Der Stachel des Pop25 Jahre Sting in geballter Form

Sting ist einer der profiliertesten Musiker der Gegenwart. Hervorgegangen aus dem "New Wave" Ende der siebziger Jahre hat sich der einstige Sänger und Bassist von The Police zu einem einflussreichen Singer/Songwriter entwickelt. Eine Prachtausgabe würdigt jetzt die nun schon 25 Jahre währende Solokarriere des Mannes aus dem nordenglischen Newcastle.
Er stammt – wie auch die Stimme der unvergessenen Animals, Eric Burdon - aus Newcastle, wo man das Englische fast mit schottischem Akzent ausspricht. Doch das hört man dem als Gordon Matthew Thomas Sumner Geborenen beim Gesang nicht an. Sein Bassspiel wäre durch jeden guten Studiomusiker ersetzbar. Aber – wie bei Burdon – ist es die Stimme. Um es mal mit einem der wenigen intelligenten Sätze von Bill Clinton zu sagen: "It’s the voice, stupid!" "The voice" - die Stimme. Rau, wie die Gegend aus der beide stammen. Fordernd, wie die Menschen dort, wenn es um ihr täglich Brot geht, fast flüsternd, wenn sie von der Liebe sprechen.
Eines unterscheidet Sting aber von seinem Landsmann: Er besitzt die beneidenswerte Gabe, Lieder zu schreiben. Am laufenden Band. Und jedes, na ja, fast jedes ist ein Zuckerstückerl. Und das meiste klingt anders als das zuvor komponierte.
Zu Beginn seiner Solokarriere hatte man manchmal den Eindruck, Sting wolle den dieser Tage 70 gewordenen Paul Simon kopieren. "Love Is The 7th Wave" klingt beim einstigen Frontmann der New-Wave-Band The Police wie ein Song von Simons "Graceland". Die Sehnsucht nach der verlorenen Band kommt an vielen Stellen dieser großartigen Reise durch Stings Geschichte durch. Nicht zuletzt, wenn der Mann, der durch einen schwarz-gelb quergestreiften und mithin an eine Biene erinnernden Pulli den Spitz- und schließlich Künstlernamen Sting, Stachel, bekam, in vorgenanntem Lied "Every breath you take, every move you make" flüstert.
Sting ist kein politischer Sänger. Aber er singt politische Songs. "Russians", zum Beispiel, in welchem er – zu Recht- meint, auch die Russen würden ihre Kinder lieben. Der Rezensent weiß nicht, ob Master Gordon je das Gedicht des genialen sowjetischen Dichters Jewgeni Jewtuschenko "Meinst du, die Russen wollen Krieg" gelesen hat. Aber "Russians" klingt ebenso überzeugend wie das Gedicht des Poeten, den Breschnew nicht mochte. Jewtuschenko. Ein Stachel gegen Politbürokraten. Sting. Ein Stachel gegen die Dummheit. Und dann ist dann noch das Lied über den "Englishman In New York". Ein Ohrwurm, der sogar Eingang in die Spiellisten des deutschen Dudelfunks gefunden hat. Was seiner Qualität keinerlei Abbruch tut. Im Gegenteil. Sting kann – fast – alles. Er reggaet, er jazzt, er rockt. Bei Police und solo. Weit mehr als ein Vierteljahrhundert. Und hoffentlich noch ein paar Jahre mehr. Chapeau, Sting, chapeau!
PS: Und wäre die wie ein Buch aufgemachte Prachtausgabe mit vielen, vielen Fotos ohne ein Gimmick: "Rough, Raw & Unreleased: Live At Irving Plaza". Das bisher unveröffentlichte Abschlusskonzert von Stings "Broken Music Tour" in den USA aus 2005 auf DVD.
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