Panorama

Betrug und Geiselnahme Al-Zein-Clanchef verurteilt - Villa beschlagnahmt

Im Juni 2021 rückten die Ermittler beim Clan an.

Im Juni 2021 rückten die Ermittler beim Clan an.

(Foto: dpa)

Über Jahre kassieren Mitglieder des Al-Zein-Clans Sozialleistungen. Von dem Geld finanzieren sie unter anderem in Teilen eine Villa. Parallel dazu habe der Clan konstant über sechsstellige Bargeld-Beträge verfügt. Eineinhalb Jahre nach einer großangelegten Razzia fällt nun das Urteil.

Das Familienoberhaupt des libanesischen Al-Zein-Clans aus Leverkusen muss wegen Geiselnahme und bandenmäßigen Sozialbetrugs sechs Jahre in Haft. Zwei seiner Söhne erhielten beim Prozess in Düsseldorf jeweils drei Jahre Haft wegen gefährlicher Körperverletzung sowie gewerbs- und bandenmäßigen Betrugs. Das 1700 Quadratmeter große Grundstück mit dem Anwesen der Familie in Leverkusen werde eingezogen, ordnete das Landgericht an. Die Ehefrau des Familienoberhaupts erhielt zwei Jahre Haft, ein weiterer Sohn ein Jahr und neun Monate Haft, die in beiden Fällen zur Bewährung ausgesetzt wurden. Neben einem Geldbetrag von 406.000 Euro soll auch die Villa eingezogen werden. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig. Gegen zwei Beschuldigte wurde das Verfahren laut einer Gerichtssprecherin zwischenzeitlich gegen Auflagen eingestellt.

Die Angeklagte hätten sich "Straftaten multipler Art" zuschulden kommen lassen, sagte der Vorsitzende Richter. Dem Urteil war eine Strafabsprache vorangegangen, in deren Zuge die Angeklagten Geständnisse abgelegt hatten. Ihre Zugehörigkeit zur Großfamilie oder zum Clan habe nicht strafverschärfend gewirkt, wohl aber die banden- und gewerbsmäßige Begehung des Betrugs, sagte der Richter. So hätten sie das Jobcenter Leverkusen mit falschen oder unterbliebenen Angaben veranlasst, insgesamt 462.000 Euro Sozialhilfe und Krankenkassenbeiträge für die Familienmitglieder auszuzahlen.

Trotz erheblichen Vermögens hätten die Familienmitglieder - im Finanztopf der Familie hätten sich stets zwischen 100.000 und 300.000 Euro befunden - bis Ende Juni 2021 über sechs Jahre lang vom Jobcenter Sozialleistungen bezogen. Das Jobcenter zahlte der zehnköpfigen Familie jeden Monat knapp 5200 Euro aus Steuermitteln. Mit dem Geld hatte die Familie auch das Darlehen für ihr Anwesen mit 300 Quadratmetern Wohnfläche in Leverkusen getilgt, auf das sie mehrere Bedarfsgemeinschaften angemeldet hatte.

Mit Gemüsekiste das Nasenbein zertrümmert

Daneben hätten Familienmitglieder einen Mann auf der Straße aufgegabelt und im schallisolierten Hinterzimmer einer Shisha-Bar, bei dem es sich um ein Tonstudio gehandelt haben soll, zusammengeschlagen und damit gedroht, ihn umzubringen, um ihn dazu zu bringen, bestimmte Informationen preiszugeben. Ein weiteres Opfer sei noch am Boden liegend zusammengeschlagen und getreten worden. Mit einer Gemüsekiste sei ihm das Nasenbein zertrümmert worden.

"Mit Einkünften aus Straftaten haben die Angeklagten ein erhebliches Vermögen angehäuft", hatte der Staatsanwalt beim Prozessauftakt vor einem halben Jahr gesagt. "Sie trugen Rolex-Uhren und fuhren Mercedes S-Klasse." Doch die angeklagten Taten der Schutzgelderpressung fanden sich im Urteil nicht wieder.

Die Verteidiger hatten beim Sozialbetrug milde Strafen gefordert, weil das Jobcenter es ihren Mandanten sehr leicht gemacht habe. Der niedrigschwellige Zugang zum Sozialsystem auch für Menschen mit geringem Bildungsniveau sei aber politisch gewollt. Die Strafkammer halte ihn ebenfalls für richtig, betonte der Richter. Daraus lasse sich keine geringere Schuld ableiten.

Analphabetismus mildert Strafe

Strafmildernd wertete das Gericht, dass das Familienoberhaupt als Analphabet während der Untersuchungshaft keinen Kontakt zu seiner Familie habe halten können. Er ist inzwischen gegen Zahlung einer Kaution von 80.000 Euro auf freiem Fuß.

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Die Polizei hatte das Haus in Leverkusen gestürmt und durchsucht, sechsstellige Summen Bargeld und Luxusuhren im Wert von 160.000 Euro beschlagnahmt. Der Fall hatte bundesweit für Aufsehen gesorgt. Insgesamt rund 600 Polizisten waren an der Aktion in 15 NRW-Städten beteiligt. Dem Al-Zein-Clan werden mehrere Tausend Personen zugerechnet.

Der Clan hat verschiedene Ableger. Mit der großen Razzia und den Tatvorwürfen der Autohehlerei in der vergangenen Woche hätten die nun Verurteilten nichts zu tun.

(Dieser Artikel wurde am Donnerstag, 22. Dezember 2022 erstmals veröffentlicht.)

Quelle: ntv.de, jwu/AFP/dpa

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