Erneute Wende im Prozess Angeklagter gesteht Tötung von Joel - kein Mittäter
23.04.2024, 16:59 Uhr Artikel anhören
Noch immer erinnern Kerzen und Stofftiere am Tatort an den Sechsjährigen
(Foto: picture alliance/dpa)
Offenbar unter dem Eindruck der umfangreichen Beweislast ändert der angeklagte 15-Jährige seine Aussage: Er habe den sechsjährigen Joel allein umgebracht, sagt der vor Gericht. Nun könnte kommende Woche ein Urteil fallen.
Ein umfassendes Geständnis des Angeklagten hat erneut zu einer Wendung im Prozess um den getöteten sechsjährigen Joel aus Pragsdorf bei Neubrandenburg geführt. Demnach sagte der 15 Jahre alte Angeklagte anders als bisher erklärt aus, allein gehandelt zu haben. Der Angeklagte soll im vergangenen September das Kind im Landkreis Mecklenburgische Seenplatte geschlagen und erstochen haben.
Während des seit Februar unter Ausschluss der Öffentlichkeit laufenden Prozesses hatte es wiederholt Überraschungen gegeben. So war zu Beginn bekannt geworden, dass die Staatsanwaltschaft auch gegen den 17 Jahre alten Bruder des Angeklagten Ermittlungen eingeleitet hatte. Anfang April hatte der Angeklagte nach langem Schweigen dann ein Teilgeständnis abgelegt und von einer Beteiligung eines anderen Menschen gesprochen, bei dem es sich nicht um den Bruder handelte. Bei dem neuerlichen Geständnis nun ist indes keine Rede mehr von einem Mittäter. Das Geständnis erfolgte demnach unter dem Eindruck der Beweislage, die einen weiteren Täter ausschließe.
Nach dem Geständnis des Angeklagten wurde unter anderem auf Mord plädiert. Es seien mehrjährige Jugendstrafen teilweise wegen Totschlags und teilweise wegen Mordes gefordert worden, teilte ein Sprecher des Landgerichts Neubrandenburg mit. Einzelheiten nannte er nicht. Nach Aussage der Vertreterin von Joels Eltern, Christine Habetha, forderte die Staatsanwaltschaft acht Jahre Jugendstrafe wegen Mordes. Habetha forderte als Vertreterin der Nebenklage demnach die Höchststrafe von zehn Jahren auch wegen Mordes und den Vorbehalt der Sicherungsverwahrung. Der Verteidiger des Angeklagten plädierte laut Habetha auf Totschlag, wie ursprünglich angeklagt, und forderte sieben Jahre.
Der gewaltsame Tod des sechsjährigen Joel im vergangenen September hatte bundesweit Bestürzung ausgelöst. Die Staatsanwaltschaft wirft dem zum Tatzeitpunkt 14-Jährigen vor, Joel mehrfach ins Gesicht geschlagen und mit einem Messer mit einer Klingenlänge von circa 15 Zentimetern siebenmal auf ihn eingestochen zu haben. Der Junge starb, was der Angeklagte zumindest billigend in Kauf genommen habe, so die Staatsanwaltschaft. Der Teenager hatte sich früheren Angaben zufolge in Widersprüche verstrickt, zudem wurde demnach seine DNA-Spur am Tatmesser gefunden.
Die brutale Tat soll sich in einem Gebüsch am Bolzplatz in dem kleinen Dorf in Mecklenburg-Vorpommern abgespielt haben. Der Angeklagte war zwischenzeitlich aus der Untersuchungshaft entlassen worden, weil das Gericht nach eigener Aussage keinen Haftgrund sah. Die Staatsanwaltschaft legte Widerspruch ein, und das Oberlandesgericht Rostock kassierte die Entscheidung.
Quelle: ntv.de, jwu/dpa