"Ocean Viking" darf anlegen Italien lässt 236 Bootsflüchtlinge an Land
01.05.2021, 13:40 Uhr
Die "Ocean Viking" darf mit 236 Migranten an Bord in den Hafen von Augusta auf Sizilien einlaufen (Archivbild).
(Foto: picture alliance / Hans Lucas)
Die "Ocean Viking" hat am Dienstag 236 Menschen auf dem Mittelmeer gerettet, die mit ihrem Schlauchboot in Seenot geraten waren. Italien erklärt sich nun bereit, die Migranten auf Sizilien an Land gehen zu lassen. Die Helfer üben derweil scharfe Kritik an der "menschenverachtenden" Flüchtlingspolitik der EU.
Die Seenotrettungsorganisation SOS Méditerranée darf 236 gerettete Bootflüchtlinge in Italien an Land bringen. Ihr Schiff "Ocean Viking" habe von den zuständigen Behörden den Hafen von Augusta auf Sizilien zugewiesen bekommen, teilte die Nichtregierungsorganisation in Berlin mit. Die Besatzung der "Ocean Viking" hatte die Flüchtlinge am vergangenen Dienstag aus zwei in Seenot geratenen Schlauchbooten im zentralen Mittelmeer gerettet. Fünf Tage zuvor hatte das Rettungsschiff stundenlang bei schlechtem Wetter nach einem Boot gesucht, zu dem es einen Notruf gegeben hatte. Doch die Besatzung fand schließlich nur noch ein zerborstenes Schlauchboot und zahlreiche im Wasser treibende Tote.
"Die Überlebenden, die wir heute an Land bringen können, sind erleichtert, endlich an einen sicheren Ort zu kommen", erklärte die Geschäftsführerin von SOS Méditerranée Deutschland, Verena Papke. "Doch bei den Retterinnen und Rettern hinterlässt das dramatische Erlebnis des Schiffbruchs mit 130 Toten in der vergangenen Woche Trauer und Bitterkeit." Die "Ocean Viking"-Besatzung habe "das dringende Bedürfnis, Europas Öffentlichkeit über die schockierende Realität, die sie im Mittelmeer erlebt haben, aufzuklären". Schuld daran sei die "EU-Abschottungspolitik". "In Libyen internierte, gefolterte und ausgebeutete Menschen haben keine andere Wahl, als die gefährliche Flucht über das Mittelmeer zu riskieren", hob Papke hervor.
Diese Zustände in Libyen seien "den politisch Verantwortlichen in der EU wohl bekannt". Dennoch entschieden sie sich bewusst dafür, nicht selbst zu retten, sondern dafür Libyens Küstenwache zu finanzieren. Auf diese Weise halte die EU "den Kreislauf der Gewalt und Menschenrechtsverletzungen aufrecht". Papke kritisierte, dass sich die Seebehörden in Libyen und den EU-Mittelmeerländern Italien und Malta zugleich weigerten, die Einsätze von zivilen Rettungsschiffe wie der "Ocean Viking" zu koordinieren und sie mit Informationen zu versorgen. Dies sei "zutiefst menschenverachtend".
Nach offiziellen Zahlen starben im vergangenen Jahr mehr als 1200 Menschen bei dem Versuch, über das Mittelmeer nach Europa zu gelangen. Experten gehen jedoch von einer hohen Dunkelziffer aus.
Quelle: ntv.de, jhe/AFP