Verdacht auf KindesmissbrauchFestnahmen nach bundesweiten Razzien

In mehreren Bundesländern nimmt die Polizei Tatverdächtige fest, durchsucht Wohnungen und sichert Beweise. Bei den Razzien geht es um sexuellen Missbrauch von Kindern. Die Polizei Münster hat den Einsatz koordiniert - und das ist kein Zufall.
Der wiederholte Kindesmissbrauch auf einem Campingplatz in Lügde steht offenbar in Zusammenhang mit Razzien und Festnahmen in vier Bundesländern. Bei dem länderübergreifenden Polizeieinsatz geht es um Ermittlungen zu Kinderpornografie und sexuellem Missbrauch. Nach Angaben der Polizei Münster, die die Ermittlungen leitet, wurden Objekte in Brandenburg, Niedersachsen und Hessen durchsucht.
Über die Hintergründe und Zusammenhänge wollen Staatsanwaltschaft und Polizei Münster am Samstag informieren. Weitere Details wollte eine Polizeisprecherin wegen der laufenden Ermittlungen noch nicht nennen. Ausgangspunkt sind Ermittlungsverfahren gegen Tatverdächtige in Nordrhein-Westfalen.
Die Polizei in Frankfurt (Oder) hat Durchsuchungen im brandenburgischen Finowfurt in einem Wohnhaus und einem Kleingarten bestätigt. Bei dem Einsatz sei es um Kinderpornografie gegangen, teilt eine Sprecherin der Polizei mit. Die Aktion sei von Beamten aus Nordrhein-Westfalen geplant und durchgeführt worden. Die Brandenburger Kollegen hätten lediglich Unterstützung geleistet. Ein Mann wurde nach Angaben der Polizei festgenommen.
"Chefsache" seit Lügde für NRW-Innenminister Reul
Nordrhein-Westfalen ist seit Anfang 2019 mit mehreren Fällen von schwerem sexuellen Kindesmissbrauchs in die Schlagzeilen geraten. Zuerst war der Fall Lügde bekannt geworden. Auf einem Campingplatz im Kreis Lippe waren Kinder hundertfach von mehreren Männern über Jahre schwer sexuell missbraucht worden. Das Landgericht Detmold verurteilte die Täter im Herbst 2019 zu Gefängnisstrafen. Ermittlungen zu einem bundesweiten Kinderpornografie-Tauschring hatten im Oktober 2019 in Bergisch Gladbach bei Köln begonnen und erstrecken sich mittlerweile auf sämtliche Bundesländer. Allein in NRW wird gegen mehr als 20 Verdächtige ermittelt. Ende April hatte ein erster Prozess in Mönchengladbach gegen zwei 39 Jahre alte Männer begonnen.
Nordrhein-Westfalens Innenminister Herbert Reul von der CDU hatte nach dem Fall Lügde das Thema Kindesmissbrauch zur Chefsache erklärt. Er stattete die Behörden landesweit mit mehr Personal aus und professionalisierte die technische Ausstattung für die Auswertung von Fotos und Videos mit kinderpornografischem Material. Die Zahl der Strafanzeigen bei Kinderpornografie stieg bis November 2019 um 63 Prozent im Vergleich zum Vorjahreszeitraum, bei Kindesmissbrauch um 18 Prozent.