Kino

Schneewittchen goes Jeanne d'Arc Charlize Theron als böse Königin

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So schön, so böse: Charlize Theron als Königin.

(Foto: AP)

Welche Frau hat sich das noch nicht gefragt: Wer ist wohl die Schönste im ganzen Land? Wir alle kennen das Märchen von Schneewittchen, den sieben Zwergen und ihrem Prinzen. In der Fassung von Rupert Sanders "Snow White and the Huntsman" jedoch begeben wir uns in die Kulisse von "Herr der Ringe" und treffen eine wunderschöne, aber fiese Charlize Theron.

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Dabei ist Obst essen doch gesund ....

(Foto: AP)

Sie betritt den Raum, und es wird heller. Sie lächelt, die Sonne scheint. Sie spricht – alle andere Stimmen erscheinen lächerlich piepsig neben ihrem warmen, voluminösen Timbre. Und ja, sie sieht verdammt gut aus, ein kleines bisschen verspannt vielleicht vom Interviewmarathon, aber ihre hohen Schuhe und der enge Rock geben ihr eine Haltung, die einer Königin würdig ist. Und Würde braucht Charlize Theron – hat sie in "Snow White and the Huntsman" doch die undankbare Rolle der bösen Königin übernommen. Sie selbst findet das jedoch gar nicht schlimm. So viel Brutalität steckt in dieser wunderschönen Frau - aber wenn sie darauf angesprochen wird, zuckt sie nur lakonisch mit den Achseln und sagt: "Nach all den Jahren kann ich Sie noch mit einer brutalen Rolle schockieren?", lächelt verheißungsvoll bis diabolisch und nimmt einen Schluck Tee.

Charlize Theron ist in Berlin, um ihren neuen Film zu promoten und sie tut das, was sie auch im Film tut: Sie hält Hof. Journalisten liegen der großen Blonden zu Füßen -  das müssen sie auch, denn sie wirkt zwei Meter groß in ihren High Heels, doch das, was sie sagt, klingt ab und an durchaus ganz volksnah.

Was ist schon fair?

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Die böse Stiefmutter schmiedet schon bei der Hochzeit schlimme Pläne.

(Foto: AP)

Ist es nicht unfair, das Alter mit Hässlichkeit und Jugend mit Schönheit zu vergleichen, wollen wir wissen. Und wieder dieser Blick, bei dem die langen Wimpern ganz langsam von unten nach oben schwenken, bevor die Pupillen einen festnageln: "Was ist schon fair?" Es fehlt nur noch, dass sie "Herzchen" hinzufügt, aber so gut kennen wir uns ja nicht. Sie lächelt milde, man ahnt, dass sie diese Frage schon a hundred times gefragt wurde, aber was liegt auch näher bei einem Thema, wo der Kernsatz sich um "Spieglein, Spieglein an der Wand, wer ist die Schönste im ganzen Land" dreht?

Die Sache mit dem Prinzen kannst du vergessen!

Bereits vor 200 Jahren erschienen die "Kinder- und Hausmärchen" der Brüder Grimm – und seitdem lesen Mütter ihren Töchtern vor, was die Jungs damals so verzapft haben. Heutzutage versäumt jedoch kaum eine Mutter, ihre Tochter dabei mit hochgezogener Augenbraue anzuschauen und ihr zu sagen: "Schätzchen, alles schön und gut, aber bitte beende die Schule und lern' was Anständiges, die Sache mit dem Prinzen kannst du aller Wahrscheinlichkeit nach knicken!" Doch die US-Amerikaner, bekannt für ihre über Jahrhunderte andauernde Interpretierwilligkeit von einmal gesagten oder aufgeschriebenen Dingen haben dem schönen "Schneewittchen" dieser Tage gleich zwei Denkmäler gesetzt: Tarsem Singh zeigt die eher durchgestylte, ironisch verspielte Version "Spieglein Spieglein" mit Julia Roberts und Lily Collins, Rupert Sanders geht deutlich härter zur Sache, und unsere Hollywood-Schönheit Charlize Theron spielt die wirklich durch und durch böse Königin. Sie trachtet dem in diesem Fall gar nicht so unschuldigen, sondern durchaus wehrhaften jungen Schneewittchen (Kristen Stewart)  nach dem Leben - weil der berühmte Spiegel – Sie kennen die Geschichte - sagt, dass die Jüngere die Schönere sei. Unfair!!

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Aus Schneewittchen wird eine unerschrockene Kämpferin.

(Foto: dpa)

Wie auch bei den Grimms kommt nun der Jäger (Chris Hemsworth, bekannt aus "Thor") ins Spiel. Von der Königin erpresst und zum Mord an Schneewittchen in den Wald geschickt, wechselt der wilde, schöne  Mann jedoch schon bald die Seiten. Hemsworth gelingt es, so viel Ehrlichkeit, Männlichkeit und ein gutes Herz durch sein versoffenes Äußeres blitzen zu lassen, dass wir unbedingt wollen, dass er das Schneewittchen am Ende bekommt und nicht der nette, aber langweilige ehemalige Spielgefährte, der ein echter Softie ist. Bevor es jedoch zum Ende kommt, gilt es, unerbittliche Kämpfe zu kämpfen, mit allen Raffinessen und Brutalitäten, die ein Märchenreich so hergibt für den Überlebenskampf.

Auf Wolke 7

Um auch mal eine paar erfreulichere Themen zu besprechen, lässt sich Charlize Theron im Ritz Carlton jedoch auf erstaunlich viele Fragen ein, die nichts mit dem Film zu tun haben. Und so erzählt sie dann ganz frisch und frei über ihre beiden Lieblingsstädte in Europa und ihre neue Rolle als Mutter. "Als ich 'Aeon Flux' gedreht habe, lebte ich sechs Monate in Berlin. Da habe ich die Stadt sehr gut kennengelernt. Es gibt nichts Schöneres, als im Sommer mit dem Fahrrad durch Berlin zu fahren." Stimmt. Die andere Stadt sei Prag. "Wenn ich durch diese Stadt laufe, fühle ich mich magisch. Ich habe dort zwei Monate mit meinen Hunden in einer kleinen Wohnung gelebt. Es war der erste Ort, der mich zum Malen inspiriert hat. Das klingt so lächerlich, weil ich wirklich keine Malerin bin ... - aber ich wollte einfach malen." Das Beste ist: man nimmt es ihr ab. Und während viele andere Hollywoodstars nicht über ihr Privatleben reden möchten, spricht Miss Theron – ja, sie soll tatsächlich Single sein -  bereitwillig über ihr neues Leben mit Baby Jackson. Sie hat vor einigen Monaten einen kleinen Jungen adoptiert, und danach gefragt, ob sie ihm auch Märchen vorlesen würde, antwortet sie schlagfertig: "Natürlich. Momentan kann ich ihm aber auch die Speisekarte vorlesen und er mag es."

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Der Regisseur Rupert Sanders (2.v.r.) drehte bisher nur Kurzfilme und Commercials.

(Foto: dapd)

Hat sie selbst denn viele Märchen gelesen? Theron: "Die Geschichten der Brüder Grimm habe ich als 16- oder 17-Jährige gelesen, aber ich  bin ja mit viel afrikanischer Volkskunde aufgewachsen." Sie lächelt und fügt hinzu: "Wir mögen unseren Aberglauben." Theron, die einen Oscar bekommen hat für eine Rolle, in der sie tatsächlich keine schöne Frau spielte ("Monster", die wahre Geschichte einer Mörderin) geht fest davon aus, dass die Türen in Hollywood für sie nicht leichter aufgehen, bloß weil sie als Schönheit gehandelt wird: "Schön sind doch viele! Aber ich glaube, dass Regisseure oder Produzenten etwas in mir sehen, das nicht nur mit meinem Äußeren zu tun hat. Es stimmt natürlich, dass es für Frauen in unserer Gesellschaft schwieriger ist, zu altern, als für Männer. Frauen sollten allerdings damit beginnen, ihre Stärke und ihr Selbstwertgefühl selbst in die Hand zu nehmen. Wir sollten den Wert auf etwas anderes als unser Aussehen legen. Ich bin froh, dass ich nie nach meinem Aussehen beurteilt worden bin. Meine Eltern gaben mir immer eine positive Bestätigung, wenn ich zum Beispiel im Sport gut war."

Geh' früher ins Bett!

Theron, die im Film wirklich immer wieder von einer jungen schönen Frau zu einer alten hässlichen – und umgekehrt – mutiert, hat inzwischen einen Eindruck gewonnen, wie es ist, alt zu sein und auch so auszusehen: "Als ich meiner Mutter mal ein Foto geschickt habe, wo ich schon auf alt geschminkt war, hat sie mich angerufen und gesagt, ich solle nicht immer so viel ausgehen und trinken. In meinem Alter sollte ich besser auf meinen Teint achten." Zapperlot, klingt so eine eitle Hollywood-Schönheit? Theron scheint doch sehr auf dem Teppich geblieben zu sein.

Und wie ist das bei ihrer Arbeit als Schauspielerin? Theron: "In meinem Job geht es nicht um Schönheit. Als Schauspielerin ist es meine Aufgabe, echte Menschen zu spielen, und die sind eben hässlich oder schön, klug oder dumm, witzig oder langweilig. Ich denke, wenn man meine Filme anschaut, kann man das sehen. Ich glaube, ich habe nie einen Job bekommen, nur weil ich schön bin. Du musst beweisen, dass du die Fähigkeit dazu hast. Es geht nicht nur um das Aussehen." Also dann - ihr Wort in Spielbergs, Scorceses oder Burtons Gehörgang.

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So einen Jäger würden wir auch gern mal im Wald treffen.

(Foto: dpa)

Die Königin in "Snow White & The Huntsman" ist nicht nur besessen von Schönheitswahn und Jugendkult, auch Rachegelüste spielen eine große Rolle. "Ich kenne dieses Gefühl eigentlich nicht," erzählt Theron. "Aber mich fasziniert es, herauszufinden, warum Menschen von Rachegefühlen getrieben werden." Ihre Darstellung im Film wirkt hingegen so, als hätte sie nie etwas anderes gemacht, als Rachegelüste zu haben: Theron spielt die verzweifelt und mit allen Mitteln gegen das Alter ankämpfende Königin wirklich überzeugend. Wie ihr über und über mit Milch bedeckter Körper aus dem vermeintlichen Verjüngungsbad auftaucht, ihr schwarzes Kleid sich in einen Schwarm Krähen verwandelt oder sie mit Krallen bewehrten Fingern Innereien von kleinen Vögelchen aufpickt und nascht - das ist schön und eklig, grausam und ästhetisch zugleich.

Nicht für Kinder

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Kristen Stewart ist vielleicht ein wenig blass, aber keineswegs verblasst sie.

(Foto: REUTERS)

Der Regisseur, Rupert Sanders, hatte  freie Hand beim Drehen. "Schneewittchen" ist sein erster großer  Spielfilm, vorher war er Werbefilmer und hat Kurzfilme gemacht. Gefragt, für wen er den Film gedreht habe, sagt er: "Für alle. Außer für Kinder." Die Szenen sind teilweise wirklich hart und schauderhaft, aber auch gekonnt und überzeugend. Die Spezialeffekte sind superb: Um das Altern aufzuhalten, saugt die Königin jungen Mädchen die Jugend aus dem Leib und schon wird die Haut wieder wunderbar glatt. Der dunkle, bedrohliche Wald, in den sich Schneewittchen flüchtet, erwacht tatsächlich zum Leben und wird zur tödlichen Falle für den einen oder anderen Verfolger. Ihr Spiegel erinnert an losgelassenes, frei fließendes Quecksilber, nur eben in Gold. Und ihre langen Finger verfügen über die Gabe, Narben heilen zu lassen, sobald sie diese berührt - was sie oft und gern im Falle ihres ihr ergebenen Bruders macht.

Eindringlich bittet Sanders darum, das Ende des Films nicht zu verraten. Kein Problem - erwähnt sei nur noch, dass  Sanders einen wirklich exzellent inszenierten und prall ausgestatteten Abenteuer-, Fantasy- und Actionfilm bietet, der es mit aufwendigen Produktionen à la "Herr der Ringe" absolut aufnehmen kann. 

Noch ein paar Worte zu Kristen Stewart, die zart und blass daher kommt, so wie wir sie aus "Twilight" kennen: Die junge Schönheit entwickelt durchaus auch hier Biss und wird zur entschlossenen Kampf-Amazone. Vielleicht hätte sie noch eine Schaufel drauflegen sollen, aber als sie sich gegen Ende die Ritterrüstung anzieht und die Märchen-Truppen aus Halbstarken, Rittern der Kokosnuss und Zwergen in die Schlacht gegen die böse Königin führt, gewinnt ihre Darstellung.

Am Ende siegt natürlich das Gute. Aber auch wenn angebissener Apfel, Kuss und alle Grimm’schen Zutaten samt supersüßen Zwergen einen denken lassen wollen, dass man das Ende kennt, so hat sich der Regisseur, dessen Humor eher leise daher kommt, etwas anderes ausgedacht. Und das sollten Sie sich dann bitte selbst angucken.

"Snow White and the Huntsman" läuft ab 30.5. in den deutschen Kinos.

Quelle: ntv.de, mit dpa

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