Panorama

Spötter belächeln "Cam Force One"Cameron plant britischen Regierungsjet

19.11.2015, 13:55 Uhr
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Und das soll das neue britische Regierungsflugzeug werden: Ein Airbus A330-200 MRTT der Royal Air Force (hier noch in der Lackierung als Transport- und Tankflugzeug). (Foto: ASSOCIATED PRESS)

Auslandsreisen bringen den Regierungschef regelmäßig in eine peinliche Lage: Anders als seine Gesprächspartner aus den USA, China oder Deutschland muss Cameron in Mietmaschinen einschweben. Jetzt will der Premier in London die britische Sparsamkeit überwinden.

Bei Reisen ins Ausland muss der Premierminister David Cameron künftig nicht mehr neidisch auf den US-Präsidenten oder die Bundeskanzlerin schielen: Die britische Regierung plant Presseberichten zufolge den Umbau eines Militärflugzeugs zur neuen britischen Regierungsmaschine. Ein Name für das Projekt ist schon gefunden: Spöttisch sprachen Kommentatoren vom Projekt "Cam Force One" - in Anlehnung an das berühmte US-Vorbild mit dem Funkrufnamen "Air Force One".

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So fliegt der Premier bisher: David Cameron zwängt sich nach der Landung aus einer Chartermaschine. (Foto: REUTERS)

Die fliegende Regierungszentrale der Briten wird allerdings eine Nummer kleiner ausfallen als die umfangreich aufgerüsteten Spezialmaschinen, die dem US-Präsidenten zur Verfügung stehen. Amtsinhaber Barack Obama kann für Fernreisen ins Ausland zwischen zwei nahezu baugleichen Militärversionen des vierstrahligen Jumbo-Jet-Modells Boeing 747 in einer weiß-blau-hellblauen Sonderlackierung wählen.

Innenausstattung für Premier und Queen

Wie es in der britischen Presse heißt, soll der britischen Premiers künftig mit einer Airbus-Maschine fliegen, die deutlich kleiner ausfällt als eine 747. Umgebaut werden soll eine für 160 Passagiere ausgelegte Tank- und Transportmaschine vom Typ A330 MRTT aus den Beständen der britischen Luftwaffe. Die Royal Air Force führt das zweistrahlige Mehrzweckflugzeug bislang unter dem Beinamen "Voyager". Wie der Regierungsflieger nach dem Umbau offiziell heißen wird, ist noch offen.

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Chinas Staatschef Xi Jinping fliegt Air China, hier die chinesische 747 nach der Landung in London. (Foto: REUTERS)

Genutzt werden soll das Flugzeug nicht nur von Cameron und anderen Regierungsmitgliedern. Auch die Mitglieder der königlichen Familie sollen bei Staatsbesuchen im Ausland im britischen Regierungs-Airbus Platz nehmen. Um die Maschine auf den hohen Besuch an Bord vorzubereiten, soll die A330 umgerüstet werden. Das Budget für den Umbau beläuft sich den Berichten zufolge auf zehn Millionen Pfund (14 Millionen Euro).

Flugzeug mit Spezialfähigkeiten?

Experten gehen davon aus, dass ein Großteil der Summe in den Ausbau der Passagierkabine fließen wird. Ob "Cam Force One" wie das US-Vorbild auch mit Einrichtungen zur Luftbetankung, zur Raketenabwehr und zur geschützten elektronischen Kommunikation aufgerüstet wird, blieb zunächst unklar.

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Sonderlackierung, Raketenabwehr, Luftbetankung, geschützter Datenverkehr: "Air Force One" bietet weite mehr als nur Platz zum Sitzen, Schlafen, Duschen und Konferieren. (Foto: picture alliance / dpa)

Das Vorhaben stößt im Vereinigten Königreich auf vehemente Kritik. Einzelne Stimmen warfen der konservativen Regierung in London Heuchelei vor. "Also Cameron streicht uns Steuervorteile und zum Dank kaufen wir ihm für zehn Millionen Pfund einen Privatjet", schrieb zum Beispiel ein empörter Brite bei Twitter.

Nach Saudi-Arabien für 100.000 Pfund

Die Regierung argumentiert dagegen, eine eigene Maschine werde dem Steuerzahler auf Dauer Kosten ersparen. So hatten Cameron und die königliche Familie unter anderem für 100.000 Pfund (rund 143.000 Euro) ein eigenes Flugzeug chartern müssen, um damit zur Beerdigung von König Abdullah nach Saudi-Arabien zu fliegen. Staatsbesuche per regulärem Linienflieger scheiden aufgrund der erforderlichen Sicherheitsvorkehrungen aus.

Für Großbritannien wäre eine eigene Flugbereitschaft wie etwa in Deutschland ein Novum. Für Auslandsreisen von Bundeskanzlerin, Außenminister und anderen hochrangigen Vertretern der Bundesrepublik stehen am Standort Köln-Wahn gleich mehrere Regierungsmaschinen bereit.

Die Flugbereitschaft der Bundeswehr verfügt derzeit über fünf Airbus A310-304 in verschiedenen Versionen, jeweils zwei Airbus A340-300 und A319CJ, vier Bombardier "Global 5000" sowie drei Hubschrauber vom Typ "Cougar AS-532". Die Luftflotte umfasst nach Angaben aus dem Bundesverteidigungsministerium "einen wesentlichen Teil der Lufttransportkapazität der Bundeswehr".

Ob Cameron seine "Cam Force One" bekommt, ist noch unklar. In Großbritannien hatte zuletzt Tony Blair von der Labour-Partei mit einem entsprechenden Vorstoß versucht, eine eigene Regierungsmaschine durchzusetzen. Der damalige Premierminister musste sich nicht nur viel Häme angesichts seines Wunsches nach einer von der Presse "Blair Force One" getauften Maschine anhören - sein Finanzminister Gordon Brown machte ihm auch einen Strich durch die Rechnung und verhinderte das Ansinnen als "zu teuer".

Quelle: ntv.de, mmo/AFP

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