Drogenskandal bei PI München Gesetzeshüter vor Gericht: "Hab Scheiß gebaut"
10.02.2022, 15:11 Uhr
Der Angeklagte erklärt seine Vergehen mit einer großen beruflichen und privaten "Doppelbelastung".
(Foto: picture alliance/dpa)
Er habe sich Kokain auf die Wache liefern lassen, das Zeug an Kollegen weiterverkauft und seinen Dealer vor Ermittlungen gewarnt, wirft die Staatsanwaltschaft einem Münchner Polizisten vor. Bei dem 28-Jährigen handelt es sich um keinen Einzelfall - sechs weitere Beamte sind ebenfalls angeklagt.
Unter Tränen hat der Angeklagte in einem Prozess um den Drogenskandal bei der Münchner Polizei ein weitgehendes Geständnis abgelegt. Er habe "Scheiß gebaut", sagt der Gesetzeshüter am Donnerstag weinend vor dem Münchner Amtsgericht. "Wir haben zusammen gefeiert, wir haben zusammen Drogen konsumiert." Er wolle "offen und ehrlich" sein. "Es war ein Zusammenspiel aus riesengroßer Schwäche und meinem doch noch irgendwie jungen Alter", sagte er. 2016 habe er das erste Mal Kokain konsumiert. "Irgendwas hat mich, verdammt nochmal, dazu gebracht zu sagen: Ja."
Er schilderte eine große berufliche und private "Doppelbelastung", weil er regelmäßig aus München zu seiner Familie in Thüringen habe pendeln müssen, für die er "ein Ventil" gebraucht habe: "Irgendwann kam einfach der Zeitpunkt, wo ich selber an mir auch körperlich gemerkt habe, dass es mich einfach fertig macht." Eine "Parallelwelt" nannte er seinen Drogenkonsum im Münchner Nachtleben. Eine "Möglichkeit, auszubrechen".
Drogen angeblich auch zum Dienst auf das Oktoberfest bestellt
Die Staatsanwaltschaft wirft dem inzwischen suspendierten Polizeibeamten vor, er habe sich Kokain auf die Polizeiwache und zum Dienst auf das Oktoberfest liefern lassen. Außerdem soll er selbst Drogen an Kollegen verkauft und seinen Dealer vor Ermittlungen gewarnt haben. Der Angeklagte bestritt in seiner Einlassung aber, sich beim Weiterverkauf von Kokain bereichert zu haben. Er habe die Drogen zwar für andere besorgt - aber nie mehr Geld dafür verlangt, als er selbst dafür bezahlt habe.
Angeklagt ist der 28-Jährige wegen 79 Straftaten, unter anderem wegen unerlaubten Besitzes und Handeltreibens mit Betäubungsmitteln, sowie wegen Unterschlagung und des Verrats von Dienstgeheimnissen. Der Drogenskandal hatte das Polizeipräsidium München 2020 erschüttert. Die Staatsanwaltschaft führte 39 Ermittlungsverfahren gegen 37 Polizeibeamte und erhob sechs Anklagen. In zwölf Fällen wurde nach Angaben von Sprecherin Anne Leiding ein Strafbefehl beantragt - auch wenn es dabei um sehr hohe Geldbeträge ging. Die juristische Aufarbeitung des Skandals wird in der kommenden Woche fortgesetzt. Am Dienstag beginnt ein neuer Prozess gegen einen weiteren im Drogenskandal beschuldigten Polizisten. Das Urteil im Verfahren gegen den 28-Jährigen könnte am 16. Februar fallen.
Quelle: ntv.de, mst/dpa