Sehr "fantasiebegabt"Halle-Attentäter nutzte Gegenstand aus Papier und Metall

Wie hat der Halle-Attentäter zwei JVA-Mitarbeiter in seine Gewalt bekommen? Die Leiterin des Hochsicherheitsgefängnisses in Burg gibt nun weitere Details preis. Demnach bedrohte der 30-Jährige die Bedienstete mit einer Vorrichtung aus gerolltem Papier, einem Bleistift und einem Stück Metall.
Bei der Geiselnahme im Gefängnis in Burg nahe Magdeburg hatte der Halle-Attentäter einen selbstgebauten Gegenstand aus gerolltem Papier dabei. Anstaltsleiterin Ulrike Hagemann berichtete am Abend im Rechtsausschuss des sachsen-anhaltischen Landtags, sie habe ein gerolltes Blatt Papier gesehen, das mit einem Bleistift verstärkt gewesen sei. Zudem habe sich daran ein Stück Metall befunden, wie eine Art Scharnier von einem Schrank oder einem Klodeckel. Vertreter von Innenministerium und Generalstaatsanwaltschaft erklärten, die Ermittlungen zu dem Gegenstand dauerten an. Es müsse geklärt werden, ob er als Waffe geeignet ist, oder ob es sich um eine Scheinwaffe oder Attrappe handelt.
Der Täter habe den Gegenstand Montagabend dem Beamten "unmittelbar vor die Stirn gehalten", den er Montagabend zuerst als Geisel nahm. Der Beamte habe gewusst, dass er einen der gefährlichsten Verbrecher Deutschlands vor sich hat, der zudem sehr "fantasiebegabt" sei. Der junge Beamte habe die Situation zurecht sehr ernst genommen, sagte Hagemann. Alles andere wäre fahrlässig gewesen.
Der 30-jährige Stephan B. hatte Montagabend zwei Bedienstete in seine Gewalt gebracht und wollte sich den Weg in die Freiheit erzwingen. Er wurde nach weniger als einer Stunde überwältigt. Die Leiterin des Hochsicherheitsgefängnisses schilderte detailliert die Abläufe. Der Beamte war beim sogenannten Nachtverschluss vom Halle-Attentäter überrumpelt worden. Nachdem er ihn mit der Scheinwaffe bedroht hatte, habe der Gefangene gesagt, "wir gehen jetzt raus". Dieser Aufforderung sei der Bedienstete aus Angst um sein Leben nachgekommen.
Post des Attentäters unter genauer Kontrolle
Durch einen ausgelösten Alarm seien weitere Bedienstete hinzugekommen. Nach der Öffnung eines Tores durch einen anderen Bediensteten sei der Gefangene auf einen Hof gelangt. Der zweite Bedienstete sei daraufhin als Geisel genommen worden, sagte Hagemann. Weitere Kollegen hätten sich positioniert und den Gefangenen überwältigt, als dieser einen Moment unaufmerksam gewesen sei.
Der Attentäter war im Dezember 2020 zu lebenslanger Haft und anschließender Sicherungsverwahrung verurteilt worden. Er hatte am 9. Oktober 2019, am höchsten jüdischen Feiertag Jom Kippur, versucht, die Synagoge von Halle zu stürmen und ein Massaker anzurichten. Als es ihm nicht gelang, auf das Gelände zu kommen, ermordete er vor der Synagoge eine 40 Jahre alte Passantin und in einem nahe gelegenem Döner-Imbiss einen 20-Jährigen. Auf der Flucht verletzte er weitere Menschen. Schon für das Attentat in Halle hatte der Täter Waffen selbst gebaut. Laut Hagemann wurde die Post des Attentäters und Geiselnehmers deshalb genau kontrolliert. Bei Besuchen sei sehr genau hingeschaut worden, um etwa Übergaben verbotener Gegenstände zu verhindern.