Panorama

Aufmerksamkeit gegen Vergessen Die vermisste Maddie und die Medien

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Madeleines Eltern haben die Hoffnung nie aufgegeben, ihre Tochter zu finden.

Madeleines Eltern haben die Hoffnung nie aufgegeben, ihre Tochter zu finden.

(Foto: dpa)

Als Madeleine McCann verschwindet, ist das Medieninteresse riesengroß. Und seit 18 Jahren kaum geringer geworden. Die Eltern füttern eine PR-Maschinerie und werden selbst gefressen -um ihr Kind zu finden.

Es ist ein Mediensturm, der über den beschaulichen Urlaubsort Praia da Luz in Portugal hereinbricht, als dort vor etwas mehr als 18 Jahren ein kleines britisches Mädchen vermisst gemeldet wird. Die damals dreijährige Madeleine McCann- in Medien meist Maddie genannt - verschwindet aus ihrem Bett in einer Ferienanlage, während die Eltern beim Abendessen in einem nahen Restaurant sitzen. Danach wird der kleine Ort von Journalisten überrannt.

Es ist Madeleines Vater Gerry, ein Mediziner aus Schottland, der damals eine professionelle PR-Maschinerie in Gang setzt. Er will verhindern, dass seine Tochter aus der öffentlichen Wahrnehmung verschwindet. Und die britischen Boulevardmedien stürzen sich auf den Fall. Bald löst er auch weltweit Interesse aus, wie wohl nie ein Vermisstenfall zuvor.

Zum 18. Jahrestag von Madeleines Verschwinden am 3. Mai schreiben die McCanns auf ihrer Webseite: "Unsere Entschlossenheit, keinen Stein auf dem anderen zu lassen, ist unerschütterlich."

Interpol listet mehr als 10.000 Fälle

Von Madeleine, die inzwischen 22 Jahre alt wäre, fehlt bis heute jede Spur. Doch derzeit macht das Thema wieder internationale Schlagzeilen. Hintergrund ist eine Suchaktion deutscher Behörden in Portugal. Sie steht im Zusammenhang mit dem mehrfach verurteilten Sexualstraftäter Christian B., der in dem Fall seit einigen Jahren als Verdächtiger gilt. Der Fall Maddie ist wieder in aller Munde.

Dabei ist das Verschwinden des Mädchens kein Einzelfall. Die internationale Organisation zur Polizeizusammenarbeit, Interpol, listet auf ihrer Webseite 10.614 offene Vermisstenfälle. Darunter sind viele Kinder, teils sogar Babys. Allein die britische Polizei führt in ihrem jüngsten Bericht knapp 1.500 langfristig vermisste Minderjährige.

Schadete der Medienrummel den Ermittlungen?

Bei der portugiesischen Polizei soll der Medienrummel von Anfang an für Befremden und Misstrauen gesorgt haben. Verstärkt wird das umso mehr, als die britischen Zeitungen mit angelsächsischem Überlegenheitsgefühl über die angeblich dilettantischen Ermittler aus dem südeuropäischen Land berichten.

Zwischenzeitlich stehen Mutter Kate und Vater Gerry McCann selbst unter Verdacht. Für eine Weile halten die Ermittler es für möglich, dass das Kind bei einem Unfall gestorben sein könnte und die Eltern die Leiche verschwinden ließen - und die Medientrommel als Ablenkungsmanöver nutzen.

Spekuliert wird auch, ob die mediale Aufmerksamkeit den Druck auf einen möglichen Entführer erhöht haben könnte, das Mädchen zu töten, um einer Entdeckung zu entgehen.

Grenzen überschritten

Dabei werden die McCanns im Laufe der Zeit selbst zum Opfer der Sensationsgier des britischen Boulevards. Die Story über Maddie fällt in eine Zeit, als die britischen Medien zügelloser denn je sind. Britische Journalisten hören Telefone ab, um an Informationen über Prominente und Verbrechensopfer zu kommen. Nichts ist heilig.

Die inzwischen eingestellte Wochenzeitung "News of the World" veröffentlicht Tagebucheinträge von Kate McCann aus der Zeit der Entführung ohne deren Zustimmung - und muss sich später öffentlich dafür entschuldigen.

Mehr als eine Million Pfund an Schmerzensgeld und Entschädigungszahlungen an die McCanns und ihre Freunde fließen in eine Stiftung, die das Paar gründet. Mit deren Hilfe wollen sie die Suche nach ihrer Tochter finanzieren. Sie lassen nichts unversucht: Privatdetektive, Besuch beim damaligen Papst Benedikt, ein Gespräch mit US-Talkmasterin Oprah Winfrey - alle Hebel werden in Bewegung gesetzt, um auf das Schicksal ihrer Tochter aufmerksam zu machen.

Lange Zeit sieht es so aus, als seien die McCanns mit dieser Strategie gescheitert. Doch sollte sich der Verdacht der Braunschweiger Staatsanwaltschaft gegen Christian B. erhärten, könnte sich diese Bewertung dramatisch ändern. Auch wenn das ihre noch immer nicht aufgegebene Hoffnung, ihre Tochter lebend zu finden, zerstören dürfte. Anders als die britischen Ermittler geht die deutsche Staatsanwaltschaft fest davon aus, dass Madeleine tot ist.

Quelle: ntv.de, Christoph Meyer, dpa

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