Entführung, Mord, Suizid Der Fall Maria Bögerl
06.04.2017, 09:28 Uhr
Jahrelang hofften die Ermittler bei jedem Hinweis auf den Durchbruch.
(Foto: dpa)
Beinahe sieben Jahre ist Maria Bögerl schon tot, erstochen nach einer schiefgegangenen Entführung. Es ist ein Fall, der die Menschen nie losließ.
Beinahe sieben Jahre beschäftigt der Fall Bögerl bereits die Ermittler, aus einer Entführung wurden Mord und die Tragödie einer ganzen Familie. Alles begann am 12. Mai 2010. Die 54-jährige Maria Bögerl, Frau des örtlichen Sparkassenchefs und Mutter zweier Kinder, wird entführt. Am Telefon fordert ein Mann 300.000 Euro, die ihr Mann an der vereinbarten Stelle an der A7 hinterlegt.
Doch das Geld wird nicht abgeholt, der Kontakt zum Entführer reißt ab. Von Maria Bögerl fehlt jede Spur. Zwei Tage später wird ihr Handy gefunden, aber auch das bringt die Ermittler einer kurz darauf gebildeten Sonderkommission nicht weiter, ebenso wenig wie eine hohe Belohnung.
Am 19. Mai, eine Woche nach der Entführung, wendet sich die Familie in der ZDF-Sendung "Aktenzeichen XY... ungelöst" an die Täter. "Bitte geben Sie uns unsere geliebte Mama, meine Frau, wohlbehalten zurück", flehen Bögerls Ehemann Thomas und die beiden Kinder Carina und Christoph. Doch der Entführer meldet sich nicht.
Ein Spaziergänger entdeckt schließlich am 3. Juni wenige Kilometer vom Haus der Bögerls entfernt am Waldrand die Leiche von Maria Bögerl. Die Rechtsmediziner kommen zu dem Schluss, dass die 54-Jährige erstochen wurde. Ob das bereits vor der gescheiterten Geldübergabe geschah, gehört zu den Details, die bisher nicht mit Sicherheit beantwortet werden konnten.
Mutmaßungen und Gerüchte
Das öffentliche Interesse an den Ermittlungen ist groß. Jedes noch so kleine Detail der Entführung wird diskutiert. So geht es beispielsweise immer wieder um die Frage, warum das Lösegeld zu spät übergeben wurde. Die 300.000 Euro hatte der Ehemann des Opfers organisiert. Thomas Bögerl bestritt aber später, er habe darauf bestanden, dies selbst zu tun. Die Bundesbank wiederum widersprach Darstellungen, die Geldübergabe habe sich wegen einer Mittagspause ihrer Ulmer Filiale verzögert. Der Entführer hatte für die Geldbeschaffung lediglich eine Frist von eineinhalb Stunden eingeräumt, die Thomas Bögerl schließlich auf zweieinhalb Stunden hochhandeln konnte. Er traf mit dem Geld jedoch nicht wie verabredet um 14 Uhr, sondern erst kurz nach 14.30 Uhr ein.
Bei dem Anruf der Entführer hatte Bögerl kurz mit seiner Frau sprechen dürfen. Dabei sagte Maria Bögerl, dass sie sich in Lebensgefahr befinde. In lokalen Zeitungen werden Gerüchte aufgegriffen, nach denen die Ehe der Bögerls schon länger zerrüttet sei. Beide Ehepartner hätten Affären gehabt. Thomas Bögerl wurde nachgesagt, seine Geliebte habe kurz nach dem Tod seiner Frau Zwillinge von ihm bekommen. Am 11. Juni 2011 wird Thomas Bögerl erhängt im Haus der Familie gefunden.
Carina und Christoph Bögerl erheben im Juli 2011 im "Stern" schwere Vorwürfe gegen die Ermittler, die ihrem Vater die Beschaffung des Lösegeldes aufgebürdet hätten. Außerdem hätten Mitarbeiter der Autobahnmeisterei das Geld mitgenommen und so die Freilassung ihrer Mutter verhindert. Es wird bekannt, dass gegen die einzelnen Familienmitglieder, auch die Kinder und ihre Lebensgefährten, intensiv ermittelt wurde.
Durchbruch nach Jahren
In den Jahren 2013 und 2014 werden mehrfach Tausende Speichelproben genommen und untersucht, ohne dass sich eine neue Spur ergibt. Insgesamt wurden mehr als 10.000 Spuren bearbeitet. Zwar wird die entsprechende Sonderkommission zwischendurch erheblich verkleinert, die Polizei verfolgt den Fall aber weiter. Im November 2015 teilen die Beamten mit, dass mit einer neuen Software 600.000 alte Datensätze - darunter vor allem Handy-Verbindungsdaten aus dem Tatzeitraum - ausgewertet würden. Auch diese Ermittlungen führen jedoch nicht zur Ergreifung eines Täters. Im April 2016 heißt es, man gehe 150 neuen Ermittlungsansätzen nach.
Am 5. April 2017 veröffentlicht die Polizei schließlich eine Erklärung, dass man bundesweit nach einem Verdächtigen im Mordfall Bögerl fahnde. Es werden ein Phantombild und eine Sprachaufnahme veröffentlicht. Der Mann sei im nordrhein-westfälischen Hagen aufgetaucht, sagt ein Polizeisprecher in Ulm. "Es ist eine heiße Spur. Wir hoffen, den Täter festnehmen zu können." Noch am gleichen Abend wird der Fall in der ZDF-Sendung "Aktenzeichen XY... ungelöst" behandelt. Am Ende der Sendung heißt es bereits, es habe "eine Reihe von Hinweisen" aus dem TV-Publikum gegeben. Am Morgen des 6. April gibt das Bundeskriminalamt schließlich bekannt, dass knapp sieben Jahre nach dem Mord ein Verdächtiger festgenommen worden sei. Doch ein DNA-Abgleich erweist sich als negativ. Der oder die Täter im Fall Bögerl sind also noch immer auf freiem Fuß.
Quelle: ntv.de, mit dpa