gestartet. Die Kupplung ist stramm, aber nicht schwergängig - Schleifpunkt ist auch vorhanden, kann man also machen. Den würgt selbst ein Anfänger nicht ab und wenn man es mit der Drehzahl nicht übertreibt, bleibt er sogar zahm. Das größte Gefahrenpotenzial beim Cruisen liegt also in der Unübersichtlichkeit der breiten Karosserie und dem toten Winkel der Außenspiegel. Gut, ein bisschen Längsdynamik will man ja schon aus dem Exoten herauskitzeln, doch der gibt sich zunächst einmal alle Mühe, mit seinem Können hinter dem Berg zu halten.

Doppelkompressor oder Softturbo?

Doppelkompressor, wie war das doch gleich? Der bassig klingende Crossplane-Achtender macht eher auf Softturbo, steigt vorsichtig die Drehmoment-Leiter hinauf. Gut so, denn so viel Grip die 335er an der Hinterachse auch haben, die Traktion ist schon rein physikalisch begrenzt. Und es gibt zwar eine Schlupfregelung, jedoch kein Stabilitätsprogramm, das die Karosse zur Not auch mal gerade giert. Immerhin ist die Überlandstraße trocken und wenn der 817 PS starke Skandinavier ein bisschen Tempo hat, darf man sich auch mal Drehzahl trauen. Nun plötzlich erwacht der doppelte Supercharger dann doch, hämmert die Passagiere jenseits der 6000 Touren Richtung Horizont. Jetzt hat die Magengrube Kirmes und höchste Konzentration ist notwendig, um den etwas störrischen, metallenen Schalthebel in die nächste Raste zu schieben.

Das Öffnen der Flügeltüren eines Koenigsegg ist ein sehr eigener Prozess.

Das Öffnen der Flügeltüren eines Koenigsegg ist ein sehr eigener Prozess.

(Foto: Patrick Broich)

Nach dem Adrenalin-Kick bringen die packenden, gut dosierbaren Bremsen den Hypersportler wieder sicher zum Stillstand. Wer die technischen Daten durchgeht, wird feststellen, dass es der 14 Jahre alte CCX auch mit den aktuellen Topsportlern noch ohne Probleme aufnehmen kann. Tempo 100 ist nach rund drei Sekunden abgehakt, 200 stehen nach weniger als zehn Sekunden und mit etwas Anlauf kratzt man sogar an der 400-km/h-Marke.

Viele Interessenten dürften sich eher am Kopf kratzen, wenn sie den Preis eines gebrauchten CCX erfahren: Mehr als anderthalb Millionen Euro Barmittel sollten fließen, dann kann man über den Koenigsegg reden. Dafür sind die Inspektionen ein Schnäppchen. Nur 7500 Euro jährlich oder alle 12.000 Kilometer werden fällig - fachmännisch durchgeführt in der angeschlossenen Vertragswerkstatt von Markus Esser. Wer keine Lust hat, selbst zum Service in der Aachener Region zu fahren, kann auch den fliegenden Mechaniker buchen (bei garantierelevanten Arbeiten sogar kostenlos), der vor Ort Hand anlegt oder das Auto gleich abtransportiert. Falls Sie also hinreichend liquide sein sollten, bitte den Spaß unbedingt mal gönnen! Denn der zum Klassiker reifende Hypersportler ist nahbarer, als sein Preis glauben macht.

Quelle: ntv.de

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