Afghanistan ist nur der Anfang "The Veteran": Welcome to the warzone
18.10.2011, 11:46 Uhr
"The Veteran" in Action.
(Foto: Pandastorm Pictures)
Vor zehn Jahren stürzen die Zwillingstürme in New York und die westliche Welt zieht in den "Krieg gegen den Terror". Hauptschauplatz ist Afghanistan - aber auch "vor unserer Haustür" gibt es Einschläge. Wer zieht die Fäden? Wer steckt dahinter? Es ist Zeit für einen politisch hochbrisanten Film.
"Das Ordnungsprinzip für jede Gesellschaft ist der Krieg. Die Autorität eines Staates über sein Volk beruht auf seiner Kriegsmacht. Heute geht’s um Öl, morgen um Wasser. Das sind die Königsdisziplinen des Geschäftsmachens: Waffen, Öl und Drogen. Aber wir haben da ein Problem: Friedliche Zeiten sind Gift für uns. Frieden ist gleichbedeutend mit Stillstand. Deshalb stützen wir die Weltwirtschaft künstlich durch Zerstörung. Wir können nur weiterhin Geld machen, wenn die Welt in Flammen steht. Aber damit es funktioniert, dürfen die Menschen das nicht wissen. Wir haben spezielle Auslöser erschaffen: den Anschlag auf das World Trade Center, den Anschlag auf die Londoner U-Bahn, Massenvernichtungswaffen. Eine Bevölkerung, die in ständiger Furcht vor Terror lebt, stellt keine Fragen. Unser Wunsch nach Krieg wird der Wunsch des Volkes. Es bringt gern Opfer für seine Sicherheit. Sehen Sie, Furcht ist die Rechtfertigung. Furcht ist Kontrolle. Furcht ist bares Geld."
Lassen Sie die Worte auf sich wirken. Denken Sie kurz an die Brandanschläge auf die Deutsche Bahn in Berlin, an die Unruhen in London oder auch an die jüngsten Anschuldigungen aus der US-Regierung in Richtung des Iran. Was würde nun passieren, wenn Barack Obama, Angela Merkel, Nicolas Sarkozy oder David Cameron diese Worte direkt an Sie richteten? Schockierende Vorstellung, nicht wahr? In dem englischen Politthriller "The Veteran" von Regisseur Matthew Hope ("The Vanguard") kommt dieser Monolog aus dem Mund eines hohen und zwielichtigen Regierungsbeamten, fantastisch dargestellt von Brian Cox ("Bourne Ultimatum"). Er spielt ein mehr als doppeltes Spiel im nicht enden wollenden Kampf gegen den Terror. Dabei soll ihm der Ex-Soldat Robert Miller (Toby Kebbell; "Rock N Rolla") helfen.
"Rambo" lässt grüßen

Ein ganzes Leben in zwei Taschen: Robert Miller (Toby Kebbel) kehrt aus Afghanistan zurück.
(Foto: Pandastorm Pictures)
Als Miller nach Jahren des blutigen Kampfes für die Ziele seines Vaterlandes - für die er "Hunderte" Menschen erschossen hat - aus Afghanistan zurückkehrt, ist er traumatisiert vom Krieg und desillusioniert von der Realität in seinem Heimatland. Sein Wohnviertel im Süden Londons ist heruntergekommen. Eine gewalttätige Drogenbande hat das Sagen und terrorisiert die Bewohner. Sie rekrutiert ihre Mitstreiter bereits im Grundschulalter und rüstet sie auch mit Schusswaffen aus. Der Großteil der Gang besitzt einen Immigrationshintergrund.
Miller sieht die Probleme, versucht aber erst einmal sich selbst und sein Leben halbwegs in den Griff zu bekommen: Er sucht einen Job. Doch für einen zurückgekehrten Soldaten gibt es keine, das weiß der Zuschauer schon seit "Rambo".
Terrorismus oder Politik?
Als ihn ein alter Waffenbruder - ("Fallschirmjäger sterben nicht. Sie sammeln sich in der Hölle") - mit dem Agenten Chris Turner (Tony Curran; "Cat Run", "Ondine") und dem Regierungsbeamten Gerry Langdon (Brian Cox) bekanntmacht und diese ihm einen "Job" anbieten, schlägt Miller zu. Seine neue Mission lautet: Ausspionieren einer islamistischen Terrorzelle in London, um mögliche Anschläge ebendieser zu verhindern.
Gesagt, getan. Doch aus dem Routinejob wird bald ein verwirrendes Katz-und-Maus-Spiel. Miller findet heraus, dass die Zelle bereits von Turners Leuten infiltriert ist - durch die schöne Agentin Alayna (Adi Bielski; "Das Salz der Erde"). Turner, der Miller das verschwiegen hat, ist sich jedoch nicht sicher, ob Alayna nicht schon längst für den "islamistischen Feind" arbeitet. Miller bleibt dran und verfängt sich in einem immer feinmaschigeren Netz aus Widersprüchen. So scheint es, dass Turner die Terrorzelle mit Waffen versorgt. Zudem gibt es Verbindungen zum pakistanischen Geheimdienst und zur CIA. Als Miller dann auch noch selbst ins Fadenkreuz gerät und zum lebenden Zielobjekt wird, greift er zur Waffe und startet einen privaten Feldzug - gegen Turner und auch gegen die Drogenbande in seinem Viertel, die irgendwie ihre Finger mit in diesem dreckigen Spiel um das "große Ganze" zu haben scheint.
Brisantes Thema, gekonnt in Szene gesetzt
"The Veteran" ist ein Verschwörungsthriller par excellence. Er greift das immer noch brandaktuelle Thema Terrorismus auf und bearbeitet es so intensiv und gesellschaftskritisch, wie es "Four Lions" auf komödiantische Weise getan hat. Die Dialoge sind zum Großteil kurz gehalten, was der Spannung und dem Spielfluss zugutekommt. Toby Kebbell brilliert sowohl als traumatisierter Kriegsheimkehrer zu Beginn des Films, wie auch als in sich ruhender Racheengel an dessen Ende. Tony Curran traut man während des kompletten Films keine Sekunde über den Weg - und Brian Cox ist, wie nahezu fast immer in seinen Filmen ("R.E.D.", "The Flying Scotsman"), über jeden Zweifel erhaben. Auch Adi Bielski spielt die Rolle der hin- und-hergerissenen Alayna durchaus überzeugend.
Hopes politisch brisanter Film startet mit ergreifend realistischen Bildern eines heruntergekommenen Londons - erinnert damit auch an den Thriller "Harry Brown" - und endet mit einer verstörend intensiven Gewaltsequenz, die fast acht Minuten dauert und jedem Ego-Shooter zur Ehre gereichen würde. Millers tödlich präziser "Amoklauf" am Filmende bietet Stoff für stundenlange Diskussionen - ebenso wie Turners Monolog über Furcht, Macht und Geld.
"The Veteran" lief umjubelt auf dem "Fantasy Filmfest 2011" und hat durchaus das Zeug, zu einem Klassiker zu werden - wie "V - wie Vendetta" oder eben auch "Harry Brown".
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Quelle: ntv.de