Marine entdeckt 17 Leichen "Ocean Viking" rettet 236 Migranten
27.04.2021, 23:31 Uhr
Aus diesem Schlauchboot konnte die Hilfsorganisation SOS Mediterranee alle Menschen an Bord holen - in einem anderen Fall kam die spanische Marine für 17 Menschen zu spät.
(Foto: Flavio Gasperini/SOS Mediterranee)
Von Nordafrika aus wagen wieder mehr Menschen die riskante Überfahrt nach Europa. Die Hilfsorganisation SOS Mediterranee hat mit der "Ocean Viking" nun mehr als 200 Menschen vor Libyen gerettet. Nahe der Kanarischen Inseln kommt die Hilfe für die meisten Insassen eines Bootes jedoch zu spät.
Das Schiff "Ocean Viking" der Hilfsorganisation SOS Mediterranee hat 236 Bootsmigranten im Mittelmeer vor Libyen gerettet. Man habe die Menschen aus zwei überbesetzten Schlauchbooten in internationalen Gewässern an Bord genommen, berichten die Betreiber des Schiffs. Unter ihnen seien mehr als 100 unbegleitete Minderjährige, heißt es in einer Mitteilung der Rettungsorganisation. Demnach befanden sich die Schiffbrüchigen zu diesem Zeitpunkt rund 50 Kilometer vor der Westküste Libyens. Die Geflüchteten an Bord stammen aus rund 15 verschiedenen Ländern.
Auch die spanische Marine entdeckte heute ein Boot mit 41 Migranten, die rund 170 Seemeilen südlich der Insel Gran Canaria auf einem Boot unterwegs waren. Unter diesen Geflüchteten waren neun Frauen und drei Kinder. Alle Migranten aus dieser Gruppe waren nach Angaben der spanischen Behörden bei guter Gesundheit. Sie sollten nach Los Cristianos auf Teneriffa gebracht werden.
Etwa 500 Kilometer südöstlich der Insel El Hierro machte die spanische Marine jedoch eine grausige Entdeckung: In einem Boot befanden sich die Leichen von 17 Migranten aus Afrika, wie die Regierung der zu Spanien gehörenden Insel Teneriffa mitteilte. Nur drei Menschen konnten demnach noch lebend gerettet werden - zwei Männer und eine Frau. Die Überlebenden wurden gestern per Militärhubschrauber auf die Kanarische Insel gebracht. Das Boot soll ebenfalls nach Teneriffa geschleppt werden. Die Fahrt zum Hafen Los Cristianos werde voraussichtlich 48 Stunden dauern, hieß es.
Überfahrt oft auf überladenen und maroden Booten
Auf den Kanarischen Inseln ist die Zahl der eintreffenden Flüchtlinge stark gestiegen, seit die Kontrollen an der europäischen Südgrenze verschärft wurden. Die Überquerung des Atlantiks an der kürzesten Stelle zwischen Marokko und den Kanarischen Inseln beträgt rund 100 Kilometer. Allerdings ist die Überfahrt hier extrem gefährlich, weil es starke Strömungen gibt. Außerdem begeben sich die Geflüchteten häufig auf Booten auf die Reise, die sich in schlechtem Zustand befinden und überladen werden. Nach einer Erhebung der Organisation Caminando Fronteras kamen auf der Atlantik-Überquerung vom afrikanischen Festland zu den Kanaren im vergangenen Jahr mindestens 1851 Menschen ums Leben.
Wie viele Menschen genau die Überfahrt nicht schaffen, kann jedoch nur gemutmaßt werden. Vor einigen Tagen hatte es nach Berichten von SOS Mediterranee einen Zwischenfall mit vermutlich vielen Toten gegeben: Ein Schlauchboot soll vor Libyen, nordöstlich von Tripolis, gekentert sein. Die Menschen konnten trotz Notrufen nicht gerettet werden, wie Hilfsgruppen beklagten. Staatliche Stellen in Libyen und die Europäische Agentur für die Küstenwache, Frontex, wiesen italienischen Medien zufolge aber alle Vorwürfe zurück, sie hätten nicht schnell genug reagiert.
Das Bürgerkriegsland Libyen ist ein zentrales Transitgebiet für Menschen aus Nordafrika. Die privaten Rettungsaktionen sind politisch umstritten. Oft können die Hilfsschiffe in Italien anlegen, manchmal auch in Malta. Libyens Küstenwache bringt viele Bootsmigranten jedoch zurück an Land.
Quelle: ntv.de, joh/AFP