Unterhaltung

Von Meuffels ermittelt im Kinderparadies Der Kommissar und das Mädchen

Hanns von Meuffels kümmert sich liebevoll um Lara.

Hanns von Meuffels kümmert sich liebevoll um Lara.

Alle wollen nur das Beste für die kleine Lara. Dann wird plötzlich deren Mutter ermordet aufgefunden. Die Ermittlungen führen Hanns von Meuffels in einen Elitekindergarten, in dem Aggression mit falscher Fürsorge kaschiert wird. Der Film ist so gut gemacht, dass der Zuschauer erst spät bemerkt, dass diesem Polizeiruf etwas fehlt.

Auf den großen von-Meuffels-Moment muss man in diesem Münchner Polizeiruf nicht lange warten, er kommt nach zehn Minuten: Der Kommissar steht nachts in einer fremden Wohnung am Gitterbett eines kleinen, weinenden Mädchens. Um ihn herum drei grimmige Männer von der Spurensicherung. Nach kurzem Zögern nimmt Hanns von Meuffels die Kleine auf den Arm und beginnt langsam zu singen: "Heile, heile Gänschen." Die drei Kollegen stimmen erst widerwillig, dann andächtig mit ein.

Währenddessen liegt die Mutter des Mädchens tot auf der Straße, brutal überfahren, kein Knochen ist mehr heil, in ihrem Gesicht noch der Ausdruck großer Verwunderung ob der puren Gewalt, die ihr da in ihren letzten Minuten entgegengeschlagen ist. Im Folgenden wird von Meuffels (Matthias Brandt) versuchen, den Mörder zu finden. Aber eigentlich ist die Frage nach dem Täter, wie in vielen guten Krimis, ziemlich egal.

Mit Liedersingen wird beim Elternabend der gegenseitige Hass überspielt.

Mit Liedersingen wird beim Elternabend der gegenseitige Hass überspielt.

Es geht um Eltern, die selbst so kaputt sind, dass sie ihr ganzes Glück von ihren Kindern abhängig machen. Optimale Förderung nennen sie das, im selbst gegründeten Kindergarten gibt es eine Chinesischlehrerin und Geigenunterricht für Zweijährige. Alles nur Angebote natürlich, kein Zwang, das Kind soll sich frei entfalten. So frei man sich eben entwickeln kann in einer Umgebung voller Lügen und unterschwelliger Aggression. Ella, die Ermordete (Lisa Wagner), hatte ein Verhältnis mit Tobias (Markus Brandl), dem Mann der Kindergartenleiterin (Annika Kuhl). Ellas Freund Joachim (Johannes Zeiler), Vater ihrer Tochter Lara, war jahrelang in Therapie, weil er seine Exfrau geschlagen hat.

Geheuchelte Sanftmut und unterschwelliger Hass

Da sitzen sie dann auf kleinen Kinderstühlen, die Eltern beim Elternabend, und singen Kinderlieder, um sich in die Perspektive des Kindes einzufühlen, obwohl sie sich eigentlich alle am liebsten an die Gurgel springen würden. Diese Mischung aus geheuchelter Sanftmut, moralischer Überlegenheit und unterschwelligem Hass fangen die Schauspieler, geleitet von Regisseur Leander Haußmann, in "Kinderparadies" so wunderbar ein, dass es einem kalt den Rücken hinunterläuft.

Das Beste in diesem Film aber ist die sich langsam anbahnende Freundschaft zwischen Kommissar von Meuffels und der kleinen Lara (Doris Marianne Müller). Die Mutter tot, der Vater tatverdächtig, bleibt nur noch der Kommissar, um sich um das Mädchen zu kümmern.

Langsam bahnt sich eine Freundschaft zwischen der kleinen Lara und dem Kommissar an.

Langsam bahnt sich eine Freundschaft zwischen der kleinen Lara und dem Kommissar an.

Der steife Adelige aus dem Norden, der mit einer Welt konfrontiert wird, die ihm fremd ist, in der er sich aber instinktiv auf die Seite der Underdogs stellt - das ist das Leitmotiv der Münchner Polizeiruf-Reihe mit Matthias Brandt als Hanns von Meuffels. Man konnte es sehen bei von Meuffels Ausflug in eine bayerische Dorfgemeinschaft in "Schuld" (April 2012) und zuletzt bei seinen Ermittlungen unter Transsexuellen im großartigen "Der Tod macht Engel aus uns allen (Juli 2012). Diesmal ist es ein kleines Mädchen, dem von Meuffels, über dessen Privatleben die Zuschauer nur wenig wissen, mit Respekt und liebevoller Fürsorge begegnet.

Als von Meuffels dann Lara von seinem eigenen Vater erzählt, "er war ein hohes Tier, zeitweise habe ich ihn öfter im Fernsehen gesehen als zu Hause", da gibt es dann auch noch einen großartigen Brandt-Moment, in dem die Rolle und der Schauspieler, Sohn von Willy Brandt, für einen Augenblick verschmelzen.

Dass in diesem Polizeiruf etwas fehlt, fällt erst spät auf. Anna Burnhauser, von Meuffels bayerische Assistentin, ist nicht mehr dabei. Anna Maria Sturm, die Burnhauser fünf Folgen lang spielte, ist aus der Reihe (vorerst) ausgestiegen.

Mit Burnhauser, der bodenständigen Polizistin vom Land, hat sich der Polizeiruf auch von anderen Bestandteilen des typisch deutschen Fernsehkrimis verabschiedet. Keine einzige Szene spielt in einer Polizeistation. Keine kahlen Gänge, keine grauen Schreibtische, keine dürren Zimmerpflanzen. Als Zuschauer vermisst man das wirklich nicht.

Quelle: ntv.de

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