
An Flughäfen gäbe es momentan einiges zu koordinieren.
(Foto: dpa)
Die Fortschrittskoalition bringt es auf 42 Beauftragte für dieses und jenes. Das wirft die Frage auf: Brauchen wir einen Bundesbeauftragten zur Koordinierung der Tätigkeiten von Bundesbeauftragten? Nein! Unser Kolumnist hat einen besseren Vorschlag.
Die Fortschrittskoalition hat sich bekanntlich dem Fortschritt verschrieben. Sie setzt jeden Tag Zeichen nach dem Motto: Den Fortschritt in seinem Lauf hält weder Ochs noch Esel auf. Auch nicht der Krieg samt hoch komplizierter Ringtauschereien. "Panzer, Panzer, du musst wandern, von dem einen zu dem andern", verkündet demnächst der Bundestagspoet unter begeistertem Applaus der Fortschrittskoalition. Der Dichter wird dann vielleicht der 44. Beauftragte der Bundesregierung sein, zuständig für Dichtkunst. Wer der 43. werden sollte, verrate ich Ihnen noch.
Falls sich der Fortschritt in Deutschland an der Zahl der Bundesbeauftragten bemessen lässt, ist die Fortschrittskoalition schon spitze. Laut der "Liste der Beauftragten der Bundesregierung, der Bundesbeauftragten sowie der Koordinatoren / Koordinatorinnen der Bundesregierung nach § 21 Abs. 3 Gemeinsame Geschäftsordnung der Bundesministerien (GGO)" vom 9. Juni 2022 gibt es 42 Posten jener Art - so viele wie nie zuvor. Allerdings ist die Welt auch so kompliziert wie nie zuvor. Da ist der Bedarf an Beauftragten und Koordinatoren recht hoch.
Einer der Jobs ist noch vakant, wobei ich nicht weiß, ob überhaupt gesucht wird. Es handelt sich um die oder den "Koordinator(in) für die zwischengesellschaftspolitische Zusammenarbeit mit Russland, Zentralasien und den Ländern der Östlichen Partnerschaft". Ich werde meinen Hut nicht in den Ring werfen, weil er mir A: dafür zu schade wäre, B: ich mit dem Kreml absolut gar nichts zu tun haben will und C: weiterhin großes Interesse am Posten des Bundesbeauftragen für Dichtkunst habe. Jedoch habe ich einen Vorschlag: Das könnte was für Gazprom-Gerd sein, quasi als Rehabilitierungsmaßnahme. Er hat beste Kontakte nach Russland.
Arroganz der Macht? Ach was!
Dafür ist der Posten der "Beauftragten der Bundesregierung für Antirassismus" endlich vergeben. Ferda Ataman macht und schafft das. Ihre Wahl hat die Fortschrittskoalition eisern durchgezogen, weil sie sich nämlich nicht von miesepetrigen und kleinkarierten KritikerSTERNCHENinnen aufhalten lässt, selbst wenn sie aus Familien kommen, die selbst einst nach Deutschland eingewandert sind. Arroganz der Macht? Ach was! So geht Fortschritt. Da pfeift man auf Bedenken von Leuten, die selbst wissen, wie es ist, diskriminiert zu werden.
Der "Beauftragte der Bundesregierung für die Akzeptanz sexueller und geschlechtlicher Vielfalt (Queer-Beauftragter)", der parlamentarische Staatssekretär im Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend, Sven Lehmann, hat nicht nur hübsche Titel, sondern auch einen Twitterkanal, wo er sich nur strikt "privat" äußert. Ganz privat freute er sich über den knappen Sieg von Frau Ataman: "Herzliche Glückwünsche! Die @ADS_Bund bekommt eine starke Chefin und Streiterin gegen jede Form von Diskriminierung."
(Kurzer Einschub, damit kein Missverständnis aufkommt: Die Abkürzung ADS steht hier für AntiDiskriminierungsStelle und nicht für AufmerksamkeitsDefizitSyndrom, Sie wissen, die Krankheit, die zu Hyperaktivität und unkontrolliertem Verhalten führt. Für den Fall, dass Sie das dachten: ADS_Bund ist nicht der interne Spitzname der Fortschrittskoalition.)
Jedenfalls werden sich Herr Lehmann, Frau Ataman und Herr Dr. Mehmet Daimagüler, der noch recht neue - auch das ein wunderschöner Titel - "Beauftragte der Bundesregierung gegen Antiziganismus und für das Leben der Sinti und Roma in Deutschland" mit der "Beauftragten der Bundesregierung für Migration, Flüchtlinge und Integration", Frau Staatsministerin Reem Alabali-Radovan, zusammentun und den Fortschritt ins Land bringen. Es gibt nämlich gerade einiges zu tun.
Fragen Sie einmal die "Sonderbeauftragte der Bundesregierung für internationale Klimapolitik", die frühere Greenpeace-Chefin Jennifer Morgan. Die wird es wissen. Frau Morgan stimmt sich ganz eng ab, unter anderen mit der parlamentarischen Staatssekretärin und "Sonderbeauftragten der Bundesregierung für die Umsetzung der internationalen Initiative für mehr Transparenz im rohstoffgewinnenden Sektor", Franziska Brantner, sowie dem "Koordinator der Bundesregierung für strategische Auslandsprojekte im Interesse der Bundesrepublik Deutschland", Staatssekretär Udo Philipp. Natürlich unter Einbindung des "Sonderbeauftragten der Bundesregierung für den Ukraine-Gastransit", Georg Graf Waldersee, und den "Bundes-Energiebeauftragten (energetisches Bauen)", Olaf Böttcher.
Ausbaufähige Liste
Herr Böttcher ist seit 2008 im Amt. Wie Sie vielleicht wegen des Adelstitels erahnen, ist auch Graf Waldersee ein Überbleibsel der Regierung von Königin Angela der Sorglosen, ihres Zeichens Begründerin der deutschen Energiewende. Der Adelsmann wurde erstmals 2019 berufen, um "den Gastransit über die Ukraine auch nach Auslaufen des derzeitigen Transitvertrages am 31. Dezember 2024" so zu sichern, dass "den Interessen aller Seiten gerecht wird". Na ja, hat leider nicht geklappt. Aber Graf Waldersee ist zugleich Vorsitzender von UNICEF Deutschland und kann nun ukrainischen Kindern helfen. Sollte er den Job nicht mehr wollen, schlage ich Pipeline-Manu vor, die dann wieder eng mit Gazprom-Gerd zusammenarbeiten könnte (siehe oben).
Ich finde, die Liste der Bundesbeauftragten ist ausbaufähig. Wie wäre es mit einem für Bürokratieabbau? Besser nicht, das hat nämlich nichts mit Fortschritt zu tun. Oder für die Anliegen der Rentner? Brauchen wir nicht. Die werden nicht diskriminiert. Also was? Einen Bundesbeauftragten für Fortschritt? Lastenfahrräder? Kartoffelanbau? Anti-Polarisierung? Einiges davon könnte Frau Ataman mit übernehmen.
"Achtung! Der Sommer naht"
Nachdenken könnte man über einen Bundesbeauftragten zur Koordinierung der Tätigkeiten von Bundesbeauftragten. Ich allerdings plädiere dringend für die rasche Schaffung - es wäre Nummer 43 - des Postens des "Beauftragten der Bundesregierung zur Vorbereitung von Sommerferien und die Beseitigung von Chaos auf Flughäfen und Bahnhöfen", der bei Bedarf auch nach Afghanistan oder in andere Länder entsandt werden kann, um Orts- oder Arbeitskräfte auszufliegen, die dann in Deutschland die Koffer von Urlaubern auf Schusswaffen und Bomben kontrollieren.
Denn diese Aufgabe kann die Fortschrittskoalition dem "Koordinator der Bundesregierung für Güterverkehr und Logistik", Oliver Luksic, oder dem "Beauftragten der Bundesregierung für den Schienenverkehr", Michael Theurer, nicht auch noch aufbrummen. Die beiden parlamentarischen Staatssekretäre beim Minister für Digitales und Verkehr haben genug zu tun und können der Lufthansa und der Bahn keine Mails schicken: "Achtung! Der Sommer naht. Es ist mit einer höheren Zahl Reisender zu rechnen. Bitte kümmern Sie sich frühzeitig um Personal." Und außerdem: Bevor die Fortschrittskoalition strukturelles Chaos angeht, beseitigt sie erst einmal den strukturellen Rassismus.
Quelle: ntv.de