Leben

Wer Steak isst, wird gehängt Wird jetzt sogar Lucky Luke zum Vegetarier?

Lucky Luke begegnet Ovide Byrde, einem großen Tierfreund.

Lucky Luke begegnet Ovide Byrde, einem großen Tierfreund.

(Foto: Lucky Comics 2022/ Story House Egmont)

Auf die Zigarette verzichtet er bereits seit Jahrzehnten. Nun soll es auch kein Steak mehr geben? Lucky Luke lernt in seinem neuen Abenteuer einen überzeugten Vegetarier kennen, der eine ganze Stadt zum Fleischverzicht erziehen will. Kann das gutgehen im Wilden Westen?

Die Tochter von Jul will Vegetarierin sein. Und dem Vater fällt das nicht so leicht. Der Comicautor, der bürgerlich Julien Lucien Berjeaut heißt, ist Franzose und mit Fleisch aufgewachsen. Darauf will er nicht verzichten, zumindest nicht vollständig. Also was machen? Ganz einfach: Jul verarbeitet das Thema im neuen Abenteuer von Lucky Luke.

Bekannt aus vielen Lucky-Luke-Abenteuern: Hund Rantanplan.

Bekannt aus vielen Lucky-Luke-Abenteuern: Hund Rantanplan.

(Foto: Lucky Comics 2022/ Story House Egmont)

"Rantanplans Arche" heißt Band 101 der berühmten Reihe. Die Zeichnungen stammen nun schon zum 14. Mal von Achdé, der einst Lucky-Luke-Schöpfer Morris beerbt hat. Weil es um Tierschutz geht, kooperiert der Berliner Egmont-Verlag für diesen Band auch mit dem Deutschen Tierschutzbund. Verwunderlich ist das nicht, wird die Reihe doch von jeher von etlichen Tieren bevölkert, man denke nur an Lukes treues Pferd Jolly Jumper.

Angesichts des Themas ist der Band aber auch ungewöhnlich politisch geworden. Fleischkonsum und mehr noch der Verzicht darauf reizen die Gemüter, auch in Deutschland. Laut der Allensbacher Markt- und Werbeträger-Analyse gibt es derzeit 7,9 Millionen Menschen in Deutschland, die sich selbst als Vegetarier bezeichnen. Hinzu kommen etwa 1,5 Millionen Veganerinnen und Veganer. In den vergangenen Jahren hat ihre Anzahl stetig zugenommen.

Darüber hinaus sorgen jedoch vor allem Forderungen für fleischlose Tage in Kantinen für Diskussionen - und wütende Proteste, nur weil vermeintlich alte Gewohnheiten infrage gestellt werden. Dabei sind die Vorteile für die eigene Gesundheit, das Tierwohl und die Umwelt offensichtlich. Jul allerdings ging es nicht darum, einen politisch korrekten Comic zu schreiben, wie er am Montag bei der Vorstellung des Buches in der belgischen Botschaft in Berlin erklärte. Vielmehr nimmt er die Stereotype auf beiden Seiten der Debatte auf die Schippe, überzeichnet sowohl Fleischesser als auch Vegetarier.

Hat einen schweren Stand: Tierschutz im Wilden Westen.

Hat einen schweren Stand: Tierschutz im Wilden Westen.

(Foto: Lucky Comics 2022/ Story House Egmont)

Und der Autor verzichtet natürlich auch nicht auf die typischen "Lucky Luke"-Zutaten, auf Wortwitze und subtile Anspielungen. Dazu gehört auch ein historisches Vorbild, denn das Thema Tierschutz gab es bereits im Wilden Westen: Der Amerikaner Henry Bergh gründete 1866 den ersten Tierschutzverein der USA. Leicht war das sicher nicht: Tierleben zählten damals nicht viel, man denke an die massenhafte Jagd auf Bisons und den florierenden Pelzhandel. Die zeitgenössische Presse zog entsprechend gern in Karikaturen über den Tierschützer her. Später reiste Bergh kreuz und quer durch die Weiten der Prärie und versuchte, Cowboys zum besseren Umgang mit Pferden, Rindern und anderen Tieren zu bewegen.

Von einem dieser Vorträge wird in "Rantanplans Arche" auch Ovide Byrde inspiriert, der sich zum überzeugten Tierschützer und Vegetarier wandelt. In der Westernstadt Cattle Gulch kommt das allerdings gar nicht gut an - Lucky Luke kann Byrde nur knapp davor bewahren, von Wutbürgern aufgeknüpft zu werden. Doch der Tierfreund hat auch Glück: Ausgerechnet der trottelige Hund Rantanplan, den "Lucky Luke"-Fans aus unzähligen anderen Abenteuern kennen und den Byrde in Not aufnahm und gesund pflegte, findet in einer nahen Kohlemine Gold. Damit kann sich Byrde endlich den Traum von einem großen Tierheim und einer Stiftung erfüllen, mit denen er die Bürger zum Vegetarismus missionieren will.

Was ist geschehen? Jolly Jumper liegt am Boden?

Was ist geschehen? Jolly Jumper liegt am Boden?

(Foto: Lucky Comics 2022/ Story House Egmont)

Ganz so friedlich bleibt es aber nicht. Denn auch andere haben es auf das Gold abgesehen. Sie nutzen Byrdes Liebe für Tiere aus, um Cattle Gulch zu unterdrücken. Sie wollen die Bewohner zwingen, auf Fleisch zu verzichten, die Stadt wird in Veggie Town umbenannt. Was als gut gemeinter Tierschutz begann, wird zum Extremismus, als Revolverhelden und -heldinnen wie Carott Kid, Quinoa Bob und Strawberry Susan (die aussieht wie die Schauspielerin und Tierschützerin Brigitte Bardot) in der Stadt einmarschieren. "Vegetarier ohne Erbarmen" werden sie an einer Stelle genannt. Da muss Lucky Luke dann doch noch eingreifen und zur Waffe greifen - wobei nicht nur Rantanplan, sondern auch Jolly Jumper ins Schussfeld geraten.

Gerade der Moment, in dem Aktivismus in Fundamentalismus umschlägt, ist angesichts der viel kritisierten Angriffe auf Gemälde und andere Aktionen von Klimaaktivisten ein höchst aktuelles Thema. Welche Aktionen sind durch die hehren Ziele noch gedeckt, welche nicht mehr? Was, wenn die eigenen Ideen mit der Drohung von Gewalt durchgesetzt werden sollen? Eine eindeutige Antwort auf solche Fragen bleibt der Band schuldig. Jul vergleicht seine Herangehensweise viel mehr mit einem Planetensystem, in dem jeder Himmelskörper für eine andere Sichtweise steht. "Ich will alle Standpunkte abbilden, damit sich die Leser in diesem Kosmos orientieren können", sagt er.

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Dass die Konflikte zwischen den Meinungen dabei auch entlang von Generationengrenzen sichtbar werden, kennt Jul von seiner Tochter. Im Comic steht dafür ein junger Komanche, der die Gepflogenheiten seines Stammes - Bisonjagd und Pelzkleidung - ablehnt. Er wird Vegetarier, statt "Hungriger Kojote" nennt er sich nun "Flinker Lauch".

Doch irgendwie beeinflussen die eigenen Handlungen dann vielleicht doch andere und sorgen für einen gesellschaftlichen Wandel. So läuft das auch bei Jul. Komplett auf Fleisch verzichten will er nicht. Aber offenbar hat seine Tochter dafür gesorgt, dass er dem Fleischkonsum inzwischen zwiegespalten gegenübersteht.

"Lucky Luke 101: Rantanplans Arche" erscheint am Freitag, 4. November, als Hardcover im Buch- sowie als Softcover im Zeitschriftenhandel.

Quelle: ntv.de

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