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Psst, wollen Sie ein(en) Zedd kaufen? Der Superstar, den keiner kennt

Jung, sympathisch und enorm erfolgreich: Zedd alias Anton Zaslavski.

Jung, sympathisch und enorm erfolgreich: Zedd alias Anton Zaslavski.

(Foto: Alexander Eggebeen / Universal Music)

Er produziert Lady Gaga. Er arbeitet mit Justin Bieber, P. Diddy oder den Black Eyed Peas. Er ist der Schützling von DJ-Hipster Skrillex. Er tritt bei Letterman auf. Und er heizt Tanzflächen auf der ganzen Welt ein. Kurzum und ohne Flachs - er ist ein Superstar: Zedd alias Anton Zaslavski, 23, aus dem schönen Kaiserslautern. Nur in seinem Heimatland kennt ihn kaum einer. Irre.

Nein, deutsche DJ-Urgesteine wie Paul van Dyk, Westbam oder Sven Väth sind keine Inspirationsquelle für Zedd. "Ohne das böse zu meinen: Das waren sie nicht und werden sie wahrscheinlich auch nicht sein", sagt er im Gespräch mit n-tv.de. Wer wollte es ihm auch verdenken? Schließlich ist der Junge gerade erst 23 Jahre jung. Und so bringt er es selbst auf den Punkt: "Das war einfach vor meiner Zeit. Als ich als DJ angefangen habe, bin ich musikalisch in der Ära von Deadmau5 oder Skrillex aufgewachsen. Zurückgeschaut habe ich nie. Und ich will das auch nicht. Ich will einfach mein eigenes Ding machen."

Der heute 23-Jährige begann seine Musikkarriere in einer Rockband.

Der heute 23-Jährige begann seine Musikkarriere in einer Rockband.

(Foto: Nick Walker / Universal Music)

Sein eigenes Ding war dabei zunächst eigentlich Rockmusik. Zusammen mit seinem Bruder spielt der als Anton Zaslavski in Russland geborene und in Kaiserslautern aufgewachsene Teenager in einer Metal-Band. Ein gewisses musikalisches Talent scheint ihm dabei in die Wiege gelegt worden zu sein, seine Eltern sind beide ebenfalls Musiker. Sein Vater habe früher in einer Band gespielt, mit der er in Kneipen Song-Wünsche erfüllt habe, erläutert Zedd. Später habe er Musik studiert und arbeite nun als Lehrer. Seine Mutter indes habe Klavier- und Keyboard-Unterricht gegeben. "Aber meine Eltern hatten nun in dem Sinne keine Karriere als Künstler", sagt der 23-Jährige.

Die Karriere hat stattdessen er gemacht. Und was für eine. Dafür musste er allerdings erst einmal die Trommelstöcke, die er zur Hardcore-Mucke geschwungen hatte, aus der Hand legen. Als Heranwachsendem hatte ihn schon das 2001 erschienene "Discovery"-Album der französischen Electro-Pioniere Daft Punk beeindruckt. Ein wirkliches Aha-Erlebnis bescherte ihm einige Jahre später jedoch erst die "Cross"-Scheibe des ebenfalls aus Frankreich stammenden DJ-Duos Justice. "Das ist ein Phänomen. Zu meiner Band-Zeit hat sich in meinem Freundeskreis niemand wirklich Electro angehört. Aber Justice fanden seltsamerweise alle gut", sagt Zedd. Der Grund dafür sei wohl, dass deren Musik nicht auf Beats und Klängen aufgebaut sei, sondern auf musikalischen Motiven und Riffs. "Das mache ich genauso. Ich bin das aus Band-Zeiten so gewöhnt. Ich glaube, wenn man mal organische Musik mit Instrumenten gemacht hat, schreibt man Musik anders."

Die Familie Skrillex

Ein weiteres Mal fällt in diesem Zusammenhang der Name von Skrillex - jenem DJ aus Los Angeles, der in jüngerer Zeit als der so ziemlich heißeste Scheiß in der Electro-Szene gilt und allein in den vergangenen beiden Jahren sechs Grammys abgeräumt hat. "Skrillex ist ein sehr ähnliches Phänomen - mit ihm können auch viele, die Metal hören, etwas anfangen", erklärt Zedd. "Er hat einmal gesagt, unser beider Musik sei sehr ähnlich, obwohl sie komplett unterschiedlich klingt. Ich kann das vollkommen nachvollziehen." Auch Skrillex, der im wahren Leben Sonny John Moore heißt, hat seine musikalische Karriere einst in einer Rockband begonnen.

Mit ihn verbindet Zedd so etwas wie eine Seelenverwandschaft: DJ-Shooting-Star Skrillex.

Mit ihn verbindet Zedd so etwas wie eine Seelenverwandschaft: DJ-Shooting-Star Skrillex.

(Foto: Ethan Saks / Warner Music)

Bei Skrillex, das kann man spüren, schwingt bei Zedd etwas mit. Vielleicht keine Ehrfurcht, aber Hochachtung. Kein Wunder, schließlich ist der knapp zwei Jahre ältere US-Amerikaner eine Art Mentor des Deutschen. Nachdem er sich mit Hilfe der Audio-Software Cubase der elektronischen Musik Schritt für Schritt genähert hatte, schickte der Kaiserslauterner via MySpace einen Song-Schnipsel an den damals ebenfalls noch als Newcomer geltenden Skrillex. "Ich habe keine Antwort erwartet - es hat ja sonst auch niemand geantwortet", erinnert sich Zedd lachend. Doch Skrillex antwortete binnen 15 Minuten: Er habe in einer Stunde ein Konzert und wolle gern Zedds Lied dort spielen. Nicht nur der Beginn einer Freundschaft, sondern auch der einer professionellen Zusammenarbeit - wenig später machte der Deutsche Remixe für den US-Amerikaner und ging mit ihm auf Tour. Heute teilen sich die beiden auch das Management. "Im Prinzip sind wir eine Familie", sagt Zedd.

Eine gewisse Verwandtschaft verbindet ihn mittlerweile auch mit einer Lady. Und zwar mit keiner Geringeren als Lady Gaga. Der Plattenboss der Popdiva brachte sie mit dem DJ in London zusammen. Eher lose stellte die Sängerin daraufhin eine Zusammenarbeit in Aussicht. "Ich dachte mir: Ja, klar. Das sagt sie wahrscheinlich zu jedem 23-Jährigen, der gerade aufstrebt und sie mal kennenlernt", beschreibt Zedd sein damaliges Gefühl. Doch wenig später habe er ihr instinktiv einen neuen Song von sich geschickt: "Für mich war es das Beste, das ich jemals gemacht hatte. Ich hatte erst überlegt, ob ich es für mich selbst benutzen soll. Aber dann entschieden wir uns, es sie zumindest mal anhören zu lassen." Mit durchschlagendem Erfolg. Lady Gaga griff prompt zum Telefon und erklärte ihrem Labelboss: "Ich will, dass er mein Album macht. Du musst ihn unter Vertrag nehmen." Seither teilen sich Zedd und die Pop-Queen die gleiche Label-Familie.

Lady Gaga ohne Schminke

Natürlich kommt Zedd im Interview nicht darum herum, dass man ihn ein wenig zu Lady Gaga auszuquetschen versucht. Dass er ihre Handynummer hat, hat er vor Kurzem bereits einem Kollegen von der taz verraten. Auf den Vorschlag, sie doch mal schnell anzurufen, springt er - warum nur? - jedoch nicht so recht an. "Das machen wir besser nicht", erklärt er lachend. Aber natürlich stand er mit ihr in Kontakt, als sie vor Kurzem ihre Tour abbrechen und sich an der Hüfte operieren lassen musste. Es sei wichtig, dass sie sich mal eine Auszeit nehme, meint Zedd und weiß zugleich: "Es wird alles wieder gut."

"Ein ganz normaler Mensch" sei Lady Gaga, so Zedd.

"Ein ganz normaler Mensch" sei Lady Gaga, so Zedd.

(Foto: Universal Music)

Und wie ist das Enfant terrible so hinter den Kulissen? "Es gibt da nicht so viel aus dem Nähkästchen zu plaudern", versichert Zedd. "Sie ist ein ganz normaler Mensch. Natürlich ist sie, was Mode angeht, extrem. Ich finde es lustig, aber ich verstehe nichts von Fashion." Vielmehr kenne er sie als "sehr musikalischen Menschen", mit dem er jederzeit und überall an Musik schrauben könne. Und das "ohne Fashion und Schminke". Heißt das etwa, dass sie nicht mit dem Fleischkleid ins Studio kommt? "Ha, den Witz habe ich ihr gegenüber auch schon gebracht", kontert Zedd die Frage.

"Artpop" soll der Titel des dritten regulären Studioalbums von Lady Gaga lauten, das noch 2013 erscheinen soll. Zwar habe er mit der Sängerin den Grundstein für die Arbeit daran gelegt. Aber natürlich werde er nicht für alle Songs darauf verantwortlich zeichnen, rückt Zedd Aussagen gerade, er sei "der" Produzent des Albums: "Inzwischen gibt es auch noch andere Produzenten, die Lieder gemacht haben." Dennoch: Am Ende könnten nach Zedds Einschätzung bis zu fünf oder sechs Stücke auf "Artpop" auf ihn zurückgehen. Und zwar nur auf ihn: "Ich bin kein Freund von Kompromissen. Wenn ich ein Lied mache, dann mache ich es und sonst keiner. Das weiß und akzeptiert sie auch."

Der Junge von nebenan

Ja, klar, Lady Gaga nimmt einen gewichtigen Stellenwert in der bisherigen Karriere des Jungen aus Kaiserslautern ein. Nicht unterschlagen sollte man allerdings, dass Zedd mittlerweile auch schon für viele andere Popgrößen Songs geschrieben, produziert oder Remixe gemacht hat - von Nicki Minaj und Eva Simons über die Black Eyed Peas und P. Diddy bis hin zu Ellie Goulding und Justin Bieber, an dessen Lied "Beauty And A Beat" er mitgewirkt hat. Ein Selbstläufer, sobald man einmal den Fuß in der Tür des Musikgeschäfts hat? "Ein Stück weit ja, wenn man ehrlich ist", räumt Zedd ein. "Wenn man einen Hit hat, wie ich jetzt mit Justin Bieber, geht es zu einem gewissen Grad von alleine."

Ende 2012 veröffentlichte Zedd sein Debütalbum "Clarity".

Ende 2012 veröffentlichte Zedd sein Debütalbum "Clarity".

(Foto: Nick Walker / Universal Music)

Mit "Clarity" legte Zedd Ende 2012 zudem sein erstes eigenes und von der Kritik überwiegend positiv aufgenommenes Album vor. Dass sich der kommerzielle Erfolg dieses Debüts - das Album schaffte es bis auf Platz 38 der US-amerikanischen Billboard-Charts - in Grenzen hielt, wird Zedd wohl keine schlaflose Nacht bereiten. Spätestens dann nicht, wenn er gerade wieder einmal bei einer seiner Shows irgendwo auf dem Globus zehntausenden Tanzwütigen eingeheizt hat.

Nur ungern möchte sich der DJ in eine musikalische Schublade wie die der "Electronic Dance Music" (EDM) pressen lassen. Er wolle auch künftig die Freiheit haben, Musik jenseits des ihm zugeschriebenen Rasters zu machen, betont er. Eine Kostprobe davon gab er etwa in der Late-Night-Show von David Letterman. Dort präsentierte er den von Gastsängerin Foxes gesungenen Titelsong seines Albums mit einem Orchester, das er am Flügel begleitete. Von diesem Auftritt in einer der renommiertesten TV-Sendungen der USA erzählt Zedd geradezu wie beiläufig. Überhaupt fällt es schwer, sich einen sympathischeren und bodenständigeren Gesprächspartner als ihn vorzustellen. Wenn Zedd einem gegenübersitzt, wirkt er wie der nette Nachbarsjunge von nebenan.

Eine Frage der Zeit

Doch, das dürfte wohl inzwischen jedem aufgegangen sein, das ist er längst nicht mehr. Mal ganz abgesehen davon, dass es derzeit ohnehin schwierig wäre, ihn zur Nachbarschaft zu zählen. Denn Zedd hat keine Wohnung. So viel, wie er zuletzt unterwegs war, hätte sich eine feste Bleibe nicht gelohnt. Dennoch sucht er nun ein Quartier. Am besten gleich ein ganzes Haus. "Ich möchte die Möglichkeit haben, zu jeder Uhrzeit Musik zu machen", erklärt er. Und wenn die Nachbarn nicht taub seien, dann käme dafür eigentlich nur das eigene Dach über dem Kopf infrage.

Mit Rockmusik und Bandkonzerten hat Zedd für sich weitgehend abgeschlossen. "Ich will damit allerdings nicht sagen, dass die Musik schlecht wäre oder so", betont er. Nur Muse, die würde er sich gerne noch einmal live ansehen. Und am liebsten mit ihnen gleich noch einen Song produzieren. Oder aber mit Adele. Dass das demnächst durchaus passieren könnte, ist sicher nicht völlig unwahrscheinlich. Und welche Vision hat Zedd für die spätere Zukunft, wenn er etwa einmal wie Paul van Dyk heute 41 Jahre alt sein sollte? "Wenn ich 41 bin, will ich unfassbar viel zeitlose Musik geschrieben haben", sagt er schmunzelnd. "Ich will mit sehr vielen Künstlern zusammengearbeitet haben. Und ich will an einem Punkt sein, an dem ich mich einfach mal für ein halbes Jahr ins Studio zurückziehen und Dinge ausprobieren kann. Ich will mehr Zeit haben."

Noch gibt es für ihn allerdings keine Zeit zu verlieren. Zumal in seinem Heimatland. Als er in einem kleinen Club in Berlin auflegt, hat er das Publikum im Handumdrehen im Griff. Die Menge tobt. Nur: Die Menge besteht vielleicht aus gerade mal 200 bis 300 Leuten. Letztlich bleibt also lediglich eine Frage, die man dem Superstar Zedd noch stellen muss. Woran liegt es, dass ihn ausgerechnet hierzulande bislang kaum einer kennt? Zedd gerät ins Grübeln: Vielleicht daran, dass er erst so wenige Shows in Deutschland gemacht hat? Oder daran, dass er hier noch nicht mit Skrillex oder Deadmau5 auf Tour war? Oder daran, dass er sich musikalisch nicht am deutschen Markt orientiert? Am Ende blickt er einen ratsuchend an: "Das ist eine gute Frage: Woran liegt das?"

Das Album "Clarity" von Zedd bestellen

Quelle: ntv.de

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