Orban nicht beim Votum dabei EU eröffnet Beitrittsverhandlungen mit Ukraine
14.12.2023, 18:31 Uhr Artikel anhören
Nach dem Beschluss rücken die Ukraine und die EU noch näher zusammen.
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Nach der Veto-Drohung des ungarischen Premiers Orban kommt es beim EU-Gipfel in Brüssel zur überraschenden Wende. Die Union beschließt, Beitrittsverhandlungen mit der Ukraine und Moldau zu beginnen. Präsident Selenskyj begrüßt die Entscheidung als einen "Sieg für ganz Europa".
Die Europäische Union hat nach Angaben von EU-Ratspräsident Charles Michel entschieden, EU-Beitrittsverhandlungen mit der Ukraine und mit Moldau zu beginnen. Das teilte er auf der Plattform X mit. Zudem soll Georgien den Status eines EU-Beitrittskandidaten bekommen, wie Michel mitteilte. Mit Bosnien und Herzegowina werde die EU Verhandlungen aufnehmen, "sobald das erforderliche Maß an Übereinstimmung mit den Beitrittskriterien erreicht ist", hieß es.
Die Einigung kam überraschend, nachdem Ungarns Ministerpräsident Viktor Orban zuvor noch seinen Widerstand gegen die Aufnahme der Beitrittsverhandlungen mit Kiew angekündigt hatte. Aus EU-Kreisen hieß es, Orban habe seine Blockade aufgegeben. Dies wurde allerdings nur durch einen gesichtswahrenden Trick möglich, wie es aus anderer Quelle hieß: Orban sei nicht im Saal gewesen, als der Text angenommen wurde. Das Vorgehen sei aber mit ihm abgesprochen gewesen. Bis auf Ungarn hatten sich alle Mitgliedsländer zu Gipfelbeginn für die Aufnahme von Beitrittsverhandlungen stark gemacht. Orban begründete zuvor seine Blockadehaltung mit Reformauflagen, die die Ukraine noch nicht erfüllt hat.
Auf Facebook distanzierte sich der ungarische Regierungschef von der EU-Gipfeleinigung. In einem geposteten Video sprach er von einer "völlig sinnlosen, irrationalen und falschen Entscheidung". Er habe sich der Stimme enthalten. "26 andere Länder haben darauf bestanden, dass diese Entscheidung getroffen wird", sagte Orban. "Daher hat Ungarn beschlossen, dass, wenn 26 andere Länder dies tun, sie ihren eigenen Weg gehen sollten." Orban sei mit der Entscheidung zwar nicht einverstanden gewesen, sagte Irlands Regierungschef Leo Varadkar. Er habe aber beschlossen, sein Vetorecht nicht zu nutzen. "Wir haben nun diese Vereinbarung getroffen und Ungarn hat beschlossen, nicht zu blockieren."
Befürworter einer positiven Entscheidung hatten zuvor beim Gipfel darauf hingewiesen, dass der Start von EU-Beitrittsverhandlungen vor allem ein symbolischer Schritt sein soll. "Es wird ohnehin viele Jahre dauern, bis der Beitritt stattfinden wird", sagte beispielsweise der scheidende niederländische Regierungschef Mark Rutte zu Beginn des Gipfels. Es gehe darum, den nächsten Schritt für ein Land zu ermöglichen, das während eines Krieges, den es auch für die EU führe, extrem hart an Reformen arbeite.
"Ein Sieg, der motiviert, inspiriert und stärkt"
Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj begrüßte die Entscheidung. "Das ist ein Sieg für die Ukraine. Ein Sieg für ganz Europa. Ein Sieg, der motiviert, inspiriert und stärkt", schrieb er auf X. Bundeskanzler Olaf Scholz reagierte ebenfalls auf X zu dem Gipfel-Beschluss. Dieser sei "ein starkes Zeichen der Unterstützung und eine Perspektive für die Ukraine", so der SPD-Politiker. "Die Ukraine und Moldau gehören zur europäischen Familie."
"Die Republik Moldau schlägt heute ein neues Kapitel auf", schrieb Moldaus Präsidentin Maia Sandu auf X. Es stehe noch harte Arbeit bevor, aber ihr Land sei "bereit, sich der Herausforderung zu stellen", erklärte die pro-westliche Politikerin. "Wir spüren heute die herzliche Umarmung Europas", schrieb Sandu weiter. "Wir danken Ihnen für Ihre Unterstützung und Ihr Vertrauen in unseren Weg."
Die Ukraine und Moldau warteten seit Längerem auf eine Entscheidung über den Start von Beitrittsverhandlungen. Die EU-Kommission hatte diesen Schritt im November grundsätzlich empfohlen, der Europäische Rat musste aber noch zustimmen.
Dass die Kommission trotz noch nicht erfüllter Auflagen eine positive Empfehlung für die Ukraine abgegeben hatte, hatte Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen damals damit erklärt, dass die noch ausstehenden Reformen bereits auf den Weg gebracht seien. "Der Fortschritt, den wir in der Ukraine sehen, ist beeindruckend", betonte sie damals. Sie sei der festen Überzeugung, dass dies die Ukraine auch in ihrem Kampf gegen den russischen Angriffskrieg stärke.
Quelle: ntv.de, uzh/dpa/AFP/rts