Panorama

Von schwedischem Arzt verschlepptEntführungsopfer bricht sein Schweigen

16.01.2017, 12:01 Uhr
Eriksson
Die Frau entging wohl nur mit viel Glück einer jahrelangen Verschleppung. (Foto: Youtube/Skavlan)

Ein schwedischer Arzt entführt eine Frau, verschleppt sie in einen Bunker. Sie soll seine Freundin sein. Der Täter wird zu einer Haftstrafe verurteilt, nun meldet sich nach Monaten das Opfer zu Wort und berichtet, wie perfide der Mann vorging.

Der Fall erinnerte an den Österreicher Josef Fritzl, der seine Tochter 24 Jahre lang im Keller seines Hauses festhielt und immer wieder missbrauchte. In Schweden baute ein Arzt jahrelang einen Bunker aus, um dort eine Frau gefangen zu halten. Der Mann wurde im vergangenen Jahr zu einer Gefängnisstrafe verurteilt. Nun hat sich erstmals das Opfer über die Tat geäußert.

Die Frau, die unter dem falschen Namen Isabell Eriksson auftrat, berichtete im schwedischen Fernsehen, wie sie ihrem späteren Entführer Martin Trenneborg als Escortdame begegnete. Er hatte sich ihr bei einem ersten Treffen im September 2015 als Amerikaner vorgestellt, der in London mit Aktien handelte. Die beiden hatten Sex, ihr Kunde zahlte.

Sie sei von ihm begeistert gewesen, sagte "Eriksson", die etwa Mitte 30 sein dürfte. Auch deshalb stimmte sie einer weiteren Verabredung zu, zunächst habe es geheißen, sie solle ihren Kunden auf eine Dinnerparty begleiten. Dann aber brachte Trenneborg Sekt und Obst mit. "Ich erinnere mich, dass er mich mit Erdbeeren fütterte", berichtete die Frau: Dann sei alles dunkel geworden. Die Früchte waren mit dem Betäubungsmittel Rohypnol getränkt.

"Eriksson" kam erst wieder zu sich, als ihr Entführer sie zunächst in einem Rollstuhl zum Auto und dann auf einen abgelegenen Bauernhof gebracht hat. Sie weiß nicht, wo sie ist. "Ich sah ein Blechdach und einen Mann, der neben mir auf einem Stuhl saß und mich ansah, und ich sah, dass ich eine Infusionsnadel im Arm hatte." Die habe sie sich sofort rausgerissen. Trenneborg erklärte ihr, er habe sie entführt und wolle sie nun einige Jahre festhalten, damit sie seine Freundin sein könne.

Psychoterror und langfristige Pläne

Sie habe versucht, ihn anzugreifen, sei aber noch zu betäubt gewesen. Daraufhin habe er ihr gedroht, wenn sie das noch einem einmal versuchen sollte, "würde er mich ans Bett fesseln und nur mit Knäckebrot füttern." Außerdem habe Trenneborg ihr gesagt, wenn sie ihn angreifen und töten würde, bliebe sie mit seiner "stinkenden Leiche" in dem Verließ zurück, weil sie sich nicht allein befreien könne.

bunker-ritning
Der Bunker auf Polizeibildern. (Foto: Polizei)

Das Versteck war etwa 60 Quadratmeter groß, nach "Erikssons" Angaben war der Entführer stolz auf sein Bauwerk, weil er es ganz allein gebaut hatte. "Es war kalt und dreckig. Der Boden war aus Steinen, überall standen Zementsäcke." Im Prozess gegen Trenneborg wurde deutlich, dass es sich schalldicht abgeschlossen und ohne Tageslicht unter einem Maschinenraum befand. Der Raum war mit mehreren Tresortüren und elektronischen Schlössern verriegelt und mit Büchern, Hygieneartikeln, Medikamenten, Getränken und Kleidung ausgestattet. Die Bauarbeiten für das Versteck hatten offenbar bereits 2010 begonnen.

Ihr Entführer sei "sehr ruhig gewesen", sie habe nie gewusst, ob er sie töten oder vergewaltigen wolle. Der Arzt nahm ihr Blut ab und ließ es auf sexuell übertragbare Krankheiten untersuchen. Er plante, ungeschützten Sex mit ihr zu haben. Jede Nacht schläft er bei ihr. "Er wollte, dass wir zusammen schlafen", berichtete die Frau in dem TV-Interview. "Und es war absolut schrecklich, neben jemandem zu schlafen, der einen entführt hat. Er wollte immer Körperkontakt haben."

Ihr Entführer habe Spaß daran gehabt, sie psychisch zu quälen. So sei er mit verschiedenen Masken in ihr Verlies gekommen. „Ich hoffte, dass jemand gekommen war, um mich zu retten.“ Trenneborg habe die Maske abgenommen und sie ausgelacht. In einem andern Fall, habe er ihr eine Pistole gegeben und sie aufgefordert, ihn zu erschießen, die Türen seien offen. Aber sie habe sich geweigert, es stellte sich dann heraus, dass die Waffe nicht geladen war.

Der Fall flog auf, weil "Erikssons" Familie die Frau als vermisst gemeldet und die Polizei eine umfangreiche Suchaktion gestartet hatte. Trenneborg brachte sie daraufhin zu einer Polizeiwache, auf der sie aussagen sollte, dass es ihr gut gehe. In den getrennten Befragungen berichtete sie jedoch von der Entführung, der Täter wurde festgenommen und später zu einer achtjährigen Gefängnisstrafe verurteilt. Das Opfer lebt seitdem unter falschem Namen und arbeitet nicht mehr als Prostituierte. "Ich will mein Leben wiederhaben. Ich habe Angst vor dem Tag, an dem er wieder freikommt. Ich werde sehr lange an einer geheimen Adresse leben müssen." In Kürze soll ein Buch erscheinen, das die Frau über die Entführung geschrieben hat.

Quelle: ntv.de, sba

EntführungKriminalitätPolizeiProzesseSchweden