Preise für "Kreuzweg" und Wes Anderson Goldener Bär der Berlinale geht nach China
15.02.2014, 20:53 Uhr
Wieder einmal schlägt die Berlinale-Jury Zuschauern und Kritikern ein Schnippchen. Nicht der große Favorit gewinnt den Goldenen Bären, sondern der chinesische Film "Bai Ri Yan Huo". Zwei Deutsche werden für das beste Drehbuch geehrt. Doch auch eine deutsche Co-Produktion räumt ab.
Der Goldene Bär der 64. Berlinale geht nach China. Die Jury der Internationalen Filmfestspiele Berlin zeichnete den Krimi "Bai Ri Yan Huo" (Schwarze Kohle, dünnes Eis) von Yinan Diao mit dem Hauptpreis des Festivals aus.
Damit entschied sich die Jury unter Vorsitz des Filmproduzenten James Schamus gegen den Favoriten von Publikum und Kritik. Erklärter Liebling der Festivalbesucher war Richard Linklaters Drama "Boyhood". Der US-Amerikaner wurde für sein Langzeit-Spielfilmprojekt über einen Heranwachsenden aus Texas aber mit dem Preis für die beste Regie geehrt. Linklater hatte den Film im Laufe von zwölf Jahren realisiert, immer mit denselben Schauspielern. Diese authentische Darstellung des Alterns hatte ihm viel Lob eingebracht.
Der Große Preis der Jury ging an Wes Andersons "Grand Budapest Hotel". Die turbulente Komödie mit Stars wie Ralph Fiennes, Willem Dafoe und Tilda Swinton hatte das elftägige Festival eröffnet. Die deutsche Co-Produktion war vor allem im sächsischen Görlitz entstanden, aber auch in Dresden und Babelsberg wurde gedreht.
Die Deutschen holten einen Silbernen Bären in der Kategorie bestes Drehbuch: Die Geschwister Anna und Dietrich Brüggemann nahmen die Auszeichnung für das Drama "Kreuzweg" entgegen. Ein verdienter Preis für das formal strenge, an den 14 Stationen des Kreuzweges von Jesus Christus orientierte Werk. "Es war für uns so wichtig, diesen Film zu machen", sagte Anna Brüggemann. Die Auszeichnung sei eine Ermutigung, weiter Filme zu drehen, meinte ihr Bruder. Ihr Film erzählt von einem 14-jährigen Mädchen, das der strengen katholischen Lehre der Pius-Bruderschaft folgt. "Kreuzweg" erhielt außerdem den Preis der Ökumenischen Jury.
Drei Bären gehen nach China
Die großen Gewinner der Berlinale sind aber chinesische Filmemacher, die insgesamt drei Bären erhielten: Der 40-jährige Fan Liao, Hauptdarsteller der im Stil des Film noir gedrehten Detektivstory "Bai Ri Yan Huo", wurde auch als bester Schauspieler geehrt. Der Film um die Aufklärung mehrerer brutaler Morde ist ein düsteres Puzzle aus Liebe, Rache und sexueller Gier in einer Gesellschaft ohne Moral. "China ist in einer Zeit großer Wandlungen. Manche Verbrechen wirken auf mich wie Spiegel unserer Gegenwart", sagte Filmemacher Yinan Diao. Zugleich betonte er in Berlin: "Eine besondere politische Bedeutung hat der Film nicht." Bei der Preisverleihung war er sichtlich bewegt.
Der Film handelt von der Aufklärung grausiger Morde. Es geht um Rache, Liebe und Sex. Der Titel "Schwarze Kohle, dünnes Eis" spielt auf entscheidende Schauplätze an: Kohletransporter und eine Eislaufbahn. Bezüge zu konkreten Ereignissen hat der Film nicht. Allerdings gestand Yinan Diao ein: "Als wir das Drehbuch 2005 geschrieben haben, gab es einige Kriminalfälle in China, die uns sicherlich beeinflusst haben."
Stilistisch lehnt sich der überwiegend in kalten Winterbildern gehaltene Krimi an das Genre des Film noir der 1940er Jahre in Hollywood an. Die Bilder werden von scharf herausgearbeiteten Schatten dominiert, die Akteure agieren äußerst kühl, die Dialoge sind knapp und pointiert. Dabei geht Yinan Diao beim Zeigen von Gewalt sehr viel weiter als Regisseure wie Billy Wilder, John Huston oder Otto Preminger einst in Hollywood. Für eine Mordszene mit Schlittschuhen etwa braucht der Zuschauer recht starke Nerven.
Beste Darstellerin kommt aus Japan
Auch der Preis für die beste Kamera ging in diesem Jahr nach China: Jian Zeng erhielt den Preis für seine Bilder zu dem Drama "Tui Na" (Blinde Massage) über die blinden und sehbehinderten Angestellten in einem Salon für medizinische Massagen. Der Goldene Bär war zuletzt im Jahr 2007 mit "Tuyas Hochzeit" von Wang Quan'an an einen chinesischen Film vergeben worden.
Den Silbernen Bären als beste Schauspielerin erhielt im Berlinale-Palast am Potsdamer Platz die 23-jährige Japanerin Haru Kuroki für ihre Rolle eines Dienstmädchens in "Chiisai Ouchi" (Das kleine Haus) von Yoji Yamada. In dem Film, der vor dem Hintergrund des Zweiten Weltkriegs spielt, gerät die Angestellte in Gewissensnöte, als sie herausfindet, dass die Dame des Hauses eine Affäre mit einem Kollegen ihres Mannes hat, für den sie auch selbst Gefühle hegt.
Auch der 91-jährige französische Regie-Altmeister Alain Resnais bekam eine Ehrung. Seine Komödie "Aimer, boire et chanter" (Lieben, Trinken und Singen) wurde mit dem Alfred-Bauer-Preis ausgezeichnet, benannt nach dem ersten Berlinale-Direktor.
Quelle: ntv.de, mli/dpa