Panorama

Missbrauchsprozess in Köln Gericht erhebt weitere Vorwürfe gegen Priester

Der 70-Jährige wurde schon 2010 erstmals von seinen Nichten angezeigt.

Der 70-Jährige wurde schon 2010 erstmals von seinen Nichten angezeigt.

(Foto: picture alliance/dpa)

Seit November muss sich ein katholischer Priester wegen sexuellen Missbrauchs von Kindern vor Gericht verantworten. Nun wird die Anklage um 85 weitere Vorwürfe erweitert. Trotz bekannter Gerüchte und Vorwürfe soll das Erzbistum Köln dem 70-Jährigen ermöglicht haben, allein mit Kindern zu arbeiten.

Die Missbrauchsanklage gegen einen katholischen Priester vor dem Landgericht Köln ist am Mittwoch um 85 Tatvorwürfe erweitert worden. 70 Fälle davon betreffen Kinder, 15 Jugendliche. Bei den Kindern geht es um 21 schwere Fälle von sexuellem Missbrauch wie Geschlechtsverkehr. Das jüngste missbrauchte Mädchen war den Angaben der Staatsanwaltschaft zufolge zum Tatzeitpunkt neun Jahre alt. Die Tatvorwürfe betreffen fünf zusätzliche Opfer. Die mutmaßlichen Taten fanden von 2002 bis 2018 statt.

Der heute 70-Jährige wusste demnach stets ein besonderes Abhängigkeitsverhältnis auszunutzen. Er missbrauchte zum Beispiel ein Mädchen, das in einer Ferienfreizeit Heimweh hatte. In einem anderen Fall erweckte er den Eindruck, sich um die Tochter einer alkoholkranken Mutter kümmern zu wollen. Als Krankenhausseelsorger baute er zu einer Familie ein besonderes Vertrauensverhältnis auf. In einem Fall schloss er mit Eltern eine "Therapievereinbarung" für ihre angeblich jähzornige Tochter ab.

Der Pfarrer steht seit November vor Gericht. Er ist des sexuellen Missbrauchs seiner Nichten angeklagt. Während des Prozesses meldeten sich jedoch weitere Opfer und sagten aus, sodass die Anklage nun erweitert wurde. Da es noch bis ins Jahr 2019 zu Übergriffen gekommen sein soll, wurde der Angeklagte Ende Januar aufgrund von Wiederholungsgefahr im Gerichtssaal verhaftet und nach der Sitzung in eine Justizvollzugsanstalt überführt.

Kein Wort über Verdächtigung

Obwohl den Verantwortlichen des Erzbistums Köln immer wieder Vorwürfe und Gerüchte gegen den Pfarrer zugetragen wurden, erhielt er stets aufs Neue die Gelegenheit, mit Kindern allein zu sein. Schon 2010 wurde der 70-Jährige erstmals von seinen Nichten angezeigt.

Der Vorsitzende Richter Christoph Kaufmann verlas am Mittwoch den Brief eines Leitenden Pfarrers, in dessen Verantwortungsbereich der Angeklagte gearbeitet hatte. Als er seine Stelle angetreten habe, sei er vom Erzbistum mit keinem Wort über den im Raum stehenden Verdacht gegen den Priester informiert worden, schrieb der Pfarrer in seinem Brief an den Richter. Mit Bestürzung verfolge er nun den Fortgang des Prozesses und frage sich, ob der Angeklagte auch Kinder aus seinem Verantwortungsbereich missbraucht habe. Er zeigte sich überzeugt davon, dass die Kirche weitere Taten des Angeklagten hätte verhindern können.

Quelle: ntv.de, mbu/dpa

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