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Dacia-Vertriebschef im Interview "Wir wollen nur das, was im Auto wirklich nötig ist"

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Dacia will "nicht geografisch, aber in neue Segmente expandieren", sagt Xavier Martinet, Senior Vice President Marketing, Sales & Operation bei der Renault-Marke.

Dacia will "nicht geografisch, aber in neue Segmente expandieren", sagt Xavier Martinet, Senior Vice President Marketing, Sales & Operation bei der Renault-Marke.

(Foto: IMAGO/NurPhoto)

Die rumänische Renault-Tochter Dacia hat sich erfolgreich als Anbieterin günstiger Autos etabliert. Das soll so bleiben, aber mit einem größeren Angebot. Vertriebschef Martinet erklärt im Interview die Strategie "Design to Cost": nur das, was wirklich nötig, aber nicht alles, was möglich ist, soll ins Auto - um günstiger als andere zu bleiben.

Seit 2004 hat die Renault-Marke Dacia den Automarkt mit günstigen Autos aufgemischt. Mittlerweile setzt Dacia verstärkt auf größere und auch teurere Autos. Als radikalen Richtungswechsel will Xavier Martinet, seit 2021 Senior Vice President Marketing, Sales & Operation bei Dacia, die Strategie seiner Marke nicht verstanden wissen. Ein Gespräch mit ihm über die Pläne der Marke.

sp-x: Dacia vollzieht einen Wandel, weg vom Billig-Image hin zu mehr Wertigkeit. Wird Dacia also eine typische Marke des Aufstiegs?

Xavier Martinet ist seit 2021 Senior Vice President Marketing, Sales & Operation bei Dacia.

Xavier Martinet ist seit 2021 Senior Vice President Marketing, Sales & Operation bei Dacia.

(Foto: Dacia)

Xavier Martinet: Bei der Neupositionierung von Dacia geht es darum, die Marke moderner zu machen, zugleich auf das Essenzielle fokussieren, um weiter günstiger als andere Hersteller zu bleiben. Kernelement dieser Strategie ist, was wir "Design to Cost" nennen. Es geht dabei darum, zu definieren, was wirklich essenziell in einem Auto ist. Wir wollen nur das, was wirklich nötig, jedoch nicht alles, was möglich ist.

Welche neuen Modelle will Dacia in den kommenden Jahren einführen und welchen Fokus werden diese haben?

Mit Dacia sind wir 2004 mit dem vornehmlich für Osteuropa entwickelten Logan gestartet. Dann folgten Sandero und Duster. Der Logan spielt mittlerweile eine weniger wichtige Rolle. Das Herz unserer Performance sind jetzt Sandero und Duster. In den letzten zwei Jahren haben wir mit dem A-Segment-Elektroauto Spring und dem Jogger zwei wichtige Neuheiten eingeführt. Jetzt haben wir vier Baureihen, die einen interessanten Teil des europäischen Automarkts abdecken. Wir werden nächstes Jahr den komplett neuen Duster einführen. Im ersten Halbjahr 2025 folgt der Bigster - das neue C-Segment-SUV. Mit den 5 Fahrzeugen decken wir 80 Prozent der Kundennachfrage ab. Dieses Jahr haben wir den Jogger als Vollhybrid eingeführt, dem weitere Hybride folgen werden. Vergangenen November haben wir zudem zwei weitere C-Segment-Modelle angekündigt, die 2027/28 folgen werden.

Wird Dacia sein Angebot irgendwann auch oberhalb des C-Segments ausbauen?

Vorerst nein. Das gibt unter anderem die CMF-B-Plattform vor. Sie dient bei Renault für den Captur, bei Dacia für Sandero und Jogger. Auch der neue Duster, Bigster und die weiteren C-Segmentmodelle werden auf dieser Plattform aufsetzen. Auf dieser Basis lassen 4,0 bis 4,60 Meter lange Fahrzeuge realisieren. Für D-Segment-Modelle wäre eine neue Plattform nötig. Unser Kernziel wird es sein, im C-Segment in Europa Marktanteile zu erobern.

Wird es in nächster Zeit Dacia-Neuheiten ohne Outdoor-Optik und SUV-Allüren geben?

Der Duster hat eine klare Outdoor-Positionierung und zudem Offroad-Fähigkeiten. Er gehört zur Dacia-DNA. Mit dem Stepway haben wir außerdem eine kernige Sandero-Version mit netter Designfacette. Wir bei Dacia mögen diese Positionierung. Wir haben allerdings auch die CO2-Evolution im Hinterkopf. Deshalb machen wir uns bereits Gedanken über die Post-SUV-Ära. Das ist eine sehr wichtige Frage, die alle Autohersteller beschäftigt.

Es gibt Kunden, die Dacia aufgrund mäßiger Qualitäten nicht kaufen. Wird es in Zukunft Dacia-Modelle geben, die Skeptiker in dieser Frage mehr überzeugen werden?

Es ist okay, wenn Kunden sagen: Dacia ist nichts für mich. Es gibt Kunden, die uns hassen, die uns lieben und die neutral sind. Wir wollen, dass Kunden, die uns hassen, eine neutrale Einstellung entwickeln und neutral eingestellte Kunden ein "Warum nicht". Denn wenn wir auf der Einkaufsliste eines Kunden stehen, machen wir ihn aufgrund unseres unübertroffenen Preis-Leistungs-Verhältnisses sehr häufig zu einem Kunden. Deshalb gibt es bei Dacia eine Design-Evolution. Gibt es einen Durchbruch beim Design, muss auch das Innere dazu passen. Auch die Sitze, die Anzeigeinstrumente, die wahrgenommene Gesamtqualität der Autos wird besser. Unsere Zuverlässigkeit ist ohnehin gut, weil wir vorhandene Technik der Renault-Gruppe verwenden. Das sehen wir auch im ADAC-Ranking, wo unsere Autos in der besseren Hälfte liegen, weil sie zuverlässig sind.

Wird Dacia trotz der Upgrade-Strategie weiterhin für bezahlbare Mobilität stehen?

Der ganze Markt steigt an. Es gibt konjunkturbedingte Inflation. Mit der Krise gab es Probleme mit den Rohstoffen. Stahl und andere Materialien wurden teurer. Dann die EU-Regularien wie Euro 6d und bald Euro 7. Dann die Sicherheitsregularien, die viele Assistenzsysteme verpflichtend machen. Die Preise von Autos werden deshalb weiter und weiter steigen. Aber Dacia versucht dieser Trends zum Trotz immer noch bezahlbare Autos zu ermöglichen und mehr Wert fürs Geld als andere anzubieten. Wo wir in zehn Jahren sind, kann ich nicht sagen. Aber die nächsten Jahre werden wir sicherlich weiter günstig bleiben. Auch die Elektrifizierung von Verbrennungsantrieben und reine E-Autos haben wir eingeführt und am unteren Ende der Preisskala positioniert. Dacia wird also auch im Elektro-Zeitalter für bezahlbare Mobilität stehen.

Wären Leicht-Elektromobile wie ein Twizy für eine Marke wie Dacia ein interessantes Segment?

Der Twizy war ein interessantes Konzept. Doch die Fahrzeugklasse legt dem Nutzer viele Einschränkungen auf. Wir schauen uns alles an. Doch wir brauchen auch tragfähige Geschäftsmodelle. Ein Fahrzeug zu entwickeln, von dem 10.000 Einheiten verkauft werden, macht keinen Sinn. Wenn man kein Geld verdient, wird man nicht in das Fahrzeug investieren. Wir müssen Lösungen finden, die ökonomisch valide, mit den Regularien konform und für die Kundenbedürfnisse befriedigend sind. Der Spring ist unser Versuch, dies zu ermöglichen. Im Übrigen ein sehr erfolgreicher, denn bei uns gingen seit der Markteinführung im Frühjahr 2021 120.000 Kundenaufträge in Europa ein.

Auch Dacia wird künftig mehr E-Modelle anbieten müssen. Wann werden Sie Alternativen zum Spring auf den Markt bringen und was für Fahrzeugtypen werden das sein?

Dacia wird am Verbrennungsmotor festhalten, solange wir können. Dies wird uns auch helfen, die Marktabdeckung zu maximieren. Wir können künftig auch weiter unsere Autos außerhalb der EU verkaufen, wo sich noch keine potenziellen Verbrennerverkaufsverbote ankündigen. Die Plattformen werden außerdem in Regionen wie Südamerika und Indien für andere Autos der Gruppe weiter genutzt. Doch der Zeitpunkt wird kommen, wenn mehr Elektroautos im Portfolio nötig werden. Nicht aufgrund der Regularien, sondern aufgrund der Kundennachfrage.

Will Dacia weiter wachsen?

Wir wollen nicht geografisch, aber in neue Segmente expandieren. Mit dem C-Segment werden wir wachsen. Spring, Jogger, morgen Bigster. Wir bleiben bei unseren schlanken Geschäftsmodell ohne Rabatte und deshalb hohen Ertragswerten. Deshalb machen wir nicht viel Flottengeschäft, nicht viel Autovermietung und wenige Händlerzulassungen.

Wir sind eine kleine Marke, aber 2022 waren wir in Europa die Marke mit dem dritthöchsten Anteil an Privatkunden. In Westeuropa sind 85 Prozent unserer Käufer Privatkunden. Im Gesamtmarkt mit allen Marken liegt der Wert bei 45 Prozent. Darauf sind wir stolz. Deshalb wollen wir unser Geschäftsmodell nicht ändern.

Quelle: ntv.de, Mario Hommen, sp-x

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