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Gefährliche Online-Challenge Britische Kinder schlucken Magnete wegen Tiktok-Trend

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Um Zungenpiercings zu imitieren, legen sich Kinder und Jugendliche magnetische Kugeln in den Mund - oft mit fatalen Folgen.

Um Zungenpiercings zu imitieren, legen sich Kinder und Jugendliche magnetische Kugeln in den Mund - oft mit fatalen Folgen.

(Foto: Getty Images)

Britische Krankenhäuser melden innerhalb eines Jahres mehr als 300 Fälle von Kindern, die Magnete verschluckt haben. Einige von ihnen müssen lebensrettenden Operationen unterzogen werden. Ein Teil der Vorfälle geht auf einen riskanten Internet-Trend zurück.

Die sechsjährige Rebecca McCarthy hat Glück, dass sie noch am Leben ist. 2021 musste die damals Zweijährige aus der englischen Stadt Basildon notoperiert werden, nachdem sie 14 magnetische Kugeln verschluckt hatte. Da diese sich tief im Gewebe verklumpt hatten, mussten die Ärzte zeitweise Teile des Darms entfernen, um an die Magnete heranzukommen. Das berichtet die "Daily Mail".

Rebeccas Mutter Sam sagte im Interview mit "Metro", sie habe nicht bemerkt, dass ihre Tochter das bunte Spielzeug verschluckt hatte. Als sie sich eines Mittags plötzlich erbrach, hatte sie zunächst auf einen Magen-Darm-Infekt getippt. Doch als sich Rebeccas Zustand weiter verschlechterte, sei die Familie mit ihr in die Notaufnahme gefahren. Dort habe eine Röntgenaufnahme schließlich Aufschluss gegeben. Rebecca sei umgehend unter Narkose gesetzt und in den OP gebracht worden.

"Ihr Unfall hat die ganze Familie erschüttert. Sie hatte monatelang gesundheitliche Probleme. Ich wünsche keinem Kind, dass es das Gleiche durchmachen muss", sagte sie und warnte vor dem Kauf von "gefährlichem Spielzeug von Online-Händlern".

Riskante Piercing-Imitation

Eine Studie, die in der Fachzeitschrift "Archives of Disease in Childhood" veröffentlicht wurde, zeigt nun: Rebecca ist kein Einzelfall. Den Expertinnen und Experten zufolge wurden zwischen 2022 und 2023 in Großbritannien mehr als 300 Fälle von Kindern unter 16 Jahren gemeldet, die Magnete verschluckt hatten. Demnach stammte mit 38 Prozent ein Großteil der Magnete aus Spielzeugen. Diese wurden vor allem von Eltern oder Betreuungspersonen gekauft.

Sechs Prozent der Vorfälle seien laut Studie auf einen viralen Social-Media-Trend zurückzuführen, bei denen sich Kinder Magnetkugeln in den Mund stecken, um Zungenpiercings zu imitieren. Laut "Daily Mail" seien die meisten von ihnen Mädchen.

"Können innere Organe eines Kindes zerreißen"

Professor Nigel Hall, der an der Studie mitgewirkt hat, nimmt die Einzelhändler in die Verantwortung. Die Warnhinweise auf Magnetspielzeugen müssten deutlicher kenntlich gemacht werden, sagte er im Interview mit der britischen Zeitung. Gerade bei Produkten aus dem Internet sei dies häufig nicht der Fall.

Etwa eines von zehn betroffenen Kindern müsse operiert werden. Vielen von ihnen müssten Teile des Darms entfernt oder künstliche Darmausgänge gelegt werden.

Die Geschäftsführerin des Child Accident Prevention Trust, Katrina Phillips, warnt Familien, beim Kauf von magnetischem Spielzeug vorsichtig zu sein. "Einige superstarke Magnete können die inneren Organe eines Kindes zerreißen und ihm lebensverändernde Verletzungen zuführen. Prüfen Sie, bei wem Sie kaufen. Und gehen Sie nicht davon aus, etwas sei sicher, nur weil Sie es kaufen können."

"Zuhause fühlte sich wie Kriegsgebiet an"

Die 14 Magnetkugeln, die die Ärzte aus Rebeccas Körper geholt haben, waren Teil eines Spielsets, das ihr neunjähriger Bruder zu Weihnachten bekommen hatte. Es habe aus insgesamt 600 solcher Kugeln bestanden, erklärte ihr Vater Steve im Gespräch mit der "Daily Mail".

Nach der Operation seiner Tochter habe er Wochen damit verbracht, das Haus nach den Metallkügelchen abzusuchen. Jede einzelne der 586 verbleibenden Teile habe er allerdings nicht finden können. Mutter Sam verriet: "Ich war so besorgt um Rebecca, dass ich wochenlang neben ihr schlief. Unser Zuhause fühlte sich wie ein Kriegsgebiet an. Weil wir wussten, dass diese schrecklichen kleinen Magnete überall sein könnten."

Quelle: ntv.de, apr

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