Zeit für Anti-Monarchisten Hochzeit sorgt nicht nur für Jubel
13.06.2010, 10:23 Uhr
Die schwedische Königsfamilie (l-r): Prinz Carl Philip, Kronprinzessin Victoria, König Carl XVI Gustaf, Königin Silvia und Prinzessin Madeleine (Archivfoto vom 14.07.2007).
(Foto: picture-alliance/ dpa)
Die Schweden mögen ihre Königsfamilie. Doch jeder Vierte ist trotzdem gegen die Monarchie. Sie schluckt einfach zu viele Steuergelder und ist völlig veraltet.
Zu teuer, zu aufwändig, altmodisch: Die Vorbereitungen für die Hochzeit der schwedischen Kronprinzessin Victoria lassen nicht bei allen Landsleuten die Vorfreude auf das prunkvolle Ereignis wachsen - auch anti-monarchistische Gefühle haben derzeit Hochkonjunktur. Dabei haben die Gegner der Monarchie nicht unbedingt etwas gegen König Carl XVI. Gustaf und seine Familie, wohl aber gegen die Institution Monarchie.
Auf der Internetseite der Vereinigung der Republikaner Schwedens, die sich für ein Ende der Monarchie stark macht, prangt ein Foto von Victoria neben dem einer Burkaträgerin. Die Kommentare darunter lauten: "Eine dieser Frauen muss laut Verfassung ihren Vater um Erlaubnis bitten, den Mann zu heiraten, den sie ausgewählt hat" und "Eine dieser Frauen hat laut Verfassung kein Recht auf freie Meinungsäußerung" - Anspielungen auf die Erbfolgeregelung der schwedischen Krone, einen der Grundpfeiler der Monarchie des Landes. Die Kronprinzessin darf nicht ohne Zustimmung ihres Vaters und des Parlaments heiraten. Einigen kommt das einer arrangierten Hochzeit gleich, die den Idealen einer offenen und freien Gesellschaft widerspricht, wie sie Schweden symbolisiert.
Staat zahlt Hälfte der Hochzeitskosten

Heiraten am 19. Juni 2010: Kronprinzessin Victoria und Daniel Westling.
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Aber auch geradezu klassische Argumente werden gegen den Fortbestand der Monarchie angeführt, etwa die Kosten für den Unterhalt der Königsfamilie. Offiziellen Angaben zufolge sind für die Ausgaben der Monarchen in diesem Jahr mehr als 100 Millionen Kronen (10,5 Millionen Euro) an Steuergeldern veranschlagt. Die Hochzeit von Victoria mit ihrem langjährigen Freund Daniel Westling wird etwa 20 Millionen Kronen kosten, die Hälfte davon übernimmt der Staat.
Im Online-Netzwerk Facebook hat sich die Zahl der Anhänger einer Gruppe, die die "Privatisierung des Königshauses" fordert, innerhalb eines Monats auf mehr als 4000 verdoppelt. Neu ist der Trend nicht: Die Zahl der Schweden, die die Monarchie abschaffen wollen, hat sich Umfragen zufolge in zehn Jahren verdoppelt. Demnach ist mehr als jeder vierte Schwede gegen die Monarchie.
Nette Menschen mit Macht
Aber auch wenn Carl XVI. Gustaf wegen seiner angeborenen Lese- und Rechtschreibschwäche häufig verspottet wird - an den Mitgliedern der Königsfamilie liegt die sinkende Popularität der Monarchie offenbar nicht. "Wir mögen die Menschen", sagt Mona Broshammar, Generalsekretärin der Republikaner Schwedens, über die Königsfamilie. "Es sind sehr nette und freundliche Leute, sie tun niemandem etwas Schlechtes. Aber sie erben die Macht."
Opfer der Klatschepresse

Heiraten nun nicht mehr: Prinzessin Madeleine und ihr Ex-Verlobter Jonas Bergstrom (Archivbild vom 11.08.2009).
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Broshammar sieht die schwedischen Royals auch als Opfer der Klatschpresse. "Es gibt viele Medien, die mit der Königsfamilie viel Geld machen", sagt sie. "Und ich finde, sie übertreiben es." Denn auch wenn die Hochzeitspläne der eher diskreten Victoria die Boulevardmedien beschäftigen, war natürlich viel Platz, um über die Auflösung der Verlobung von Prinzessin Madeleine mit ihrem langjährigen Partner Jonas Bergström zu berichten - inklusive pikanter Details über eine angebliche Affäre Bergströms. Und ebenso genüsslich wurde ausgebreitet, dass eine Hochzeitseinladung nicht an die derzeitige Partnerin von Prinz Carl Philip, sondern an seine Ex verschickt wurde.
Die Flut an Klatschmeldungen ist nicht nur für die Mitglieder des Königshauses anstrengend. "Viele Leute haben ganz einfach genug", sagte Broshammar, deren Vereinigung eigenen Angaben zufolge 6000 Mitglieder und zehntausende Sympathisanten zählt. "Wenn sie zu uns stoßen, sagen sie: Ich kann nicht mehr, es ist Zeit, etwas zu ändern."
Quelle: ntv.de, Igor Gedilaghine, AFP