Kältewelle von Polen bis zur Türkei 38 Menschen erfrieren in Europa
09.01.2017, 20:56 Uhr
So viel Schnee wie in den vergangenen Tagen soll es in Istanbul seit Jahren nicht gegeben haben.
(Foto: AP)
Ost- und Südosteuropa werden derzeit von einer besonders heftigen Kältewelle heimgesucht. Vor allem Flüchtlinge in Griechenland und auf dem Balkan können sich kaum schützen. Die meisten Toten aber hat Polen zu beklagen.
Die Zahl der Todesopfer der aktuellen Kältewelle in Europa hat sich auf mindestens 38 erhöht. Allein am Sonntag seien zehn Menschen erfroren aufgefunden worden, teilte das polnische Krisenzentrum RCB mit. Auf der griechischen Insel Lesbos mussten 2500 Flüchtlinge ohne heißes Wasser und ohne Heizung in Zelten übernachten. Auch die Türkei ist von der Kältewelle betroffen.
In einer Bilanz vom Wochenende waren in ganz Europa 23 Kältetote verzeichnet worden. Besonders durch die hohe Opferzahl in Polen erhöhte sich die Zahl auf 38 Tote. Schon seit Wochen gibt es in Polen besonders ausgeprägte Probleme bei der Verhinderung von Erfrierungstoden. Seit dem 1. November zählte das Krisenzentrum RCB insgesamt 65 Kältetote.
Die griechischen Behörden haben offenbar keine ausreichenden Vorkehrungen getroffen, um die auf den Inseln notdürftig untergebrachten Flüchtlinge vor der aktuellen Kältewelle schützen zu können. "Es gibt ein echtes Problem", sagte ein Vertreter des Migrationsministeriums. Beispielsweise auf der Insel Lesbos hätten die Flüchtlinge im Lager Moria nur Zelte, um sich vor dem Schnee und der klirrenden Kälte in Sicherheit zu bringen.
Öffentliches Leben in Istanbul lahmgelegt
Mehr als 15.000 Flüchtlinge sitzen derzeit auf den griechischen Inseln fest. Das Migrationsministerium macht die Kommunalverwaltungen für die Missstände verantwortlich. Der Griechenland-Koordinator von Ärzte ohne Grenzen, Clement Perrin, erklärte, es sei "abscheulich", dass die Menschen "trotz der Versprechungen und Ankündigungen der EU bei eisigen Temperaturen immer noch in Zelten leben".
In der Türkei war nicht nur der Flugverkehr stark beeinträchtigt. Die Fährverbindungen zwischen dem europäischen und dem asiatischen Teil der Millionenmetropole Istanbul fielen aus, die Schulen blieben geschlossen, rund 7000 städtische Bedienstete wurden beauftragt, mit 1300 Fahrzeugen die Straßen zu räumen.
In Weißrussland gab es zwei Kältetote. Die Temperaturen fielen am Wochenende zeitweise auf minus 30 Grad.
Minus 33 Grad in Belgrad
In Tschechien erhöhte sich die Zahl der Kältetoten von drei auf sechs. Es handelte sich nach Behördenangaben vor allem um Obdachlose. In Serbien fielen die Temperaturen auf bis zu minus 33 Grad. Die Schifffahrt auf Donau und Save wurde eingestellt.
In der Hauptstadt Belgrad suchten Flüchtlinge in einer Lagerhalle in der Nähe des Bahnhofs Zuflucht. "Niemand hilft uns, ich habe keine Ahnung, wie wir das ertragen sollen", sagte der 16-jährige Afghane Ismail Chikimi. Die Hilfsorganisation Ärzte ohne Grenzen erklärte, in Belgrad hielten sich derzeit 2000 junge Menschen vor allem aus Afghanistan, Pakistan, dem Irak und Syrien in brach liegenden Gebäuden auf.
Aus Italien wurden zwei Todesfälle gemeldet: Bei Brindisi wurde ein 82-jähriger Mann erfroren aufgefunden, in dessen Wohnung es keine Heizung gab. Ein 78-Jähriger fiel kältebedingt in Ohnmacht und stürzte zu Tode.
Quelle: ntv.de, mbo/AFP