Sprachverwirrung nach Koma Junge spricht plötzlich fließend Spanisch
25.10.2016, 15:38 Uhr
(Foto: picture alliance / dpa)
Reuben Nsemoh wird so schwer verletzt, dass er ins Koma fällt. Als er wieder zu sich kommt, kann er sich nur noch auf Spanisch verständigen. Seine Muttersprache hingegen hat der 16-Jährige völlig vergessen. Der Fall ist spektakulär, aber nicht einzigartig.
Reuben Nsemoh, High-School-Student aus dem US-Bundesstaat Georgia, verletzte sich bei einem Fußballspiel schwer. Als Torwart seines Teams sprang der 16-Jährige nach einem Ball und bekam dabei einen heftigen Tritt gegen den Kopf. Er verlor das Bewusstsein und fiel in ein dreitägiges Koma.
"Es war dramatisch. Reuben war nicht mehr ansprechbar und seine Atmung setzte aus. Per Hubschrauber wurde er in eine Spezialklink in Atlanta geflogen, wo die Ärzte sein Leben retteten", zitiert die "Dailymail" Nsemohs Trainer.
Das Fremdsprachen-Akzent-Syndrom (FAS) ist eine seltene neurologische Erkrankung, die gelegentlich nach einem Schlaganfall oder Schädel-Hirn-Trauma auftritt. Sie äußert sich in einer Änderung der Sprachmelodie, die oft als Akzent einer Fremdsprache interpretiert wird. Wissenschaftler gehen davon aus, dass die Sprachstörung von kleinen Verletzungen in der linken Gehirnhälfte verursacht wird.
Als Nsemoh schließlich wieder erwachte, sprach er statt seiner Muttersprache plötzlich fließend Spanisch. Zwar hätte er die Fremdsprache bereits vor dem Unfall in Grundzügen beherrscht, aber keineswegs so gut wie nach dem Koma-Vorfall.
Inzwischen hat der Teenager das Krankenhaus wieder verlassen können und die Fähigkeit, Englisch zu sprechen, wiedererlangt. Allerdings habe er im Gegenzug auch seine neugewonnene Fähigkeit eingebüßt. Dem Bericht zufolge konnte sich Nsemoh kurze Zeit später kaum noch an sein perfekt gesprochenes Spanisch erinnern.
FAS - Nicht eindeutig geklärtes Phänomen
Weltweit sind etwa 60 Fälle des sogenannten Fremdsprachen-Akzent-Syndrom (FAS) dokumentiert, dennoch bleibt es für die Wissenschaft ein nicht eindeutig geklärtes Phänomen.
Den ersten FAS-Patienten beschrieb der französische Neurologe Pierre Marie 1907: Eine Pariserin, die nach einem Schlaganfall nicht nur rechtsseitig gelähmt war, sondern im Zuge der Durchblutungsstörung ihres Gehirns plötzlich mit einem elsässisch klingenden Akzent sprach.
Später wurden weitere Fälle bekannt, wie der einer Norwegerin, die 1941 nach einer Schädelverletzung mit scheinbar deutschem Akzent sprach - mit unangenehmen Folgen: Ihre Landsleute hielten sie für eine feindliche Spionin. In einem anderen bekannten Fall sprach eine Engländerin nach einem heftigen Migräne-Anfall mit einem französischen Akzent.
Im Juni diesen Jahres sorgte der Fall eines Italieners für Aufsehen, der seine mit einer sonderbaren Wesensänderung überraschte. Anders als zuvor bekannte FAS-Patienten sprach der 50-Jährige nach einer Hirnschädigung nur noch Französisch - und verhielt sich wie ein Klischee-Franzose.
Quelle: ntv.de, dsi