Wrestling-Spaß für die Familie Muskulöse Männer in Hotpants
16.04.2015, 11:58 Uhr
Alles aus dem Ring geprügelt - da darf man sich wohlverdient freuen.
(Foto: Leo Wenzlick )
Wrestling ist total Neunziger? Von wegen. Die Halle ist fast ausverkauft, als die Wrestling-Helden zum Showdown in Hamburg bitten. Um herauszufinden, was dieses Phänomen nach wie vor so spannend macht, mischte n-tv.de sich unters Publikum.
Christopher ist Weltmeister. Oder vielmehr sieht er aus wie einer: Über seiner Schulter trägt der Bremer den prächtig funkelnden WWE-World-Heavyweight-Champion-Gürtel von 2012. Nun ja, eine Kopie davon, um genau zu sein. Es ist Mittwochabend in der Hamburger O2 World, die Wrestling-Reihe "WWE Live" macht Halt in der Hansestadt und Christopher ist einer von vielen Fans, die dem fast ausverkauften Event höchst gespannt entgegenfiebern. "Ich bin seit zehn Jahren Fan, das ist jetzt meine fünfte Live-Show und ich muss sagen, es wird immer besser", schwärmt er. "Die Bühne, der Einlauf der Wrestler und die Leistungen, die sie bringen. Für mich ist das einfach perfekte Unterhaltung."
Es klatscht und knallt
Im Klartext sieht das dann so aus: Ein paar ziemlich muskulöse Männer in ziemlich kurzen Hotpants steigen in einen kleinen Ring und geben sich gegenseitig einen auf die Nuss. Zu den Stars gehören an diesem Abend der neue WWE World Heavyweight Champion Seth Rollins, der seinen Titel gegen Randy Orton verteidigt. United States Champion John Cena steigt gegen den Russen Rusev in den Ring, bei den beiden Halbbrüdern Golddust und Stardust, die aussehen wie aus dem Cirque du Soleil, bleibt der Kampf in der Familie, und die lustig angezogenen Mexikaner Lucha Dragons treten gegen das Duo The Acension an. Auch zwei Frauen sind dabei, was im Publikum – trotz der kurzen Hotpants - komischerweise nur für wenig Begeisterung sorgt. Sei's drum, sie alle klettern auf die Ring-Seile, legen waghalsige Sprünge hin, schlagen sich ins Gesicht und obwohl das live und in Farbe unrealistischer aussieht als im Fernsehen, knallt es beeindruckend laut, wenn sie zu Boden gehen.
Dabei scheint es lange so, als würde einer gewinnen, am Ende siegt aber meistens doch der andere. Wer, das steht bekanntlich schon im Vorfeld fest. Die Kämpfe sind gescriptet, es gibt sogar eine begleitende Storyline innerhalb und außerhalb des Rings, inklusive Feindschaften, Freundschaften, Intrigen und überraschenden Wendungen. Die Wrestler bekommen in dieser Action-Soap-Opera Charaktere auf den Leib geschrieben: Entweder sie gehören zu den Guten oder sie gehören zu den Bösen. Die Hamburger feuern ihre Favoriten trotzdem an, als ginge es um Leben oder Tod. Ist das nicht total langweilig und müßig, wenn sowieso schon alles entschieden ist? "Nö", findet Fabian, der extra aus Braunschweig angereist ist. "Denn wie der Kampf verläuft und was genau passiert, weiß man schließlich trotzdem nie. Mir geht es aber auch gar nicht so sehr um das Kämpfen, sondern viel mehr um die Show und die Stimmung hier. Das zieht ein einfach in den Bann."
In den Bann zieht das neben Fabian noch eine ganze Menge anderer Leute: Wer glaubt, Wrestling sei ein Relikt aus den Neunzigern, das lediglich ein paar Nerds hinter dem Ofen hervorholt, täuscht gewaltig. WWE ist nach wie vor ein weltweites Imperium, das durch TV-Übertragungen in 145 Ländern und 30 Sprachen über 500 Millionen Haushalte erreicht. 500 Millionen! Die Show "Raw", die jeden Montagabend im Fernsehen läuft, wird seit Januar 1993 ununterbrochen ausgestrahlt und ist damit das am längsten laufende wöchentliche TV-Programm in den USA.
Maria ist freiwillig hier und Orton prügelt
Entsprechend bunt gemischt ist auch das Hamburger Publikum: Anzugträger sitzen zwischen coolen Metal-Typen mit Iron-Maiden-Shirts und echten Hardcore-Fans. Manche haben ihre ebenfalls interessierten Freundinnen mitgebracht - Maria aus Pinneberg zum Beispiel ist "komplett aus freien Stücken hier" -, andere ihre Kinder. Einer von ihnen ist Michael aus Hamburg. Er ist mit seinem zehn Jahre alten Sohn Leon hier. "Als ich so alt war wie er, bin ich mit meinem Bruder und meinem Vater selbst zum Wrestling gegangen", erzählt er. "Das war noch zu der Zeit von Hulk Hogan. Ich glaube, das ist einfach so ein Männerding, das von Generation zu Generation geht." Die Live-Shows sind deswegen längst familienfreundlich: Stühle, Tische oder Leitern ziehen die Wrestler sich nicht mehr über den Kopf, stattdessen wird auch schon mal der eine oder andere Lacher eingebaut. Der Spaß für die vierköpfige Familie kostet dann 363 Euro und ein paar Zerquetschte. Plus stattliche sieben Euro fürs Parken.
Im Ring geht der Abend mittlerweile seinem Höhepunkt entgegen. Die Moves werden immer spektakulärer, als Seth Rollins, der "Bad Guy", und Randy Orton um den WWE-World-Heavyweight-Champion-Gürtel kämpfen. Das Publikum hält es kaum mehr auf den Plätzen, als die hinterhältigen Manager von Rollins plötzlich auf Orton einprügeln. Flog da etwa gerade ein Zahn? Oder war es nur Spucke? Egal, der Unparteiische greift ein - Rollins ist disqualifiziert. Orton rafft sich noch ein letztes Mal auf und prügelt kurzerhand alle drei aus dem Ring. Ende gut, alles gut.
Weitere Shows:
17. April, Dortmund, Westfalenhalle
18. April, Nürnberg, Arena Nürnberger Versicherung
Quelle: ntv.de