
Lassen Sie sich Zeit - auch wenn es bei Ihnen gefühlt immer um Kopf und Kragen geht.
(Foto: ms)
Heute geht es um ein Überlebens-Essen, das zum Sterben lecker ist. Sagt Matthias Steiner, der es wissen muss. Er begibt sich zurück in die Zeit, in der "vegan" noch nicht geboren war, in der man Speisen tagelang vorbereitete, und in der mehr wirklich mehr war.
Vegan ist keine Erfindung der gesundheits-, tierwohl-, nachhaltigkeits- und umweltbewegten Esser, das belegt mein heutiges Rezept "Aubergine Imam Bayildi". Es ist immerhin einige Jahrhunderte alt. Und wenn man weiß, dass eine Aubergine zu 90 Prozent aus Wasser (und leider auch vielen Bitterstoffen) besteht, ist es ein kleines Wunder, dass man aus ihr so ein wundervolles Gericht zaubern kann. Das Geheimnis liegt in der Qualität des Gemüses: Es sollte glänzende, intakte Haut haben, nicht zu weich sein, und wenn beim Aufschneiden wenig Kerne zum Vorschein kommen: perfekt! Das Geheimnis liegt natürlich aber auch in der Zubereitung.

Wenn das Bittere erstmal raus ist, dann schmeckt die Aubergine nicht mal nach Eierfrucht, sondern einfach nur gut.
(Foto: ms)
Offiziell heißt diese Köstlichkeit übersetzt "der Imam, der in Ohnmacht fiel" - wohl weil er so entzückt war. Aber ein befreundeter Küchenchef hat mir eine ganz andere Version erzählt, die mir viel besser gefällt: Ein etwas rebellischer Imam aus Istanbul in der Zeit der großen Wirren und Umbrüche in dieser famosen Vielvölkerstadt am Bosporus hatte mal wieder eine wagemutige Morgenpredigt gehalten und wurde dafür eingekerkert - sowie gleich zum Tode verurteilt. Die Frage nach der Henkersmahlzeit beantwortete er entschlossen mit: "Einmal Aubergine Imam Bayildi, bitte." Wohlwissend, dass dieses Gericht eine lange Vorbereitungs- sowie Ruhezeit über Nacht erforderte. Es kam, wie der schlaue Geistliche es kommen lassen wollte: Bis zum nächsten Tag, dem der Hinrichtung, hatten sich die politischen Verhältnisse im turbulenten Istanbul komplett verändert und er kam wieder frei. Dieses Rezept hat also lebensrettende Qualitäten und könnte auch deswegen ein Klassiker sein.
Jetzt will ich Ihnen natürlich nicht aufbürden, für das Mittagessen schon 24 Stunden zuvor anzufangen, denn heutzutage sieht man das mit den Ruhezeiten nicht mehr so eng. Ich setze zwei Stunden an, wenn ich mich beeile, und davon ist eine Stunde im Ofen schon inbegriffen. Aber machen Sie es doch wie damals zur Zeit der Kreuzzüge: Einen Tag alles vorbereiten, dann ziehen lassen und am nächsten Tag erst in den Ofen schieben, es schadet bestimmt nichts!
Wichtig ist in jedem Fall die Zeit der Ruhe für die gesalzenen, halbierten Auberginen: Das zieht die Bitterstoffe aus dem Gemüse und macht es halb gar, in jedem Fall weniger zäh. Allein dieser Prozess darf eine Stunde dauern, eine halbe sollte es mindestens sein.
Und packen Sie alle Bedenken weg, was die Menge an Zwiebeln und Knoblauch in der Tomatensoße betrifft. Mehr ist hier mehr.
Die lila "Eierfrucht" hat nämlich selbst keinen rasend überzeugenden Eigengeschmack. Mit ihrer Nachtschatten-Verwandten Tomate kommt sie eh immer gut aus und eine Prise Kreuzkümmel ergänzt die nahöstlich-türkische Note perfekt. Heute essen wir, weil es sie nirgendwo besser als in Italien gibt, kleine Focaccie dazu. Die gerösteten Pinienkerne sind reiner Luxus, passen aber perfekt. In meinem Restaurant habe ich einen gebratenen Mandel-Reis dazu serviert, den man mit Safran oder auch Curry anreichern kann. Zum Sterben lecker - aber doch eigentlich ein Überlebensessen!
Rezept:
4 Auberginen
8 rote Zwiebeln
1 Knolle Knoblauch
2 Liter passierte Tomaten
1 Bund Blatt Petersilie
1 Zitrone
Olivenöl
Pinien Kerne
Salz , Pfeffer, Ras el Hanout
Für 4 Personen
Zubereitungszeit 2 Stunden
Zubereitung
Die Auberginen schälen, halbieren und das Fruchtfleisch über Kreuz einschneiden, dann salzen und eine Stunde ziehen lassen.
Derweil die Zwiebeln und den Knoblauch schneiden und in Olivenöl dünsten.
Die Auberginen trocknen und anbraten, dann in einer feuerfesten Casserole mit den gedünsteten Zwiebeln und dem Knoblauch bedecken, mit Pfeffer und Ras el Hanout bestreuen und mit Tomaten-Passata auffüllen.
Jetzt 1 Stunde bei 180 Grad im Ofenrohr backen.
Zum Service mit gerösteten Pinienkernen bestreuen.
Gremolata/ Soße à part zum Beträufeln:
Petersilie und Knoblauch fein schneiden.
Die Schale der Zitrone reiben und alles mit Olivenöl vermengen.
Mit Salz und Pfeffer abschmecken.
Quelle: ntv.de