Panorama

Wenn Passagiere nur noch wartenChaoswochen bei Air Berlin - was ist da los?

07.06.2017, 17:34 Uhr
imageVon Sonja Gurris
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Bei Air Berlin gibt es massive Probleme, die auch die Passagiere zu spüren bekommen. (Foto: picture alliance / Ralf Hirschbe)

Flugausfälle, Verspätungen, Chaos: Bei Air Berlin rumort es gewaltig. Das bekommen nicht nur die entnervten Passagiere zu spüren, sondern es betrifft auch die Mitarbeiter der Fluggesellschaft.

Air Berlin kämpft ums Überleben und das merken auch die zunehmend genervten Passagiere. Mehr und mehr Flüge von Air Berlin verspäten sich oder fallen ganz aus.

Es gibt Probleme bei der Durchführung von Flügen, Probleme bei der Gepäckabfertigung am Flughafen Berlin-Tegel - manchmal sind die Crews nicht da, während die Passagiere schon startklar am Gate warten. 26 Flüge von Air Berlin sind allein am letzten Wochenende ausgefallen.

Dazu heißt es beispielsweise lapidar vom Bodenpersonal in Berlin: Die Maschine nach Wien sei zwar da, aber die Crew sitze in einem Flugzeug, das sich verspätet. In diesem Fall waren das insgesamt sechs Stunden Verspätung. Das Unternehmen hat dafür vor allem eine Begründung: den Konzernumbau.

"Es geht nicht so schnell wie erhofft"

Was passiert bei Air-Berlin- Verspätungen?

Stellungnahme Air Berlin zur Vorgehensweise bei Verspätungen:

"Air Berlin setzt sich immer zum Ziel, im Falle einer Verspätung oder Flugstreichung alle Fluggäste so gut wie möglich zu versorgen.Teilweise ist es aber nicht möglich alle Passagiere auf andere Flüge umzubuchen, deswegen bieten wir in diesem Fall Zug- und Mietwagenvoucher an oder auch eine kostenfreie Umbuchung auf ein (zeitnahes) anderes Datum sowie eine kostenfreie Stornierung. Sollte es bei Flugstreichungen zu längeren Wartezeiten kommen, bieten wir zudem eine Verpflegung an. Falls es am selben Tag keine Flugalternativen gibt, erhalten die Gäste ein Hotelunterkunft." (Pressesprecher Air Berlin)

Was ist da nur los? fragen sich viele Passagiere. "Wir bauen das Unternehmen radikal von einem Ferienflieger in einen Netzwerkcarrier um," erklärt Air- Berlin-Sprecher Tobias Spaeing. Das gehe leider nicht so schnell, wie es sich das Unternehmen erhoffe. Auch der Wechsel des Bodendienstleisters am Berliner Flughafen Tegel oder die noch nicht abgeschlossene Gründung der neuen Ferienfluggesellschaft von NIKI, Etihad und TUIFly belasteten die gegenwärtige Lage und führten auch zu personellen Kapazitätsengpässen. Weiterhin erklärt er, das Unternehmen müsse vor allem in Tegel auf eine Infrastruktur zurückgreifen, die für das Verkehrswachstum nicht ausgelegt ist.

Es wird klar: Bis zu 120 Mitarbeiter aus der Verwaltung unterstützen derzeit die operativen Bereiche, helfen dort aus.

Dass es der Fluggesellschaft nicht gut geht, ist hinlänglich bekannt. Die Passagierzahlen zeigen einen eindeutigen Trend. Im März 2015 lag die Anzahl der Reisenden noch bei etwa 2,3 Millionen, ein Jahr später sind es nur noch 2,1 Millionen - während im März 2017 die Zahl in der Air Berlin Group gerade einmal bei 1,7 Millionen liegt.

Auch die Mitarbeiter sind unzufrieden

Statt alle Anstrengungen auf die Verbesserungen zu konzentrieren, wird vieles nur noch schlimmer: Die Nerven sind scheinbar nicht nur bei den Passagieren strapaziert, sondern auch beim Personal. Im April veröffentlichten Mitarbeiter einen offenen Brief. "Täglich werden wir mit neuen, chaotischen Situationen und Entwicklungen konfrontiert", heißt es in dem Schreiben der Personalvertretung Kabine.

"Immer weniger Mitarbeiter müssen immer mehr fliegendes Personal planen und betreuen. Fehler und Krankheit sind die Folgen", zitiert der RBB aus dem Brief. Sowohl die Mitarbeiter als auch die Kunden spüren das Chaos. Für die Reisenden ist die Planungssicherheit dadurch arg strapaziert. Wie die Fluggesellschaft da herauskommen will, ist fraglich.

Lufthansa als einzige Strategie?

In den vergangenen neun Jahren flog Air Berlin nur einmal einen Konzernüberschuss ein. Großaktionär Etihad hält die Berliner mit Finanzspritzen am Leben. Bei all dem Chaos und der schlechten wirtschaftlichen Situation helfen wohl auch die Entschuldigungen von Air-Berlin-Chef Winkelmann wenig: "Mir tun die Verspätungen leid", entschuldigt sich Winkelmann in der "Zeit".

"Ich selbst ärgere mich schon schwarz über zehn Minuten Verspätung." Winkelmann zeigt sich jedoch offen für Zusammenschlüsse: "Wir müssen 2017 einen Partner finden, und die Lufthansa ist einer von einigen möglichen", sagt er. "Ich prüfe alles, was für Air Berlin Sinn ergibt und die Arbeitsplätze langfristig sichert."

Allein 2016 verlor die Aktie von Air Berlin fast 34 Prozent an Wert. Winkelmann will das Unternehmen kräftig umbauen. Er verleaste auch an die 40 Air-Berlin-Maschinen samt Personal an Lufthansa. Aber von gesundschrumpfen kann derzeit noch keine Rede sein.

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