Eine für alle "Vielleicht ist es vorbei - send in the Clowns!"


But where are the clowns? Quick, send in the clowns - don't bother they're here (Textzeile).
(Foto: dpa)
Ja ja, das ist Englisch. Aber wenn das Lied doch so heißt? Wollen Sie wirklich lesen: "Schickt die Clowns rein"? Und wenn der Kolumnistin nun mal nach englischsprachigen Clowns ist? Was soll man da machen?
Egal, ob im Bundestag, im US-Senat, zur Morgenkonferenz in einem beliebigen deutschen Medienunternehmen, nach einem Beziehungskrach, während des Elternabends - einfach in jeglicher peinlichen Situation: "Schickt die Clowns rein." Denn wenn nichts mehr hilft, dann hilft vielleicht ein blöder Witz oder ein lustiges Gesicht. Stephen Sondheim schrieb das Lied 1973 für das Musical "A Little Night Music" (Eine kleine Nachtmusik), es wurde ein Hit, als Frank Sinatra es sang - und seitdem hat es wohl jeder interpretiert, der was auf sich hält.
Neulich habe ich "Send in the Clowns" mal wieder gehört, live gesungen von einem jungen Sänger mit iranischen Wurzeln, auf der Bühne in einem Berliner Jazzclub. Er sang den alten Klassiker mit einer solchen Inbrunst, dass es Gänsehaut machte. Warum eigentlich? Mal abgesehen von der wunderschönen Melodie und dem berührenden Text ist das, was dahintersteckt, nämlich die Aufforderung "Schickt die Clowns rein", eine Idee, die wir dieser Tage eigentlich täglich anwenden könnten: Denn das alte Theaterklischee - wenn auf der Bühne alles auseinanderfällt, kann man die Produktion am besten retten, indem man das Chaos mit Witzen und Belustigungen übertüncht - trifft heute mehr denn je zu.
Also - wie kann man Zustände aushalten, die man nicht für möglich gehalten hätte? Man muss sich darüber lustig machen, es bleibt einem nichts anderes übrig! Ich bin momentan echt nicht auf dem neuesten Stand, was die Regierungsverhandlungen in meinem Land angeht, die Wahl ist schon so lange her, aber mein Wirtschaftsminister heißt immer noch Robert Habeck, und der fordert auf den letzten Metern eine klare Kampfansage gegen Trumps Wirtschaftszölle. Mein Kollege Sebastian Huld schreibt dazu, Trump werde nur unter Druck einknicken, und Europa sei zusammen mit seinen Verbündeten "in einer starken Position". "Wir werden sehen, wer bei diesem Armdrücken der Kräftigere ist", befand Habeck. Nun denn, Glück auf! Habeck empfahl Deutschland und Europa als Grundhaltung darüber hinaus die Formel: "Bitte, du willst den Kampf. Wir nehmen ihn auf. Wir wollen das nicht, aber du wirst ihn verlieren." "Send in the Clowns!"
Ein weiterer Kollege, Ulrich Reitz, Chefkorrespondent der ntv-Wirtschaft, regt Folgendes an: "Vielleicht fragt er mal jemanden, wie viele Nullen das sind", und meint die "Billionen", die der amerikanische Präsident in die US-Staatskassen spülen möchte, mit seinem Zoll-Rundumschlag. Donald Trump sprenge damit einen Damm, nur um dann eine Brücke zu versprechen, so der Kollege. "Send in the Clowns!"
Heute schon einen Clown gefrühstückt?
Zölle auf Inseln, auf denen keine Menschen leben? Kein Problem für Trump: Auf den Heard- und McDonaldinseln nahe der Antarktis leben größtenteils Pinguine und Robben, Menschen gibt es dort keine, und trotzdem erhebt die Trump-Administration nun Zölle. "Send in the Clowns!" Oder in diesem Fall: ein paar leckere Clown-Fische, als Häppchen für die tierischen Bewohner der menschenfreien Inseln.
Szenenwechsel: Ungarn verlässt den Internationalen Strafgerichtshof (IStGH), die Regierung nimmt das Verfahren zum Rückzug gemäß internationalem Recht vor. So ein Zufall - just, wo der israelische Ministerpräsident Benjamin Netanjahu, gegen den ein vom IStGH ausgestellter Haftbefehl wegen Kriegsverbrechen vorliegt, das Land besucht. Noch-Bundeskanzler Olaf Scholz erwartet, eigenen Angaben zufolge, übrigens nicht, dass Netanjahu bei einem Deutschland-Besuch verhaftet werden würde. "Dass es zu einer Verhaftung kommt, kann ich mir nicht vorstellen", so der SPD-Politiker.

J.D. Vance freut sich, er hat gerade den ersten Preis im Donald-Look-alike-Contest gewonnen.
(Foto: AP)
Ausnahmsweise in dasselbe Horn bläst auch der voraussichtliche künftige Bundeskanzler Friedrich Merz: Er hatte Ende Februar ein baldiges Treffen mit Netanjahu in Deutschland in Aussicht gestellt. Auch Merz versicherte dem israelischen Regierungschef, dass er in Deutschland nicht festgenommen werden würde. Wozu dann noch Urteile eines IStGH? "Send in the Clowns!"
Schiffe versenken mit Hitler und Honecker
So könnte das ewig weitergehen: Elon Musk trägt einen Käsehut, hadert mit den unpopulären Entscheidungen, die er als DOGE-Chef treffen muss, allerdings nur, weil ihm die Tesla-Käufer in großem Stil abspringen und die Aktie abschmiert, und Boris Becker denkt laut nach: "Die CIA hat in freigegebenen argentinischen Akten soeben bestätigt, dass Hitler nach dem Zweiten Weltkrieg Deutschland verlassen hat und nach Argentinien gegangen ist", heißt es in dem mit einem Hitler-Foto und einer CIA-Akte garnierten, mittlerweile gelöschten Beitrag.
Becker selbst kommentierte dies mit den Worten: "Wow … Was stimmt mit all den Filmen nicht, die behaupten, Hitler sei in Deutschland und Österreich gestorben." Da fragt man sich doch: Wie kann man in zwei Ländern gleichzeitig sterben? Und hat er sich in Südamerika später vielleicht sogar mit den Honeckers getroffen und eine Runde "Schiffe versenken" oder "Risiko" gespielt? "Send in the Clowns!"
Irgendwie infantil
Laut Medien soll übrigens längst klar sein, dass der letzte große Fußball-Entertainer - Thomas Müller - seinen Verein im Sommer verlassen muss. Ein neuer Vertrag soll ihm, so ist wohl der Stand, nicht mehr angeboten werden. Grundsätzlich spricht Bayern Münchens Sportvorstand Max Eberl bei der Vereinsikone von einer "ganz speziellen Situation" und sagt daher, obwohl er nichts sagen wollte: "Ich habe schon ganz viele Spieler gehabt, wo man irgendwann sagen muss: Vielleicht ist es vorbei - aber das tun wir gemeinschaftlich, wenn es soweit ist." "Send in the Clowns!"
Einen hab' ich noch: Gianni Infantino hat mal wieder die Fußball-Welt überrumpelt. Der FIFA-Boss verkündete - auch wieder mal - die Vergabe von Weltmeisterschaften, bevor es überhaupt eine Abstimmung darüber gab. Das hat er schon mit Saudi-Arabien gemacht. Dieses Mal geht es um zwei Turniere der Frauen ("Ach so, nur Frauenfußball"): Der FIFA-Präsident hat in seinem Grußwort beim UEFA-Kongress in Belgrad die Gastgeber für die Weltmeisterschaften der Fußballerinnen 2031 und 2035 verkündet.
Laut Infantino wird das übernächste Turnier (in sechs Jahren) in den USA stattfinden, möglicherweise mit den Co-Gastgebern Nord- und Mittelamerika. 2035 soll es ins Vereinigte Königreich nach England, Schottland, Wales und Nordirland gehen. Hätten wir das auch geklärt. Lustig eigentlich, dass sich Leute noch über den Typen aufregen; dumm, dass an dieser Personalie nichts geändert wird. "Send in the Clowns!"
Quelle: ntv.de