Nach Explosion im WeltkriegsbunkerBrand hält Feuerwehr in Hamburg auf Trab

Nach mehreren Stunden Löscharbeit scheint der Brand unter Kontrolle. Da zerreißt ein Knall die Stille, eine Stichflamme schießt in den Himmel, eine Druckwelle reißt Feuerwehrleute von den Beinen.
Noch Stunden nach der Explosion kringelt sich weißer Rauch aus den kleinen Lüftungsschlitzen des alten Bunkers. Durch die Straßen des Hamburger Industrie- und Wohnviertels Rothenburgsort schwebt ein Geruch - manchmal fein, manchmal penetrant - wie man ihn aus Duftlampen kennt.
Die Straße vor dem Bunker erinnert an Bilder aus einem Bürgerkrieg. Verrußte Autos, Fahrräder und Trümmerteile, die 15 Meter weit an die gegenüberliegende Hauswand geschleudert wurden. Erschöpfte Feuerwehrmänner, die schweren Schrittes mit ihrer mindestens 35 Kilo schweren Ausrüstung aus dem Bunker kommen, auch sie schwarz vor Ruß. Das Thermometer zeigt fast 30 Grad.
Rückblende: Um 4.23 Uhr geht der Notruf bei der Hamburger Feuerwehr ein. In dem Hochbunker aus dem Zweiten Weltkrieg, eingerahmt von zwei Mehrfamilienhäusern, brennt es. Feuerwehrleute löschen, bringen etwa 60 Anwohner in Sicherheit. Schwarzer Rauch wälzt sich durch die Straßenflucht. Die Wetterlage drückt den Rauch herunter, Feuerwehrautos verschwinden im Schwarz. Als sich die Lage zu entspannen scheint und sich gerade ein Trupp Feuerwehrleute in dem Bunker nach oben kämpft, gibt es gegen 7.00 Uhr einen großen Knall, eine heftige Stichflamme. Feuerwehrmänner erzählen, wie sie wie Spielzeugfiguren durch das Gebäude geschleudert werden. Selbst vor dem Bunker reißt es Einsatzkräfte von den Beinen.
Prellungen und Rauchgasvergiftungen
"Der Bunker hat meterdicke Betonwände, ein dickes Betondach und keine Fenster", beschreibt Feuerwehrsprecher Thorsten Grams, was sich dort abgespielt hat. Die Druckwelle nach der Detonation hat damit nur einen Weg: durch die beiden Eingangstüren des Bunkers. Sie ist so stark, dass sie einen großen Van, der direkt vor einer der Türen steht, einen halben Meter zur Seite schiebt, bis ein Laternenpfahl ihn stoppt.
Mehr als ein Dutzend Feuerwehrleute werden verletzt, von Prellungen und vielleicht auch Knochenbrüchen ist die Rede. Bis zum Nachmittag zählt die Feuerwehr fast 50 leicht bis mittelschwer verletzte Menschen, die meisten von ihnen hatten Rauchgas eingeatmet.
Gitta Burmester wohnt im gegenüberliegenden Haus. Sichtlich geschockt wartet sie unweit des Brandortes in einem Straßencafé. "Ich bin so um 3.40 Uhr von dem Gestank aufgewacht", erzählt die 62-Jährige. "Dann war überall Blaulicht. Mir wurde übel. Feuerwehrleute haben gegen unsere Tür gehämmert und uns dann rausgebracht." Auch ihr Mann ist in Sicherheit. Aber die beiden Wellensittiche sind noch in der Wohnung.
100 Tonnen ätherische Öle
Mehrere Lastwagenfahrer, die ein paar Meter entfernt auf dem Hof ihres Unternehmens in ihren Lkw geschlafen hatten, werden aus der Gefahrenzone gebracht. "Später haben wir Kaffee getrunken und dann plötzlich ein fürchterlicher Knall", erzählt Wolfgang K.. Der 59-Jährige sieht noch die riesige Stichflamme, "bestimmt Dutzende Meter hoch".
In dem Hochbunker, so hoch wie ein siebenstöckiges Haus, sind eine Tischlerei und ein Lager für ätherische Öle untergebracht. Die Feuerwehr spricht von 100 Tonnen. Ätherische Öle werden für Duftlampen, Raum-Erfrischer oder Sauna-Aufgüsse genutzt, aber auch als technische Lösungsmittel, etwa um Holzmöbel oder Dielen zu behandeln.
Das Unternehmen habe die Stoffe angemeldet, sagt Feuerwehrsprecher Grams. "Wir wussten, was da drin ist. Aber wir konnten das ja nicht einfach vor sich hinbrennen lassen." In jedem scheinbar harmlosen Keller könne ein Camper seine Gasflasche gelagert haben. "Ein Restrisiko bleibt immer."