Mordmerkmal FrauenhassItalien nimmt Femizide ins Strafgesetz auf

Lediglich Zypern, Malta und Kroatien haben Femizide in ihrem Strafgesetzbuch definiert. Nun folgt Italien und verlangt lebenslange Haft, wenn Frauen aufgrund ihres Geschlechts umgebracht werden. Gleichzeitig verhindert die rechte Lega-Partei eine klare Regelung im Vergewaltigungsgesetz.
Wegen vieler Fälle von Gewalt gegen Frauen und Mädchen gibt es in Italien künftig im Strafrecht eigens einen Paragrafen gegen sogenannte Femizide. Das Parlament in Rom verabschiedete ein neues Gesetz, das jetzt in Kraft treten kann. Demnach können Straftaten gegen Frauen aufgrund ihres Geschlechts mit lebenslanger Haft bestraft werden. Zudem wurden die möglichen Strafen bei Stalking und der Verbreitung von gefälschten Videos verschärft. Frauenhäuser sollen mehr Geld bekommen.
Die neue Regelung wurde am Abend von der Abgeordnetenkammer einstimmig gebilligt. Im Sommer hatte bereits der Senat zugestimmt. Ministerpräsidentin Giorgia Meloni sprach von einem "wichtigen Zeichen gegen die Barbarei der Gewalt an Frauen". Neu ist, dass der Begriff Femizid als eigenständiges Verbrechen ins italienische Rechtssystem eingefügt wurde. Neben Zypern, Malta und Kroatien ist es erst das vierte EU-Land mit diesem Zusatzartikel im Strafgesetzbuch.
Artikel 577 führt eine Kategorie von Tötungsdelikten "aufgrund der Merkmale des Opfers" ein und sieht lebenslange Haft vor, wenn eine Frau aufgrund ihres Geschlechts "wegen Hass, Diskriminierung, oder zur Unterdrückung ihrer Freiheit" ermordet wird. Bislang sah das italienische Recht nur erschwerende Umstände vor, wenn der Täter mit dem Opfer verheiratet oder verwandt war.
Genauere Erfassung ermöglicht
Ministerpräsidentin Giorgia Meloni begrüßte den Schritt und bezeichnete die Maßnahme als ein Instrument zur "Verteidigung der Freiheit und Würde jeder Frau". Die Abstimmung erfolgte zwei Jahre nach der brutalen Ermordung der 22-jährigen Studentin Guilia Cecchettin durch ihren Partner. Der Fall hatte landesweit für Entsetzen gesorgt.
Seit Beginn dieses Jahres wurden laut amtlicher Statistik in Italien mindestens 85 Frauen ermordet. Die meisten Taten ereigneten sich innerhalb der Familie oder im Bekanntenkreis. In den Statistiken war bisher jedoch unklar, aus welchen genauen Beweggründen die Frauen umgebracht wurden. Der Artikel soll bei einer spezifischen Erfassung helfen und die geschlechtsspezifischen Fälle separat erfassen.
Verschärfung von Sexualstrafrecht vertagt
Mehrere Frauenrechtler und Juristen haben das Gesetz allerdings bereits als zu vage kritisiert. Sie wiesen darauf hin, dass es durch die neue Definition weiterhin faktisch schwierig sei, ein solches Urteil vor Gericht zu vollstrecken. Vielmehr gehe es darum, in Bildung und Wirtschaft die Akzeptanz und Gleichgerechtigkeit von Frauen in der Gesellschaft zu stärken, betonte eine Sprecherin des Vereins Action Aid Italia.
Eigentlich war auch eine Abstimmung über eine Verschärfung des Sexualstrafrechts vorgesehen. Der Senat in Rom sollte ein Gesetz auf den Weg bringen, das vorsieht, dass künftig jeder Sex ohne ausdrückliche Zustimmung als Vergewaltigung betrachtet wird. Regierungschefin Meloni befürwortete eine solche verschärfte Gesetzgebung. Die rechtspopulistische Lega-Partei von Vize-Ministerpräsident Matteo Salvini meldete jedoch Bedenken zu einer Klausel an, woraufhin die Abstimmung vertagt wurde.