Panorama

Gesucht wegen Mordes an EhemannDeutschem Konsul gelingt Flucht aus Brasilien

30.08.2022, 10:07 Uhr
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Der inzwischen flüchtige deutsche Diplomat Uwe H. bei seiner Festnahme in Rio de Janeiro. (Foto: REUTERS)

Er soll seinen Ehemann totgeprügelt haben. Trotzdem kann ein deutscher Diplomat in Brasilien ungehindert in ein Flugzeug Richtung Heimat steigen - und damit einer Anklage entgehen. Grund ist eine richterliche Anordnung, die bei den Ermittlungsbehörden für Fassungslosigkeit sorgt.

Die brasilianische Justiz will den deutschen Diplomaten Uwe H., dem der Mord an seinem Ehemann vorgeworfen wird, per Interpol suchen lassen. Ein Richter in Rio de Janeiro ordnete Untersuchungshaft gegen H. an, der am Vortag nach Deutschland abgereist ist. Wegen der Ausreise des Konsuls solle er auf die Liste der Flüchtigen der internationalen Polizeiorganisation Interpol gesetzt werden, erklärte Richter Gustavo Kalil.

Der Diplomat war Anfang August in Rio de Janeiro festgenommen worden. Ihm wird zur Last gelegt, seinen belgischen Ehemann in der gemeinsamen Wohnung im schicken Strandviertel Ipanema getötet zu haben. Eine Richterin ordnete aber vergangene Woche die Freilassung von H. an. Sie urteilte, dass die Staatsanwaltschaft eine Frist für das Einreichen von Anklagedokumenten habe verstreichen lassen. Seinen Pass musste er nicht abgeben.

Die Staatsanwaltschaft weist zurück, eine Frist verpasst zu haben. Sie beschuldigte den Mann am Montag und damit einen Tag nach seiner Ausreise aus Brasilien formell des Mordes.

Pass wurde nicht einbehalten

Der Ehemann des Diplomaten soll zu Tode geprügelt worden sein. Nach Angaben der Staatsanwaltschaft in Rio de Janeiro soll H. extrem besitzergreifend gewesen sein: Er soll seinen Partner "finanziell und psychologisch unterjocht" und ihm jegliche Unabhängigkeit und Freundschaften mit anderen verwehrt haben. Der Diplomat selbst gab laut Polizei an, sein Ehemann sei an einem Freitagabend plötzlich zusammengebrochen und habe sich dabei tödliche Kopfverletzungen zugezogen.

Örtliche Medien berichteten, der deutsche Diplomat, der im Generalkonsulat in Rio arbeite, habe versucht, vor dem Eintreffen der Polizei Spuren zu beseitigen. Er habe zudem ausgesagt, dass sein Mann viel getrunken und Schlafpillen genommen habe. H. und sein Partner waren seit 20 Jahren verheiratet.

Die Polizei zeigte sich schockiert, dass der Diplomat das Land unbehelligt verlassen konnte. Die Ermittler seien "perplex", sagte Kommissarin Camila Lourenço der Zeitung "O Globo". Die Justiz hätte nach der Freilassung des Diplomaten zumindest dessen Pass einbehalten können. "Das hätte seine Flucht erschwert."

Quelle: ntv.de, jug/AFP

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