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Doch kein E-Auto als Brandherd? Brennender Frachter droht zu kentern

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Das Feuer auf dem Autofrachter vor der niederländischen Insel Ameland lässt sich nur schwer eindämmen. Vor allem die Lithium-Batterien der E-Autos erschweren die Löscharbeiten. Zudem könnte der Frachter bei zu viel Löschwasser kentern. Die Küstenwache geht inzwischen davon aus, dass das Feuer erst in einigen Tagen gelöscht werden kann.

Dicke Rauchwolken hängen über dem Wattenmeer, Flammen lodern immer noch aus dem Auto-Frachter vor der niederländischen Insel Ameland. Gut 27 Kilometer vor der Küste versuchen Rettungskräfte auch am zweiten Tag, ein Sinken des Schiffes und damit eine Umweltkatastrophe zu verhindern. Doch die Eindämmung des Feuers verläuft mühsam.

Der mit knapp 3000 Autos geladene Frachter "Fremantle Highway" war in der Nacht zu Mittwoch in Brand geraten. Der Brandherd ist - entgegen ersten Meldungen, wonach das Feuer in einem E-Auto ausbrach - völlig unklar. Erst eine Untersuchung nach dem Löschen des Feuers dürfte möglicherweise Auskunft darüber geben, wo und warum das Feuer entstand.

Umweltkatastrophe droht

Bei einem Sinken des Schiffes könnten Treibstoff, Öl und natürlich die etwa 3000 Autos ins Wasser und auf den Meeresboden gelangen - darunter sind 25 E-Autos. "Wir tun alles, um das zu verhindern", sagte ein Sprecher der Wasserbehörde dem Radiosender NOS. Aber die Rettungskräfte bereiteten sich "auf alle Szenarien" vor. Auch auf deutscher Seite wappnen sich die Behörden für den Ernstfall.

Die Küstenwache stuft die Lage derzeit aber als "stabil" ein. Spezialisten eines Bergungsunternehmens seien mit einem Hubschrauber über das brennende Schiff geflogen. Die Experten auch von der zuständigen Wasserbehörde würden nun gemeinsam ein Vorgehen absprechen.

Die Bergung sei schwierig, sagte der Sprecher der Küstenwache, Edwin Granneman, zuvor. Das Feuer ist noch nicht unter Kontrolle. "Auf dem Schiff selbst wird auch nicht gelöscht und auch nicht von oben herab auf das Schiff", sagte der Sprecher. Denn bei zu viel Wasser auf dem Frachter könne dieser instabil werden. "Das Schiff kann dann kentern." Daher kühlen Löschboote, darunter auch eins aus Deutschland, nun die Seitenkanten des Schiffes.

Männer sprangen 30 Meter in die Tiefe

"Einer nach dem anderen sprang", sagte Kapitän Willard Molenaar vom Amelander Rettungsboot, das als erstes an der Unglücksstelle war. "Die waren echt in Not, sonst springt man nicht einfach so tief." Ein Sprung von Bord bedeutete einen Sprung in 30 Meter Tiefe. Sieben Menschen retteten er und seine Crew aus der See. Die übrigen wurden mit Hubschraubern von Bord geholt und in mehrere Krankenhäuser gebracht. Einige hätten Knochenbrüche und durch den Rauch Probleme beim Atmen.

22 Menschen wurden so gerettet. Ein Mensch starb. Über die Umstände des Todes wurde bisher nichts mitgeteilt.

Erste Erfolge

Zumindest gelang es aber, den Frachter mit einem Tau an einen Schlepper zu koppeln. "Die Lage ist nur zu instabil, um das Schiff wegzuschleppen", sagte der Sprecher. Mit dem Tau soll zunächst nur verhindert werden, dass der Frachter eine Schiffsroute von und nach Deutschland blockiert. Reeder teilten inzwischen auch mit, dass der Schiffsverkehr nicht beeinträchtigt sei.

Gegen Mitternacht in der Nacht von Dienstag auf Mittwoch war das Feuer auf dem Schiff ausgebrochen. Die "Fremantle Highway" fährt unter der Flagge von Panama. Sie war in Bremerhaven gestartet. Die Besatzung versuchte schnell, den Brand einzudämmen. Doch der breitete sich so rasend aus, dass die Männer das etwa 200 Meter lange Schiff verlassen musste.

Lösch- und Bergungsschiffe waren schnell zur Stelle - auch aus Deutschland kam Hilfe. Die japanische Reederei Kawasaki Kisen Kaisha erklärte, das Schiff sollte nach Singapur fahren. Die Crew habe aus 21 indischen Staatsbürgern bestanden. Die niederländische Küstenwache sprach von 23 Crewmitgliedern. Der Reederei lagen nach eigenen Angaben bis zum Abend keine Hinweise auf eine Ölverschmutzung vor. Vor allem die Lithium-Batterien der E-Autos erschwerten die Löscharbeiten, sagte der Sprecher der Küstenwache.

Erst kürzlich hatte der Industrieversicherer der Allianz (AGCS) vor erhöhtem Brandrisiko durch den Transport der Lithium-Ionen-Akkus auf Schiffen gewarnt. Hauptursachen für Brände, die von den Akkus ausgehen, seien Produktionsdefekte, beschädigte Batteriezellen oder Geräte sowie eine Überladung oder Kurzschlüsse, schreibt der Versicherer in seiner neuesten Schifffahrtsstudie. Sie seien tückisch, weil sie schwer zu löschen seien und sich spontan wieder entzünden könnten. "Die meisten Schiffe verfügen weder über ausreichenden Schutz noch über ausreichende Frühwarn- oder Löschfähigkeiten, um solche Brände auf hoher See zu bekämpfen", sagte der Schifffahrtsexperte Justus Heinrich.

Umweltorganisationen und auch Bürgermeister der Küstenregionen sind besorgt über mögliche Schäden durch Öl oder Müll. "Das könnte eine Umweltkatastrophe für die Nordsee und das Wattenmeer bedeuten", warnte ein Sprecher der Stiftung De Noordzee.

Auch der Bürgermeister der deutschen Nordseeinsel Borkum befürchtet schwere Umweltschäden. "Das Schlimmste wäre, dass das Schiff sinkt und unkontrolliert Schadstoffe in das Meer gespült werden", sagte Jürgen Akkermann der Deutschen Presse-Agentur. Einige denken nun auch zurück an die Katastrophe des Containerschiffs MSC Zoe 2019. Damals hatte das Schiff in der stürmischen Nordsee auf der Fahrt nach Bremerhaven 342 Container verloren. Die meisten zerbarsten beim Aufprall auf dem Wasser, in der Folge trieb tonnenweise Müll an die Strände.

Quelle: ntv.de, cls/dpa

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