Gruppendruck unter Muslimen?Fasten sorgt an Schulen für Probleme

Nichts essen und trinken von Sonnenaufgang bis Sonnenuntergang: Immer mehr Schüler fasten im Ramadan. Lehrer sorgen sich, eine Berliner Bürgermeisterin warnt in einem Leitfaden vor den Folgen - doch nur 3 von 20 Moscheevereinen unterstützen das Papier.
Die Bürgermeisterin des von vielen Muslimen bewohnten Berliner Bezirks Neukölln sorgt sich über die wachsende Zahl fastender Kinder während des Ramadans. Franziska Giffey zweifelte in einem vom Deutschlandfunk veröffentlichten Bericht die "vielgerühmte freie Entscheidung" an. Ob gefastet werde oder nicht, sei von einer "gewissen Gruppendynamik" bestimmt. Die Bürgermeisterin warnte unter anderem vor schulischen Nachteilen.
Die SPD-Politikerin betonte, es könnten wegen des Ramadans keine Prüfungen verschoben oder Kinder aus dem Schwimmunterricht genommen werden, weil dort die Gefahr bestehe, dass sie Wasser schluckten. Das Bezirksamt veröffentlichte zum diesjährigen Ramadan eine Broschüre, die sich an Eltern, Schüler und Lehrkräfte richtet.
Lernen ist "schwere Arbeit"
Darin heißt es unter anderem, dass fastende Kinder und Jugendliche dem Unterricht häufig nicht mehr aufmerksam folgen könnten. Einer der zwölf Ratschläge lautet: "Lernen ist für Kinder und Jugendliche schwere Arbeit - wer arbeitet, für den oder die gibt es religiös begründete Ausnahmen." Giffey kritisierte, dass nur 3 von 20 Moscheevereinen die Empfehlungen des Bezirksamts mittragen.
Ab welchem Alter muslimische Kinder fasten sollten und wie streng die Fastenregeln anzuwenden sind, ist umstritten. Der Ramadan, neunter Monat im islamischen Mondkalender, verschiebt sich von Jahr zu Jahr zehn oder elf Tage im Jahresverlauf nach vorne. In diesem Jahr begann der Fastenmonat am 27. Mai und endet am 24. Juni. Somit fällt er größtenteils in eine entscheidende Schuljahresphase. Während des Ramadans dürfen Gläubige von Sonnenaufgang bis Sonnenuntergang weder essen noch trinken. Derzeit geht in Deutschland die Sonne gegen 5.30 Uhr auf und gegen 21.45 Uhr unter. Das bedeutet, dass fastende Schüler ohne ausreichendes Frühstück und übernächtigt in die Schule kommen, denn das abendliche Essen in den Familien wird lange und ausgiebig zelebriert.