Panorama

Risikogruppen schützen Experten: "Rückgang der Fallzahlen nicht um jeden Preis"

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Ärzte fordern bundeseinheitliches Ampelsystem.

(Foto: imago images/Hans Lucas)

Bund und Länder ringen erneut um Schritte im Kampf gegen Corona. Kurz vor dem Treffen fordern Ärzte nun einen Strategieschwenk. Sie plädieren für ein bundeseinheitliches Ampelsystem zur Bewertung der Lage sowie mehr Schutz für Risikogruppen. Zudem müsse die Kommunikation klarer werden, um den Rückhalt nicht zu verlieren.

Kurz vor dem neuerlichen Treffen der Ministerpräsidenten mit Bundeskanzlerin Angela Merkel zu weiteren Maßnahmen im Kampf gegen Corona legen Wissenschaftler und Ärzte eigene Forderungen vor. In einem ntv vorliegenden Thesenpapier fordern sie unter anderem die Einführung eines bundesweit einheitlichen Ampelsystems zur besseren Bewertung der Lage sowie die Bündelung der Ressourcen zum Schutz der Risikogruppen. Das Papier soll am morgigen Mittwoch unter anderen vom Chef der Kassenärzte, Andreas Gassen, sowie den Virologen Hendrik Streeck und Jonas Schmidt-Chanasit vorgestellt werden.

Die aktuell rasant steigenden Fallzahlen zeigten, dass die Coronavirus-Pandemie nicht mehr "ausschließlich im Rahmen einer Kontaktnachverfolgung" einzudämmen sei, heißt es in dem Papier. So fordern sie, dass sich ein bundesweit einheitliches Ampelsystem, das sich nicht allein auf die Kennzahl der Neuinfektion in den vergangenen sieben Tagen pro 100.000 Einwohner beschränkt. Vielmehr solle es "alle relevanten Kennzahlen, wie Infektionszahlen, Anzahl der durchgeführten Tests, stationäre und intensivmedizinische Behandlungskapazitäten" beinhalten.

Dadurch könnten Bund und Länder "dann klar kommunizieren, wie die aktuelle Situation aussieht, mit welchen Entwicklungen zu rechnen ist und mit welchen Maßnahmen darauf reagiert werden sollte". Außerdem könnten die Gefährdungslage von Risikogruppen und eine mögliche Überlastung des Gesundheitswesens frühzeitig identifiziert werden, heißt es weiter.

Zugang zu Heimen und Krankenhäusern nur nach Schnelltest

Oberste Priorität müsse der Schutz von Risikopatienten haben, fordern die Autoren und Unterzeichner. Als weitere Präventionsmaßnahmen schlagen sie unter anderem vor, den Zugang zu Senioren- und Pflegeheimen sowie Krankenhäusern nur noch nach einem negativen Antigen-Schnelltest zu erlauben und das Personal regelmäßig zu testen.

Um die Pandemie zu bekämpfen, brauche es dennoch vor allem die Bereitschaft der Bürgerinnen und Bürger, mitzuarbeiten. Dazu sei es nötig, auf Gebote und nicht so sehr auf Verbote zu setzen. Statt der Verbreitung von Angst und Panik solle den Menschen Hoffnung und Mut gemacht sowie ihnen Alternativen aufgezeigt werden. "Sobald sich Verordnungen als widersprüchlich, unlogisch und damit für den Einzelnen als nicht nachvollziehbar darstellen oder von Gerichten außer Kraft gesetzt werden, bekommen wir ein Akzeptanz- und Glaubwürdigkeitsproblem", heißt es in dem Papier.

Lockdowns, wie sie voraussichtlich zwischen Bund und Ländern beim morgigen Treffen beraten werden, sind aus Sicht der Wissenschaftler nicht die richtige Antwort. Schon jetzt stünden ganze Wirtschaftszweige vor dem Abgrund. Die soziale Ungleichheit wachse und wichtige medizinische Behandlungen würden ausgelassen. Der Rückgang der Fallzahlen sei "politisch zwar eine dringende Aufgabe, aber nicht um jeden Preis". heißt es weiter.

Quelle: ntv.de, jwu

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