Reise in die Vergangenheit Sir Paul rockt in Berlin
04.12.2009, 14:54 UhrNach einem etwas müden Start hat Paul McCartney seine Berliner Fan-Gemeinde fest im Griff. Ein Beatles-Hit nach dem anderen verzückt die Zuschauer in der Arena.
Wer ein Paul McCartney-Konzert besucht, erhofft, nein: erwartet eigentlich einen Auftritt der Beatles. Sir Paul enttäuscht das Publikum nicht: Er zieht die Hosenträger stramm, sagt "Guten Abend, Berlin" und spielt einen Hit der Fab Four nach dem anderen.
Der Mann, der da überlebensgroß von den Videoleinwänden ins Publikum winkt, ist der erfolgreichste Musiker und Komponist der Popgeschichte. Und er ist das Problem des Mannes, der da unten viel kleiner auf der Bühne steht und die Songs spielt, die längst ein Eigenleben führen.
Die Erwartungen an Paul McCartney sind groß: Man will die Hits hören, mit denen man – egal welcher Generation man angehört – aufgewachsen ist, die unzählbare Male im Radio gespielt werden, die weltweit längst ins kulturelle Gedächtnis eingegangen sind.
"Magical Mystery Tour"
Zwei Drittel der Lieder, die er am Abend des 3. Dezembers in der Berliner Arena am Ostbahnhof spielt, stammen aus der Beatles-Ära. Schon der Auftakt mit den routinierten "Magical Mystery Tour" und "Drive My Car" verrät, wo es hingeht . Und nach zweieinhalb Stunden und fast drei Dutzend Songs entlässt er das aus halb Europa angereiste Publikum mit "Yesterday", einem irre kraftvollen "Helter Skelter" und "Sgt. Pepper‘s Lonely Hearts Club Band", das statt in "With A Little Help From My Friends" in "The End" mündet – in die Berliner Dezember-Nacht.
McCartney ist auf der Bühne nicht der begeisterndste Entertainer, aber er beherrscht alle Kniffe des Stadionrock. Er jongliert seine Gitarren über dem Kopf, wirft sich in Starpose und kommuniziert mit dem Publikum. "Alles dufte?", fragt er die Zuschauer und unterhält sie mit einigen abgelesenen Brocken Deutsch. Auch "Maccas" schelmischer Charme hat seine Wirkung. Im schwarzen Anzug mit weißem Hemd tritt er auf, um nach einigen Songs sein Jacket auszuziehen und – Hosenträger zu präsentieren.
Bass, Ukulele, Mandoline
Erstaunlich ist die Spitzbübigkeit mit der Sir McCartney noch immer agiert, mit welcher Freude er nach mehr als 50 Jahren Karriere noch auf der Bühne steht. Er wechselt permanent zwischen E-Bass, Akustik-Gitarre, Mandoline, Ukulele und Klavier. Er ist nicht der beste Gitarrist der Welt, aber wenn er sich die E-Gitarre umhängt, ist die Spielfreude greifbar.

McCartney singt in Berlin einen bekannten Beatles-Song nach dem anderen.
(Foto: picture alliance / dpa)
Der Verweis auf die Jahre der Fab Four ist allgegenwärtig. "Got To Get You Into My Life" wird mit Zeichentrick-Beatles auf der Videoleinwand begleitet. "Here Today" spielt er für John Lennon, "Something" von George Harrison widmet er dem 2001 verstorbenen Beatles-Gitarristen. McCartney beginnt den Song auf einer von Harrisons Ukulelen und mit dem kraftvollen Band-Einsatz startet im Hintergrund eine Collage mit Bildern des "stillen Beatle".
Je länger das Konzert dauert, desto mehr greift McCartney auf die Lieder der Liverpooler Band zurück: "The Long And Winding Road", "Blackbird", "And I Love Her", "Eleanor Rigby", "Back In The USSR", "I Got A Feeling", "Paperback Writer", "Day Tripper", "Lady Madonna", "Get Back" – Hit reiht sich an Hit.
Feuerwerk und Explosionen
Dieser Choreographie ist es zu verdanken, dass die Show nach einem eher müden Beginn an Fahrt aufnimmt. Einen ersten kraftvollen Höhepunkt erleben die Zuschauer mit "Band On The Run" aus den Solo-Jahren, gefolgt von "Ob-La-Di Ob-La-Da". Die späten Beatles- und frühen Solo-Songs liegen McCartney offenbar am besten. Den erdigen Rock traut man einem Sir kaum zu, er lässt die E-Gitarre aufheulen, setzt mehrmals zum Solo an, singt und schreit ins Mikrofon.
Danach hat "Macca" das Publikum fest im Griff. "A Day In The Life” verbindet er geschickt mit "Give Peace A Chance”, das die Zuschauer sogleich intonieren. Für "Let It Be" wechselt er ans Klavier, um es von einem schnellen, explosiven "Live And Let Die" folgen zu lassen. Der brachial und verzerrt gespielte James-Bond-Titel wird auf den Videoleinwänden von schnellen Schnitten und Explosionen begleitet, auf der Bühne von einem Feuerwerk, das die 13.000 Zuschauer in der komplett bestuhlten Arena von den Plätzen reißt. Die Stimmung ist auf dem Höhepunkt und McCartney stimmt einen weiteren Beatles-Hit an, der längst ein Eigenleben führt. Das ganze Publikum singt mit: "Na na na nananana nananana, hey Jude".
Quelle: ntv.de