
Das waren noch Zeiten: Auf 'ne Kippe mit Sophia Loren (heute nur Matcha Latte mit Annalena Baerbock). Im Hintergrund Elsa Maxwell, Hollywood-Klatschkolumnistin.
(Foto: IMAGO/United Archives Keystone)
Als Journalistin/Kolumnistin bekommt man eine Menge Post. Das ist schön, sind es doch immerhin keine Rechnungen. Nicht so schön jedoch ist, dass die meiste "Post" gar nicht so nett ausfällt, fast würde ich lieber eine Rechnung bekommen. Deswegen heute mal eine Antwort auf Post von Herrn Brandt. In Kolumnenform.
Die Kolumne (lateinisch columna 'Stütze', 'Säule') bezeichnet in der Presse einen kurzen Meinungsbeitrag als journalistische Kleinform. Die Autorin einer regelmäßig erscheinenden Kolumne wird Kolumnistin genannt. Das Wort Meinung sollte man hervorheben: Die darf die Kolumnistin nämlich haben und den Leserinnen und Lesern kann das gefallen oder nicht. Beim Lesen sollte man verstanden haben, dass wir in einer Demokratie leben. Dass wir freie Berufswahl haben. Dass man das nicht lesen muss. Dass da - ganz wichtig - Humor drin sein darf. Dass nicht alles ganz ernst gemeint ist, aber doch Hand und Fuß hat. Beleidigungen jedenfalls bringen einen nicht weiter, da sind wir uns einig, oder? Und außerdem gefällt mir die Vorstellung, dass das Wort Kolumne vom lateinischen Wort Stütze, Säule kommt: Man kann sich daran festhalten. Man muss aber nicht.
Von Schimpfwort-Stotterern und Fäkal-Tourettlern
Als Journalistin/Kolumnistin bekommt man, wie gesagt, eine Menge Post. Dunja Hayali und viele andere, sehr prominente Journalistinnen, wissen ein trauriges Lied davon zu singen. Leider. Ich hab' schon von so vielen Schimpfwort-Stotterern und Fäkal-Tourettlern "Post" bekommen, dass es wirklich langweilig wäre, Ihnen, liebe Lesende, die schlimmsten (Best oder Worst of?) einfach nur so zu präsentieren.
Deswegen zeige ich Ihnen mal, was ein gewisser Herr S. Brandt, ich kenne ihn nicht, mir geschrieben hat - und antworte ihm, in Interviewform, das mag ich. Ziemlich harmlos schreibt er, aber von so großem Unwissen, dass ich mich an dieser Stelle genötigt sehe, für Aufklärung zu sorgen. Los geht's (Herr Brandt gibt mir quasi eine Steilvorlage für diese Kolumne, und das heißt, ich habe FAST GAR NICHT GEARBEITET für mein unverschämt vieles Geld, danke dafür!!). Ach ja, in meiner letzten Kolumne, über die er sich so aufgeregt hat, ging es um Julia Klöckner, Donald Trump und Diktaturen.
Herr Brandt: Guten Tag, es ist echt nicht zu fassen, was Sie für einen Quatsch schreiben. Wie ein kleines Mädchen.
Ich: Danke, ich fühle mich nun noch berufsjugendlicher als zuvor.
Frau Klöckner handelt nach der protokollarischen Ordnung des Bundestags.
Das ist ja wohl das Mindeste.
Was ist das eigentlich bei Ihnen für ein Problem?
Also bei mir ist gar kein Problem, wenn, dann HABE ich ein Problem. Aber nicht mal das. Also jedenfalls nicht in Bezug auf all das, was Sie, Herr Brandt, im Folgenden anführen.
Immer pro Fridays for Future aber wie selbstverständlich Fernflüge.
Woher wissen Sie denn, dass ich pro "Fridays for Future" bin? Ich habe meinen Kindern anfänglich erlaubt, die Schule zu schwänzen und an den Demos teilzunehmen, weil junge Menschen sich um die Zukunft, die wir ihnen schwer genug gemacht haben, kümmern müssen. Ich finde Greta Thunberg jedoch schon lange richtig dumm, teile ihre Ansichten wenig, kann sie eigentlich nicht ernst nehmen, auch wenn andere das tun. Leider hat mich bis jetzt noch niemand nach Übersee gesegelt, deswegen der Griff zum Flugzeug. Für "selbstverständlich" nehme ich übrigens nichts, ich weiß sehr genau, wofür ich dankbar bin. Aber das geht Sie, Herr Brandt, nichts an.
Allein wie selbstverständlich Sie einen New-York-Besuch so beschreiben ...
Sorry, dass ich da schon ein paarmal war. Sorry, dass ich da Freunde habe. Sorry, dass das anderen nicht so geht. Sorry? Not sorry!! Nur sorry dafür, dass ich da jetzt nicht hinmöchte. Selbstverständlich wegen Trump.
Aber passt auch zu Ihrer "Insta" Formulierung.
Häh?
Statt das alles kritisch zu sehen, wollen Sie als alternde Frau dazugehören zu der hippen Oberflächkeit (Sie meinen sicher Oberflächlichkeit, kein Ding, habe ich trotzdem verstanden).
Als "alternde Frau" – also Herr Brandt, Sie Charmeur, ich umarme diese Bezeichnung, ich feiere diesen Begriff geradezu. Halleluja! Wenn ich nicht altern würde, wäre ich ja tot. Neulich erst wurde ich gefragt, wann ich denn endlich alt werde. Das war ein Kompliment. Meine Antwort lautete, wie immer: Nächstes Jahr.
"Insta" als Code für "Ich habe verstanden", "Fühl ich total!" - "Ich bin die Gute, Schuld sind die alten, weißen Männer. Trump ist böse, ich bin gut".
Alte weiße Männer interessieren mich nicht genug. "Trump ist böse, ich bin gut" (zumindest besser als Trump) würde ich allerdings wiederholt unterstreichen.
Genau wegen so egoistischer Inkongruenz wie Ihrer ist die Gesellschaft so kaputt.
Das bezweifle ich. Wenn die Gesellschaft "kaputt" ist, dann wegen Männern wie Ihnen. Aber wie gesagt, dieses Alte-Männer-Thema interessiert mich nicht wirklich. Interessant ist nur, dass Männer, meist alt und weiß, maßgeblich daran beteiligt sind, dass diese Welt so kaputt ist. Die Ursachen für die tatsächliche Zerstörung sind vielfältig: Zerstörung der Landwirtschaft; durch globale Erwärmung bedingte Klimakrise mit Folgen wie Überschwemmungen und Nahrungsmittelknappheit; der Lebensstil der Superreichen, der zu über die Maßen hohen CO2-Emissionen führt; Krieg, Ungerechtigkeit, Hass und vieles mehr aus dem Kabinett des Grauens. Dass allerdings ausgerechnet mein Lebensstil nun zu dem der sogenannten Reichen gehören soll, die die Welt ja maßgeblich wirklich ruinieren, wage ich anzuzweifeln: Ich fahre sehr viel Rad; nur wenn es sein muss, fliege ich (weder mit dem Privatjet noch dreimal im Jahr an den Ballermann), ich trenne meinen Müll und kaufe kaum neue Klamotten (außer im Urlaub aka New York), und außerdem bin ich nicht Frau Bezos, auch wenn die mal Journalistin war. Kein Vergleich, zum Glück (für mich).
Aber ist ja klar: Sie stehen über der Kritik. Alle anderen sind nur dumme Nazis.
Dass ich nicht drüberstehe, sehen Sie an meiner Antwort, Herr Brandt, ich nehme mir also Zeit für Erdung, und leider haben Sie dennoch recht: Viele, zu viele (aber bei weitem nicht alle) sind dumme Nazis. (Was übrigens eine Art Tautologie darstellt, also "Nazis" und "dumm", weil: derselbe Sachverhalt.)
Hauptsache Sie können Ihre Weltgewandtheit allen unter die Nase reiben.
Sie zwingen mich dazu. (Nach Hauptsache käme ein Komma, nebenbei bemerkt.)
Wahrscheinlich am liebsten gleich so inszenieren wie Frau Baerbock.
Lustig, dass Sie die Annalena erwähnen, die treffe ich immer auf einen Matcha Latte in New York, stimmt. Und dann erzählen wir uns Alte-weiße-Männer-Witze.
Ein Urlaub an der Ostsee wäre ja unter Ihrem Niveau.
Nicht unter meinem Niveau, einfach keinen Bock drauf, ich fahre lieber an die Nordsee. Sylt, Sie wissen schon …
Trump macht vieles richtig. Das sehen viele Amerikaner so und auch viele außerhalb der USA.
Jedem Tierchen sein Pläsierchen. Oder auch: Chacun à son façon.
Natürlich nicht solche Tussis, die unnötigerweise Marihuana gutheißen.
Tussis, ich muss schon sehr bitten, Herr Brandt. Aber Marihuana - warum nicht. In Maßen. Und nicht unter 21.
Machen Sie doch Urlaub im Görlitzer Park.
Der war nicht schlecht ….
Das Problem bei Leuten wie Ihnen ist, dass sie so tief in Ihrer Lebenslüge feststecken, dass es Ihre ganze Identität in Frage stellen würden, wenn Sie zugeben, dass sie sich jahrelang geirrt haben.
Ich habe darüber mit meiner Therapeutin gesprochen, und ich muss sagen: Nö.
Sie beenden diese Lesermail nun mit:
S. Brandt
Und ich:
Mit (natürlich, ich bremse ja auch für Tiere) freundlichen Grüßen
Sabine Oelmann
Quelle: ntv.de